Die alte Villa (German Edition)
es zu erklären“, sagte sie. „Es ist einfach ein Naturgesetz. Wenn jemandem ein großes Unrecht geschehen ist und die Nachfahren desjenigen würdigen dieses Unrecht nicht angemessen, soll heißen, sie messen ihm nicht die nötige Bedeutung bei, dann wiederholt sich dieses Unglück, in welcher Form auch immer, wieder und wieder. Das begründet die Aufforderung in dem Brief, jeder Tochter davon zu erzählen. Damit wäre dann sozusagen die notwendige Würdigung der so gewaltsam ums Leben gekommenen Marianna erfüllt. –
Die arme Kleine. Sie ist von einer völlig verblendeten Menschheit getötet worden und mit ihr Abertausende andere. Ja, sogar kleine Kinder sind damals diesem Wahn zum Opfer gefallen. Und später wurden viele der Opfer einfach so vergessen. Aber das Leben vergisst nicht. Noch nicht einmal der Tod kann eine begangene Schuld einfach so auslöschen.“
Maja redete ruhig, ohne Zorn in der Stimme und gab ihren Worten damit nur umso mehr Aussagekraft.
„Und was sollen wir jetzt machen?“, fragte Rebecca.
“Nun, es gibt viele Möglichkeiten. Kraftvolle Wege und Mittel, die alle aus dir selber kommen müssen, Rebecca. Deine eigene Kraft kann diese unheilvolle Entwicklung stoppen. Du bist schon einen riesengroßen Schritt weitergekommen, indem du dich um deine arme Tante gekümmert hast. Was du getan hast, war genau das Richtige. Du bist einfach nur den Gesetzen der Natur gefolgt, hast auf deine eigene Stimme gehört, auf deine eigene Weisheit“
Maja schaute sie eindringlich an und lächelte dabei ein eigenartiges Lächeln. Geheimnisvoll und wissend, so kam es Rebecca vor. Sie spürte plötzlich eine seltsame Verbundenheit mit dieser außergewöhnlichen Frau. Mit Maja, der Mystikerin.
Gleichzeitig strömte ein kraftvoller Energiestrom durch ihren Körper. Sie nahm einen Schluck von ihrem Tee, lehnte sich dann auf ihrem Stuhl zurück. Gedanken bemächtigten sich ihrer. Ein Gefühl von Ungerechtigkeit durchflutete sie beim Gedanken an Marianna, von deren Hinrichtung sie bereits geträumt hatte. Das Ganze war für sie immer noch völlig unerklärlich. Und dennoch ergab es auf einmal einen Sinn, nachdem, was sie gerade von Maja erfahren hatte.
Sie schaute Maja an und fragte dann mit einer gewissen Empörung: „Aber was ist mit den Mördern? Bekommen diese keine Strafe? Warum trifft nicht sie der Fluch?“
Maja schaute nun sehr ernst. „Um die Mörder solltest du dir keine Gedanken machen. Die haben ganz andere Sorgen, für die wir nicht zuständig sind. Was jetzt zählt, ist deine Zukunft, Rebecca und die Zukunft derer, die noch nach dir kommen werden. Ihr könnt alle glücklich werden, denn ihr habt nichts auf euch geladen, was nicht wieder mit der Kraft des Erinnerns, der Liebe und der Verantwortung in die höchste Form von Glück und auch Macht umgewandelt werden könnte. Freu’ dich einfach darüber, Rebecca, dass dir nun diese Möglichkeiten eröffnet wurden. - Wie sagte schon Albert Einstein, ‚Der Unterschied zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ist eine Illusion, wenn auch eine sehr hartnäckige’.“ Sie machte eine kleine Pause nach diesem bedeutungsvollen Zitat Einsteins und fuhr dann fort: „Dieser im Grunde zutiefst komplizierten Aussage wurde soeben Sinn gegeben. Mit diesen Briefen hier, mit dir, Rebecca, mit Tamara und mit denen, die nach uns allen kommen werden und denen wir in diesem Moment den Weg bereiten können.“
Rebecca verstand.
Sie fühlte sich auf einmal sicher und geborgen in dieser kleinen Runde. Die Unsicherheit, die Maja bisher immer in ihr ausgelöst hatte, war ebenfalls vergessen. Als hätte sie niemals bestanden.
Ja, drei Frauen waren sie, die im Begriff waren, alte Mysterien der Menschheit aufzudecken. Schon seit Anbeginn ihrer Evolution hier auf Erden stellten sich Menschen Fragen über den Sinn ihres Daseins. Nun hatte Rebecca plötzlich das Gefühl, dass alle Antworten darauf schon immer in ihnen selbst gelegen haben müssen.
Sie gehörte zu diesen beiden Frauen, da sie, wie sie, nach Antworten suchte und zu all’ denen, die bereits vor ihr diese und ähnliche Fragen gestellt hatten, das wusste sie jetzt.
Sie glaubte fest daran, dass ihr Leben noch voller ungelöster Geheimnisse war und wollte um jeden Preis mehr darüber erfahren.
Nun hatte sie Tamara und Maja gefunden. Und im weiteren Sinne auch Johanna und Marianna, die vor ihr gelebt hatten.
Gemeinsam würden sie noch stärker sein. Mit ihrer Kraft würden sie Berge versetzen
Weitere Kostenlose Bücher