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Die Alptraum-Frau

Die Alptraum-Frau

Titel: Die Alptraum-Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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haben würde, auf den eigenen Füßen zu stehen. Aber sein Gedanke an Suizid war vergessen, er lag hinter ihm, schon weit, weit weg, und der Wunsch, sich selbst umzubringen, würde auch nicht mehr zurückkehren.
    Zwischen Sessel und Schreibtisch blieb er stehen. Starr wie eine Statue, trotzdem zitternd.
    Urania betrachtete ihn prüfend. Sie nickte sogar und deutete ihr Einverständnis an. »Du bist größer als ich gedacht habe«, gab sie zu, »aber das macht nichts.«
    »Warum hätte das etwas machen sollen?«
    »Das werde ich dir gleich sagen.« Sie winkte ihm mit beiden Händen zu. »Tu mir einen Gefallen und komm her!«
    Ross Calderon war überrascht. »Wie… wie… hast du das denn gemeint mit dem Herkommen?«
    »Zu mir, bitte.«
    Er blieb noch stehen. »Okay, gesetzt den Fall, ich tue es. Was geschieht dann? Du hast doch etwas mit mir vor.«
    Sie nickte. »Das habe ich in der Tat, mein Lieber. Es ist der nächste Schritt in deine neue Existenz.«
    Calderon bewegte seine Augenbrauen. Der Analytiker in ihm stieg wieder hoch. Er hatte jedes Problem, jede Innovation früher zu durchdenken versucht, um Vor- und Nachteile gegeneinander abzuwägen. Auch jetzt drängte es ihn danach, doch er musste sich auch eingestehen, in seinem Büro nicht mehr der eigene Herr zu sein. Hier hatte diese Urania die Kontrolle übernommen.
    So gehorchte Ross wie ein kleines Kind, als er an der Seite seines Schreibtisches entlangging, die Ecke erreichte und sah, dass ihn Urania erwartete.
    Auch sie war zurückgetreten. Stand in der Mitte des Büros, weit vor den Besuchersesseln, hatte den Kopf leicht schräg gelegt und lächelte ihm zu wie eine Mutter ihrem Kind. Dabei hielt sie die Hände ausgestreckt, als wollte sie damit andeuten: Komm in meine Arme.
    Er ging auf sie zu. Es war nur eine kurze Strecke. Lächerlich - und trotzdem ging Calderon langsam. Er setzte die Schritte zögerlich, denn plötzlich überfiel ihn der Gedanke, vom Regen in die Traufe geraten zu sein. Etwas stimmte nicht an Urania.
    War es ihre Haltung? War es ihr Lächeln? War es der Ausdruck in den Augen? Sie gab sich wie ein Engel, aber auch Engel konnten gefährlich sein. Besonders die schönen, engelhaften Frauen, hinter deren Fassade oft das Gegenteil lauerte.
    Er hatte über Urania nachgedacht und tat es jetzt auch noch. Sie war ein Mensch, zudem sah sie so aus. Trotzdem glaubte er, dass etwas anderes hinter ihr steckte. Hinter dieser Fassade lauerte die wahre Person mit dem wahren Gesicht.
    So sehr sich Calderon auch anstrengte, er kam zu keinem Ergebnis.
    Alles war zu verschwommen. Sie hatte ihm viel erzählt und letztendlich nichts gesagt. Nur sein Vertrauen hatte sie haben wollen, und das wurde ihr nun gegeben.
    Seltsam diese Augen. So klar. Ohne Pupillen. Einfach nur diese ungewöhnliche Glätte wie sauberes Wasser, das zu Eis geworden war.
    Derartige Augen hatte er bei einem Menschen noch nie gesehen, und deshalb fiel es ihm auch schwer, bei ihrem Anblick an einen normalen Menschen zu glauben. Auch ihr ganzes Reden hatte dies nicht eben untermauert.
    Sie breitete die gestreckten Arme noch etwas aus, um Ross mehr Platz zu schaffen. Urania wollte, dass sie umarmt wurde, und sie wollte auch, dass er sie umarmte.
    Beide standen sich gegenüber. Noch berührten sie sich nicht. Ross war sehr nahe an die Frau herangekommen, so nahe, dass er ihren Geruch wahrnehmen konnte.
    Der Geruch störte ihn. Er war so anders. Er war so wenig normal oder menschlich. Er drang in seine Nase hinein wie etwas Fremdes. Konnte Kälte einen Geruch haben? So kam es ihm vor. Ein kalter Geruch.
    Allerdings von einer Kälte abgegeben, die er selbst im tiefsten Winter noch nicht erlebt hatte.
    Diese Kälte war anders. So eine fand man nur selten auf dieser Welt.
    Zumindest nicht in den mitteleuropäischen Breiten. So vergrößerte sie das Rätsel um Urania noch. Er schüttelte sich.
    »Was hast du? Furcht?«
    »Ich weiß es nicht. Du bist so kalt. Ich kann es nicht genau beschreiben…«
    Urania verzog die Lippen zu einem breiten Lächeln. »Es ist genau die Kälte, aus der wir alle entstanden sind«, erklärte sie orakelhaft.
    Ross Calderon hatte sie nicht begriffen. Er traute sich nicht, nachzufragen. Aus Furcht, sich lächerlich zu machen. Zudem bewegte Urania die Arme aufeinander zu.
    Da Ross noch in der Lücke stand, wurde er von ihnen umschlungen.
    Es war ein zärtlicher und harter Griff zugleich. Er spürte ihren Körper, der sich gegen seinen presste. Urania bewegte sich, sie

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