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Die Alptraum-Frau

Die Alptraum-Frau

Titel: Die Alptraum-Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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nahm er nicht zur Kenntnis. Er sprach sie auch nicht an, als sie das Zimmer durchquerte und zum Fenster ging, um dort die Vorhänge aufzureißen. Zwar flutete kein Sonnenlicht hinein, dafür verteilte sich die graue Helligkeit des Morgens, was auch ausreichte.
    Janine drehte sich um. Mit dem Rücken zum Fenster hin blieb sie stehen. »Guten Morgen, Benny, ich denke, dass es an der Zeit für dich ist, aufzustehen.«
    Er reagierte nicht.
    »He, was ist los?«
    Benny zog die Decke hoch, bis sie sein Kinn streichelte und sagte dann mit leiser Stimme. »Er ist hier gewesen, Mummy.«
    »Wer?«
    »Daddy!«
    Janine wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Auch ihren Ärger unterdrückte sie und zwang sich, ruhig zu bleiben. »Dein Vater kann nicht hier bei dir gewesen sein. Wir beide wissen, dass er spurlos verschwunden ist, und ich möchte auch nicht sagen, dass er umgebracht wurde, er ist einfach weg, weil er seine Gründe dafür hatte. Natürlich muss man immer damit rechnen, dass er zurückkehrt. Wäre das geschehen, Benny, dann hätte ich ihn sehen und hören müssen. Er hat keinen Schlüssel zu dieser Wohnung. Er hätte schellen müssen und…«
    »Er war aber hier!« behauptete Benny trotzig. Vor Zorn ballte er die Hände.
    »Aber dein Vater ist kein Geist!«
    »Doch!«
    Janine blieb die Sprache weg. »Was hast du da eben behauptet? Dein Vater soll ein Geist sein?«
    »Ja, das habe ich gemeint. Er ist wirklich ein Geist gewesen, verflixt noch mal. Er kam als Geist her, aber als einer, der sprechen konnte. Ich habe mit ihm geredet.« Benny streckte einen Arm aus, um auf das Fußende zu deuten. »Da habe ich ihn gesehen, und er hat mir versprochen, dass er mich holen will.«
    »Wann denn?«
    »Weiß ich nicht.«
    »Und wohin will er dich holen?«
    »Das hat er mir nicht gesagt. Ich freue mich nur, dass ich mit ihm sprechen kann und dass er nicht tot ist.«
    »Sondern ein Geist, wie?«
    »Ja!«
    Janine schüttelte den Kopf. Mit einem langen Schritt hatte sie das Bett ihres Sohnes erreicht und zerrte mit einer heftigen Bewegung die Decke zur Seite. »So, mein Lieber, jetzt wird aufgestanden. Hast du vergessen, dass wir dir etwas zum Anziehen kaufen wollten?«
    »Ich habe keine Lust.«
    »Du wartest wohl auf deinen Daddy, wie?« Schon als sie den Satz ausgesprochen hatte, bereute sie ihn wieder, aber Benny hatte ihn nicht so tragisch genommen.
    »Stimmt. Ich warte auf ihn.«
    Janine schloss die Augen. Sie wusste nicht mehr, was sie mit ihm anstellen sollte. Benny hatte sich so verändert, und sie schob es auf das neue Leben, das sie nach der Scheidung gemeinsam begonnen hatten.
    Das war schwer zu verkraften gewesen, nicht nur für sie, auch für den Jungen. Da musste bei ihm etwas durcheinandergeraten sein.
    »Wenn dich dein Vater tatsächlich holen will, dann wird er hier klingeln und hochkommen. Ist das okay?«
    »Nein.«
    »Wieso nicht?« Sie verdrehte die Augen.
    »Das braucht er nicht, Mummy. Geister haben das nicht nötig, verstehst du?«
    »Ja, ich verstehe«, sagte sie, um endlich ihre Ruhe zu haben. »Aber ich verstehe nicht, dass du hier noch länger liegen willst. Steh auf, und ab ins Bad.«
    Benny sprang nicht aus dem Bett, wie er es sonst immer tat, sondern wälzte sich hervor und ging mit langsamen Schritten aus seinem Zimmer, in dem Janine zurück blieb und mit der üblichen morgendlichen Tätigkeit begann. Sie schüttelte das Bett ihres Sohnes auf, sie öffnete auch das Fenster, um frische Luft hereinzulassen und schaute anschließend im Bad nach.
    Jungen in Bennys Alter sind oft sehr wasserscheu. Ihr Sohn bildete an diesem Morgen eine Ausnahme. Er hatte freiwillig geduscht und war jetzt dabei, sein Haar trocken zu rubbeln.
    »Das ist aber selten, dass du dich freiwillig unter die Dusche stellst. Lob, Lob, muss ich schon sagen.«
    »Ich möchte ja sauber sein, wenn Daddy mich abholt.«
    »Ah, so ist das. Daran habe ich nicht gedacht. Dann sollen wir auch gleich losziehen, um dir neue Kleidung zu kaufen. Oder hast Du was dagegen?«
    »Nein, nein, finde ich toll. Hast du denn schon gefrühstückt?«
    »Das übliche.«
    »Ich habe Hunger.«
    »Okay, ich koche dir deinen Kakao.« Kopfschüttelnd ging Janine in die Küche. Sie verstand den Jungen nicht. Aber sie hütete sich davor, darüber zu lachen. Wenn sie ehrlich zu sich selbst war, machten ihr die Reaktionen des Neunjährigen schon Angst. Mit ihm war etwas geschehen. Er musste einen seelischen Knacks bekommen haben.
    Auch in der Küche öffnete sie

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