Die alte Villa (German Edition)
Begeisterung und sicher auch vor Anstrengung. Die dunkelblonden Locken umrahmten ihr rundliches Gesicht. Sie war viel kleiner als ihre jüngere Schwester und ein sehr femininer Typ. Bei aller Freude über den Auszug und das eigene Zimmer war er auch ein bisschen traurig, dieser Abschied. Was hatten sie nicht alles miteinander erlebt.
Rebecca fiel ein, wie sie einmal an Sylvester alleine zu Hause gewesen waren, weil ihre Eltern auf einer Sylvesterparty bei Bekannten in der Nachbarschaft gewesen sind.
Olga muss etwa vierzehn Jahre alt gewesen sein und sie selbst zehn. Sie wollten zusammen einen langen Fernsehabend verbringen. Eine Freundin von Olga war auch noch dabei gewesen und den ganzen Abend hatten sie nur herumgealbert und ziemlich viel Unsinn gemacht.
So hatten sie aus lauter Übermut eine Nachbarin, die sie nicht leiden konnten, anonym angerufen und ihr frei erfundene Geschichten erzählt. Dabei überschlug sich ihre Fantasie förmlich und sie berichteten der schockierten Nachbarin von Mafiabossen, die das Gebäude umstellt hätten und sich mit Ufos, die das Haus umkreisten und kurz davor ständen, die Stadt in ihre Gewalt zu bringen, einen erbitterten Kampf lieferten.
Sie rieten der Nachbarin, als Zeichen ihrer Kapitulation ein weißes Bettlaken aus dem Fenster zu hängen, und sich vorsichtshalber in der Vorratskammer einzuschließen.
Sie wunderten sich noch heute, wenn sie sich daran erinnerten, dass die dumme Nachbarin nicht einfach aufgelegt, stattdessen die ganze Zeit wütend in den Hörer gekreischt und ihnen mit der Polizei gedroht hatte.
Am Ende konnte Rebecca nicht mehr aufhören zu lachen und verschlucke prompt so ein gigantisch großes Riesenhimbeerbonbon. Sie wäre sicher erstickt, hätte Olga ihr nicht mit voller Wucht auf den Rücken geschlagen, bis das Bonbon in hohem Bogen aus ihrem Mund geflogen kam.
„Nun st eh’ doch nicht so gelangweilt herum, Rebecca. Sag’ mal, wo hast du eigentlich diesen alten beklebten Karton hingeräumt? Ich suche ihn schon eine ganze Weile.“
„Welchen Karton denn?“, fragte Rebecca gereizt.
Sie konnte es auf den Tod nicht ausstehen, wenn man sie für etwas beschuldigte, was sie nicht getan hatte.
„In dem Karton habe ich alle meine Briefe aufbewahrt und ich möchte sie unbedingt mitnehmen.“
„Ich frag ’ mal Mama“, rief Rebecca und rannte aus dem Zimmer.
Ihre Mutter war in der Küche und schälte Äpfel, um daraus einen köstlichen Apfelkuchen für die Familie zu backen.
„Wo ist denn der Karton mit Olgas Liebesbr iefen?“
Die Mutter verkniff sich nur mühsam ein Grinsen und überlegte.
„War das so ein bunt beklebter?“
„Kann schon sein.“
„Ich glaube, ich habe ihn auf den Speicher gebracht. Der war im Spind und störte mich laufend. Das ist aber schon ein paar Jahre her.“
Rebecca wusste schon, was jetzt kam und sie sagte resigniert: „Okay, dann geh’ ich mal auf den Speicher und suche ihn.“
Auf dem Speicher war es furchtbar staubig und es roch muffig und ein wenig modrig dazu.
Igitt!‚Wieso räumt hier nie einer auf?
Es war in der Tat ein heilloses Durcheinander und auf allen Gegenständen lag eine dicke Schicht Staub.
Rebecca schaute sich um. Am liebsten wäre sie wieder hinunter gegangen zu den anderen in die helle und warme Wohnung. Wo sollte sie auch anfangen zu suchen?
Der Speicher war recht groß und komplett vollgestellt mit altem Gerümpel.
Alte Kinderfahrräder, wohin man auch schaute. Daneben einige ramponierte alte Stühle und zerbrochene Glasscheiben, die ebenfalls unter einer Staubschicht begraben waren. Es drang nur modriges Licht durch ein vollkommen verdrecktes Dachfenster.
In der hintersten Ecke des Dachbodens stand ein alter Kleiderschrank aus Holz und dort würde sie am besten mit der Suche beginnen. Sie kletterte über den ganzen alten Kram, rutschte aus und stieß sich den Knöchel. Inzwischen zitterte sie am ganzen Leib vor Kälte und vor Angst.
Doch wovor fürchtete sie sich?
Laut quietschend öffnete sich die Tür des alten Schrankes.
Vor Spinnen fürchtete sich Rebecca kein bisschen und es störte sie daher nicht, dass eine große, recht beleibte Spinne mit ihren acht langen, schwarzen Beinen über ihren Arm krabbelte.
„Na, du“, sagte sie fast beschwörend zu dem Tier, in der Hoffnung, sich nicht mehr so allein zu fühlen. Aber die Spinne krabbelte so schnell sie konnte unter den Schrank, um sich dort in Sicherheit zu bringen.
Im Innern des Schrankes
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