Die Alptraum-Frau
stehen, den Blick unverwandt auf die fremde Person gerichtet. Er sah aus wie immer und war trotzdem zu einem anderen geworden.
Der erste Schritt. Zögernd und auch leicht zitternd gesetzt. Er focht noch einen innerlichen Kampf aus. Er wirkte wie jemand, der nicht wusste, ob er gehen oder stehen bleiben sollte.
Janine versuchte es ein letztes Mal. Mit flehender Stimme sagte sie:
»Bitte, Amos, tu es nicht!«
Filmore achtete nicht auf sie. Janine und auch ihr Sohn waren vergessen, für ihn gab es nur diese Urania, deren Einfluss er sich nicht mehr entziehen konnte.
Er ging weiter. Der Tisch lag hinter ihm. Danach konnte er sich freier bewegen. Auf seinem Gesicht lag ein seliger Ausdruck, und der Mund war zu einem starren, aber glücklichen Lächeln der Vorfreude verzogen.
Urania wartete ab. Sie brauchte nichts zu tun, denn sie konnte sich voll und ganz auf ihre Ausstrahlung verlassen. Der Mann kam von allein.
Für ihn gab es keine Alternative mehr. Sie war so offen für ihn. Eine gewaltige Saugschüssel, die alles zu sich holte, was sie wollte.
Sein Seufzen war zu hören, als er sehr nahe an Urania herangekommen war. Er musste sie jetzt noch intensiver spüren, und der Wille, endlich ganz zu ihr zu gelangen, war gewachsen.
Es war eine Situation, die Janine Calderon zuvor noch nie erlebt hatte.
In ihrem Beisein und in ihrer Wohnung spielte sich etwas Unheimliches und so völlig Fremdes ab, das sie mit ihrer normalen Logik nicht fassen konnte. So ähnlich muss es auch Ross ergangen sein, schoss es ihr durch den Kopf.
Urania faszinierte und polarisierte. Entweder mochte man sie oder man spürte nur Hass. Einen Mittelweg gab es nicht. Amos Filmore mochte sie. Janine ging sogar noch einen Schritt weiter. Wenn sie ihn betrachtete, kam er ihr hörig vor.
Sie schaffte es, den Blick auf ihren Sohn zu lenken, der dicht neben ihr stand. Benny hatte das Interesse an seiner Mutter verloren. Für ihn gab es nur mehr Filmore und diese Urania. Vor allen Dingen sie, denn an ihr klebte sein Blick. Er schaute sie staunend und fasziniert an, was seine Mutter nicht fasste. Es kam ihr schon so vor, als sähe er in ihr auch seinen verschwundenen Vater.
Ein Flüstern. Eine Stimme. Nicht viel mehr als ein Hauch. Aber zu verstehen. »Komm…«
Die Aufforderung hatte Filmore gegolten. Janine wollte noch eingreifen und ihn warnen, doch es war zu spät. So ging Amos Filmore seinen letzten Schritt.
Jetzt war er bei ihr! Benny stöhnte auf!
Urania griff zu. Sie tat es langsam, denn sie wollte alles genießen. Sie umarmte den Mann. In ihrem Kleid hatte sie sich so gedreht, dass es der Stoff schaffte, sich zu verschieben. So war dann mehr von ihrem nackten Körper zu sehen. Ein Oberschenkel mit glatter, perfekter Haut, und Filmore wühlte seine rechte Hand dort in den Stoff hinein, unter dem sich ihre Brüste abzeichneten.
Sie hielt ihn fest, drückte sich gleichzeitig zurück und schob ihr Becken kreisend vor. Es war ein unanständiges Bild, wie Janine fand.
Regelrecht abstoßend wirkte es auf sie, aber die andere Person genoss es. Janine und ihr Sohn schauten zu. Sie konnten nichts tun. Darüber ärgerte sich besonders Janine. Sie hätte zwischen die beiden gehen und sie losreißen müssen, auch das war ihr nicht möglich. Sie war zum Zuschauen verdammt. Da gab es Kräfte, von denen sie einfach zurückgehalten wurde.
Urania küßte Amos. Es war kein normaler, freundschaftlicher Kuss.
Ihre Lippen klebten an seinem Mund. Sie saugten sich regelrecht fest, als wäre sie ein weiblicher Vampir, der das Blut einer anderen Person trank, um endlich leben zu können.
Sie hielt Filmore hart fest. Auch wenn er es gewollt hätte, er hätte sich kaum aus dieser Umklammerung lösen können. Außerdem wollte er es auch nicht.
Aber es ging weiter. In dieser aufgeladenen Atmosphäre des kleinen Wohnzimmers hatte das kalte Grauen Einzug gehalten. Noch immer hingen beide zusammen. In den Armen der Frau war Filmore zu einem willenlosen Werkzeug geworden.
Sie genoss es - und sie veränderte sich. Es war die Verwandlung in das Eigentliche. Das Zurück zu den Wurzeln, zu ihrer Herkunft, die für einen normalen Menschen nicht zu fassen war.
Amos fasste sie. Er griff in den Stoff, er wollte die Haut streicheln. Er suchte auch Lücken, um mit ihr selbst in Kontakt zu kommen, während er sie noch immer küsste.
Es gab diese Lücken. Aber es gab die Haut nicht mehr. Sie zog sich zusammen. Sie fiel ab, sie löste sich auf, wie auch immer. Genau konnten
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