Die Aldi-Welt
sie gut, ebenso seine Lieferanten – manchmal sogar im voraus. Das führte bei Aldi zu Hysterie im Management.
Ähnlich ist Grupp den Brüdern Albrecht in seiner Leidenschaft für hohe Qualität zu niedrigen Preisen. Daß die Qualitätsbeteuerung nicht bloßes Sprücheklopfen ist, kann jeder Aldi-Kunde auswendig herbeten. Aber was ist, wenn die Produkte unter Laborbedingungen von unabhängigen Instituten getestet werden? Ein Streifzug durch die letzten Jahrgänge der Zeitschrift von »Stiftung Warentest« räumt schnell auf mit der Mär von dem billigen Klumpert der No-Name-Marken. Mit den Testergebnissen konnte Aldi seinen Kreditrahmen bei den Verbrauchern mit dem Siegel der Glaubwürdigkeit adeln. Denn was von der »Stiftung Warentest« gut besprochen wird, steht als eherner Glaubenssatz auf Jahre hinaus fest – zumindest bis zum nächsten Test. Das Berliner Institut hat einen ähnlich hohen Glaubwürdigkeitsfaktor wie sonst nur noch die schweren Zeichen deutscher Fortschrittskultur, TÜV und ADAC. Diese Ikonen deutscher Gründlichkeit, Verläßlichkeit und Wertarbeit haben eine Gewißheit von technischer Machbarkeit plus Sicherheit in den Hirnen verankert, die noch einer Interkontinentalrakete Unbedenklichkeit verleihen würde – sofern sie das entsprechende Prüfsiegel trüge.
Die Testergebnisse der »Stiftung Warentest« lassen sich auf die für die Konkurrenz wenig schmeichelhafte Formel bringen: Es gibt keine Besseren zu diesem Preis (und umgekehrt). Dieses Ergebnis spiegeln jedenfalls die Untersuchungen aus den mittleren neunziger Jahren wider. Ohne im Detail Statistiken auszubreiten – die Verbraucherzentralen helfen Testgläubigen gerne weiter –, läßt sich folgendes Resultat extrapolieren: Bei Reinigungs-, Wasch- und Geschirrspülmitteln sind die Aldi-Produkte immer mit einem »Gut« dabei (wobei »Sehr gut« gar nicht vergeben wurde), und sogar in Charakterfächern wie beim Tomatenketchup macht der Discounter eine hervorragende Figur. Fanatische Anhänger der reinen Lehre – vulgo Jünger der Marke »Heinz« – werden zwar niemals von ihrem Ketchup abzubringen sein (Heinz = Amerika = Mutterland des Tomatenbreis), doch das »Aldi Delikato Tomatenketchup« schnitt im Testbericht 1/97 bei einem Preis von 24 Pfennig pro 100 ml mit »Sehr gut« ab – der besagte Konkurrent war nicht in dieser Kategorie.
Das Erstaunlichste sind die teilweise enormen Preisunterschiede innerhalb eines Produkttests. So erhielt im Jahr 1996 die »Aldi Ombra Pre-Sunshine Sonnenmilch« mit Lichtschutzfaktor 6-8 ein »Sehr gut«. Kostenpunkt je 100 ml: 92 Pfennig. Produkte bekannter Edelmarken, die teilweise mit sehr viel schlechteren Bewertungen eingestuft wurden, kosteten mehr als das Zehnfache.
Den größten Klassiker unter den Aldi-»Sehr gut«-Angeboten stellt zweifellos das bereits erwähnte Olivenöl Marke »Lorena« dar. Ein Dauerseller, der zunächst bei Aldi Süd im Sortiment war, dann aber nach dem Testerfolg auch im Norden das »Aldi Olearia« (Stiftung Warentest: »Gut«) ablöste. Aus dem Feld geschlagen wurden so renommierte Marken wie »Probare«, deren im griechischen Kalamata geerntetes Olivenöl bei einem Literpreis von 25 Mark (Test 6/94) nur ein »Gut« kassierte. Das »Lorena« kostete damals pro Liter 6,12, heute 5,59 (Stand Herbst 1997).
Der Preis allein macht es in unserer auf Distinktion zielenden Gesellschaft nicht mehr – es sind Die feinen Unterschiede, so der Titel einer berühmten Studie des französischen Soziologen Pierre Bourdieu. Selbstverständlich sind die Jahre des grünen Aufbruchs auch am Instrument Warentest nicht spurlos vorübergegangen. Und wo die Stiftung zu Berlin Preiswürdigkeit und Qualität achtet, setzt zum Beispiel die Zeitschrift Ökotest noch ecological correctness oben drauf. Entgegen den reflexartigen Unkenrufen berufsgrüner Bedenkenträger haben überraschend viele Aldi-Produkte vor den strengen Prüfblicken dieser Zeitschrift Gnade gefunden. Nehmen wir als Beispiel Vollwaschmittel (Test 4/97). Natürlich sind solche Grundwasserzerstörer noch immer nicht das Grüne vom Ei. Aber sie sind, nolens volens, ein Gegenstand des täglichen Bedarfs und im Falle der Aldi-Produkte »Tandil Ultra Plus« und »Almat Compact S«
»eingeschränkt empfehlenswert«. Das ist, wohlbemerkt, Bestnote. »Weniger empfehlenswert« waren zum Beispiel »Dash futur« und »Persil Megaperls«; nicht »empfehlenswert« (ausgerechnet!) »Frosch Waschmittel«, »Omo«, »Vizir« und
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