Die Aldi-Welt
bei Aldi unter dem eigenen Namen vermarktet wird, ist (Albrecht-)Kaffee. Kommt das neue Produkt an, wird ein Kontraktvertrag zu Bedingungen geschlossen, die etwaige Schwankungen der Rohstoffpreise auf Kosten des Lieferanten gehen lassen. Immer mehr setzt sich dabei die Ansicht des Discounters durch, bei bestimmten Produkten – etwa Süßwaren – auf Markennamen verzichten zu können. Das mußte beispielsweise Mars erfahren, dessen Schokoriegel »Milky-Way« und »Balisto« bei Aldi Nord aus den Regalen verschwanden; ersetzt wurden sie durch eine Aldi-Eigenmarke aus der Produktion der Firma Ludwig Schokolade. Ähnlich erging es dem Marktführer Bahlsen, dessen Marke »Petite« nicht die bei Aldi Süd und Nord obligatorische Hürde von 15 Millionen Mark Mindestumsatz brachte.
Das deutet auf ein gewachsenes Selbstbewußtsein auf Seiten des Discounters hin, der erkannt zu haben meint, daß »Aldi« an sich als Markenname genügt – gleichgültig, was auf der Packung steht. Zum einen wird seit einigen Jahren am Verpackungsdesign dieser Eigenmarken gearbeitet, zum anderen neigen sich viele Eigenmarken im Design schamlos an die Vorbilder der Markenware an. Die optische Anmutung einer Packung Schokokekse ist deutlich dem Markenvorbild von Bahlsens »Ohnegleichen« verwandt, das flüssige Scheuermittel »Moc« ähnelt sehr stark dem Vorbild »Viss« und so weiter. Das führt dann schon gelegentlich zu Verstimmtheit auf Seiten der Markenartikelhersteller. So ließ sich bereits im Jahr 1988 die in Zürich ansässige Jacobs-Suchard AG partout nicht gefallen, daß ihr Schokoriegel »Lila Pause« bei Aldi in sehr ähnlicher Farbgebung, Gestaltung und Bezeichnung als »Süße Pause« auftauchte. Die Schweizer stoppten Aldi per einstweiliger Verfügung, weil es den von der Stollwerk GmbH Köln produzierten Markenklau im Regal hatte.
Abgesehen von solchen Patzern haben die Eigenmarken für den Discounter einen weiteren Vorteil, der sich gerade im herrschenden Verdrängungswettbewerb prima einsetzen läßt: Sie machen einen direkten Preisvergleich unmöglich. Das Argument, bei Lidl gäbe es Mars, Snickers oder Hanuta um soundso viel Pfennige billiger als bei Aldi, entfällt ersatzlos. Aldi-Kunden, höret die Botschaft, ihr seid auf so etwas nicht angewiesen. Denn bei einem, das bestätigen Berichte immer wieder aufs neue, ist Aldi unnachgiebig – bei der Qualität der verwendeten Rohstoffe. Geringe Spielräume gibt es freilich: Lieferanten, die dem Unternehmen eng verbunden sind, dürfen auch einmal danebenhauen. Lange Zeit unbemerkt bliebe der Ausrutscher ohnehin nicht. Denn obwohl sich der Discounter sinnigerweise bei der Qualitätskontrolle der Stiftung Warentest bedient, haben die Brüder auf die naheliegendste Methode des hausinternen Tests zurückgegriffen – auf die Geschmacksnerven der Mitarbeiter in der Firmenzentrale. Der regelmäßige Verzehr hauseigener Produkte ist Vorschrift. Das sättigt die Aldi-Manager, läßt sie den Kontakt zum Produkt nicht verlieren und minimiert gleichzeitig den Aufwand für teure Geschäftsessen. Und auf alle Fälle ist das Ergebnis der hausinternen Verköstigungen obendrein eines – kostenlos.
Im Kampf der Giganten um die Vorherrschaft auf dem Lebensmittelmarkt hat Aldi sicher hervorragende Karten. An der Spitze hat Erzrivale Metro zum letzten Gefecht gerüstet. Vielleicht ist es kein Zufall, daß Metro seinen Siegeszug im Jahre 1964 ausgerechnet in Mülheim an der Ruhr begann – wenige Kilometer vom aufstrebenden Aldi-Reich entfernt. Firmengründer Otto Beisheim hatte die Idee der Cash & Carry-Großhandelsmärkte aus USA mitgebracht. Heute sitzt die Metro Holding AG im schweizerischen Baar (Kanton Zug, eidgenössische Brutstätte für Briefkastenfirmen und Steuervermeider). Otto Beisheim ist ein enger Spezi des Münchner Filmhändlers Leo Kirch – aber das führte in eine andere Geschichte. Beisheims Topmanager und designierter Testamentsvollstrecker, der Aufsichtsratsvorsitzende Erwin Conradi, vertraute dem Spiegel an, im Handel werde derzeit der K.O.-Sieg angestrebt. Da wird es eng für kleinere Handelsketten, die ohnehin schon kein leichtes Leben hatten: Schon jetzt liefern sich die Konkurrenten Metro und Rewe mit ihren Media- beziehungsweise Pro-Märkten auf der grünen Wiese wahre Preisduelle. Selbständige Unternehmen suchen den Schulterschluß in Einkaufsringen – auch hier wird der Druck auf die Zulieferer nicht kleiner. Und je matter die Konjunktur wird, je mehr die
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