Die alte Villa (German Edition)
Gebiet war Tamara wirklich eine Künstlerin. So gab sie immer wieder gerne einige Tee-Weisheiten zum Besten:
„Zu Beginn einer Tee-Zeremonie liegt alle Weisheit zunächst im Dunkeln. Doch mit jeder Tasse Tee, wobei mir persönlich der grüne aus Japan der liebste ist, erkennt man die Schönheit um sich herum und die leise herauf ziehende Leichtigkeit verscheucht das Dunkle und Ungewisse und weicht einer Klarheit, die… nun ja, die.. so lange anhält, bis die Wirkung des Tees am Ende ist…ähm..meistens ist es so.“ Alle lachten.
Und Maja nickte. „Das hast du gut erklärt, meine liebe und geschätzte Tamara.“
Tamara lächelte verlegen. Doch dann bekam ihr Gesicht doch wieder seinen altbekannten listigen Ausdruck.
Mit der Zeit hielt Rebecca die Möglichkeit gar nicht mehr für so abwegig, dass Maja und Tamara vielleicht wirkliche Hexen, oder vielmehr Mystikerinnen sein könnten. Die magische Ausstrahlung von Maja hatte sie schließlich selber und am eigenen Leibe sogleich gespürt, als sie heute diesen Raum betreten hatte!
Auch Hannelore genoss inzwischen den Besuch bei Tamara. Sie tranken grünen Tee, plauderten über Kräuter, Wahrsagerei und Telepathie, bis sie mit einem Blick auf die Uhr feststellten, dass sie schon viel zu lange geblieben waren und zu Hause wahrscheinlich schon vermisst würden.
Beim Hinausgehen flüsterte Rebecca Tamara zu, dass sie unbedingt noch einmal unter vier Augen mit ihr sprechen müsse und Tamara nickte.
„Mensch, Rebecca, das war ja wirklich total interessant bei Tamara. Und diese Maja! Absolut faszinierend diese Frau. Ich glaube, das sind in Wahrheit echte Hexen. Wie gerne würde ich mal ‚Tische rücken’ oder so etwas in der Art, ausprobieren. Ich wette, die kennen sich damit aus.“
Sie fuhren noch eine Weile nebeneinander her und Hannelore redete die ganze Zeit auf Rebecca ein. Diese dagegen war schweigsam und sehr nachdenklich. Sie musste so bald wie möglich noch einmal zu Tamara fahren und mit ihr reden.
Doch sie sollte erst am Freitag dazu kommen, da sie in dieser Woche gleich zwei Referate vorzubereiten hatte und sie wollte sich in aller Ruhe überlegen, was genau sie mit Tamara besprechen wollte.
Dezember 1979
Freitagnachmittag packte sie dann einige der alten Bücher, alle Briefe und das alte Fotoalbum in eine Tüte und fuhr mit dem Rad in die Buchenallee.
Auf ihr Klopfen wurde schon bald geöffnet und Tamara begrüßte sie herzlich.
Es war schon seltsam. Die Stimmung im alten Haus war eine andere geworden seit ihrem letzten Besuch. Wo bisher immer nur die Vertrautheit zwischen ihnen beiden geherrscht hatte, da war jetzt ganz deutlich eine Veränderung spürbar, als wäre der Geist von Maja und auch der von Hannelore noch irgendwo hier im Haus. Sie las in Tamaras Blick, dass diese ebenso empfand und wie gewöhnlich konnte sie auch diesmal einen Teil ihrer Gedanken erkennen.
„War immer gemütlich mit uns beiden, nicht wahr?“ sagte sie.
Rebecca nickte.
„Aber ich bin froh, dass du Maja nun endlich kennen gelernt hast. Sie ist ein wunderbarer Mensch mit ganz besonderen Fähigkeiten. – So wie du, Rebecca.“
„Was redest du..“
„Doch, sie erzählte mir, sie hätte selten ein so starkes Energiefeld bei einem Menschen gesehen wie bei dir, als ihr beide euch hier bei mir begegnet seid.“
Rebecca schaute peinlich berührt zu Boden.
„Aber das ist jetzt vielleicht nicht so wichtig“, sagte Tamara und erblickte ihren Beutel.
„Hast du mir etwas mitgebracht?“, fragte sie mit unverhohlener Neugier.
„Ja, deshalb bin ich gekommen und auch, um dir zu sagen, dass mein Entschluss feststeht. Ich werde nach Bayern zu Greta fahren.“
„Das ist sicher eine gute Entscheidung, Rebecca, aber ich sage es dir noch einmal, überstürze nichts.“
„Ja, das sagtest du ja schon und so wie es aussieht, wollen meine Eltern mir verbieten, zu fahren“.
Tamara zog die Stirn kraus. „Komm, setz dich erst einmal!“
Rebecca folgte ihrer Aufforderung und setzte sich an den großen schweren Küchentisch. Tamara öffnete eine Tür in ihrem alten Küchenschrank und entnahm diesem ihr bestes Porzellan. Dann holte sie eine dampfende Teekanne und goss den kochendheißen Tee in die mit Blüten verzierten Porzellantassen. Es roch seltsam, wie Rebecca fand.
Bei Tamara schmeckte kein Tee wie der andere, aber irgendwie waren sie doch alle köstlich. Rebecca liebte Tee schon immer, aber so wunderbar wie bei Tamara schmeckte er nirgendwo auf der Welt,
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