Die alte Villa (German Edition)
doch nicht etwa hier oben eingeschlossen haben?
Dieser Idiot…
Sie legte die Briefe zurück in die kleine Schublade und hastete zur Tür.
Sie ließ sich problemlos öffnen. Schnell schnappte sie sich den Karton mit Olgas Briefen und rannte damit flink die Treppe, die zum Speicher führte, wieder hinunter bis zur 1. Etage, auf der sich ihre Wohnung befand.
Von Rolf war weit und breit nichts zu sehen.
„Mein Gott, wo warst du denn so lange? Wir haben uns schon Sorgen gemacht“, sagte Olga, als sie ihre Schwester mit dem Karton auf dem Arm sah.
„Mensch, meine Briefe! Du bist ja ein echter Schatz, Rebeccalein!“, rief sie und riss Rebecca den Karton förmlich aus der Hand.
Fred kam, um eine neue Fuhre Kartons in den Wagen zu laden. Er war genau so gut gelaunt wie Olga und Rebecca freute sich über sein Erscheinen. Sie mochte den superschlanken großen und immer fröhlichen Freund ihrer Schwester sehr und sie beneidete Olga fast ein wenig, dass sie so glücklich war. Aber richtigen Neid gab es eigentlich nicht zwischen ihnen und sie profitierte ja auch davon, wenn sie vielleicht schon bald einen tollen Schwager bekam.
~
Kein rothaariges Mädchen, sondern eine Frau mit dunkelblonden welligen Haaren und einem weißen Nachthemd erschien im Dunkel der Nacht.
Das lange seidige Kleid umspielte ihre weißen Knöchel und sie schwebte mehr, als dass sie lief.
Zwischen uralten verwitterten Grabsteinen herum tanzend genoss sie ihre ungewohnte Freiheit.
Die Nacht war sternenklar und ein milder Wind strich durch die hohen Bäume des Friedhofes. Eine laue Sommernacht.
Hinter dunkelgrauen Wolken kam der Mond hervor und schickte ein kaltes Licht in die unheimliche und so bedrohlich wirkende Finsternis.
Die Friedhofsbäume und auch die alten Grabsteine warfen lange, gespenstische Schatten auf die Wege und nur für einen kurzen Augenblick konnte man auch das Gesicht der Frau erkennen.
Ihre Augen hatten einen wirren Ausdruck, aber ihr Mund lächelte. Sie schien glücklich und zufrieden zu sein.
Doch dann, von einem Augenblick zum nächsten, schlich sich ein Ausdruck von großer Furcht in ihre Züge. Ängstlich schaute sie sich um, so als würde man sie verfolgen.
Und tatsächlich, tauchte kurz darauf ein dunkler Schatten hinter einem der Büsche entlang des Weges hervor.
Ein schwarzgekleideter gebeugt laufender Mann erschien. Er näherte sich der Frau, die wie erstarrt stehen geblieben war. Der Mann kam näher. Als er sie erreicht hatte, hob er sogleich eine Peitsche in die Luft und schlug damit auf die Frau ein.
Diese schrie laut auf und duckte sich unter der Wucht der Schläge. Ohne sich zu wehren, lies sich die Frau von dem Mann zu einer Gruft führen.
Als sie den Rand der Gruft erreicht hatte, gab der Bucklige ihr einen heftigen Stoß. Man hörte ihren Schrei, so als würde sie in die Tiefe stürzen, ohne jemals aufzuschlagen und an diesem Punkt erwachte Rebecca.
“Olga!“, rief sie mit erstickter Stimme, „Meine liebe Olga!“
Tränen schossen ihr in die Augen.
Doch kamen mit dem Erwachen sogleich Zweifel, was die Frau in ihrem Traum betraf. Zwar hatte sie ausgesehen wie ihre Schwester, aber war doch um einiges älter gewesen.
Rebecca seufzte.
Warum nur schien es immer wieder vorzukommen, dass sich bei ihr Traum und Wirklichkeit nicht genau voneinander trennen ließen. Diese zwei Welten vermischten sich doch immer wieder in sehr deutlicher und erschreckend realer Art und Weise.
In ihrer Familie gab es nicht einen einzigen Menschen, der an Hellsehen oder ähnliche Dinge glaubte. Und sie wusste, dass sie auf keinen Fall zu lange und alleine auf ihrem Zimmer über derartige Dinge nachgrübeln durfte, um sich innerlich nicht noch mehr von allen anderen zu entfernen.
Sie sollte überdies aufhören, zuviel über den Inhalt ihrer Träume nachzudenken..
~
Während der Sommerferien war Rebecca oft zu Hause in ihrem Zimmer und las viel.
Das Wetter war miserabel und es regnete beinahe jeden Tag.
Fast täglich holte sie sich ein neues Buch aus der Bücherei und heute Morgen stieß sie dort beinahe mit Torsten zusammen, dem gutaussehenden jungen Mann aus dem Schwimmbad.
Natürlich bekam sie wieder eine tiefrote Gesichtsfarbe, als sie ihn erblickte, doch schien das Torsten nicht wahr zu nehmen, vielmehr freute er sich ganz offensichtlich, sie getroffen zu haben.
„Hey, Rebecca!“ rief er sogleich und sie war wirklich überrascht, dass er sich
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