Die Amazonen von Darkover
Könnt Ihr mit ihnen wegen des Lösegeldes verhandeln?«
»Das hätte ich auch gerne getan, aber mein Mann hat es mir verboten. Es war schon nicht leicht, seine Erlaubnis zu bekommen, daß ich nach Thendara reiste, um dir soviel zu sagen.«
»Magda, es hat doch keinen Sinn«, redete ihr Montray zu. »Er muß selbst sehen, wie er sich aus der Schlinge zieht. Würden wir als Terraner sein Lösegeld zu bezahlen versuchen, wäre dies nur sein sicheres Todesurteil.«
»Wenn ich ein Mann wäre«, rief Magda zornig, »würde ich selbst gehen und mit ihnen feilschen! Im ganzen Hellers hält mich niemand für eine Terranerin, und wenn wir uns des Namens der Dame bedienen dürften, um wegen des Lösegeldes für ihren Sohn zu verhandeln ...« Sie wandte sich flehend an Rohana. »Bitte, helft mir, einen Weg zu finden!«
»Ich sagte dir doch«, erklärte Rohana nun Hastur, »dieses Mädchen hat Mut und Kraft. Ich will Gabriel natürlich gehorchen, aber ich werde ihr helfen, wenn ich kann ... Mein Mädchen, wärest du bereit, selbst in den Hellers zu reisen? Auch jetzt, da der Winter vor der Tür steht? Viele Männer würden sich weigern.«
»Lady, ich wurde in der Nähe von Caer Donn geboren«, erwiderte Magda bestimmt. »Ich fürchte mich weder vor den Bergen noch vor dem schlechtesten Wetter.«
»Sei keine Närrin, Magda«, fuhr Montray sie an. »Du bist Expertin für die Sitten Darkovers, aber sogar ich weiß, daß eine Frau unbeschützt und allein nicht reisen kann. Lady, bitte, erklärt Ihr das diesem Dickkopf. Natürlich bewundere ich ihren Mut, aber es gibt Dinge, die eine Frau hier nicht tun kann.«
»Das ist richtig«, pflichtete ihm Rohana bei. »Für eine Frau wäre diese Reise unmöglich, und doch gibt es eine Möglichkeit. Die Freien Amazonen weigern sich, solche einengenden Sitten anzuerkennen.«
»Von den Freien Amazonen weiß ich kaum etwas«, erklärte Magda. »Den Namen habe ich schon gehört. Wenn Ihr glaubt, Lady, daß es zu machen wäre ...«
»Ich habe schon einmal Freie Amazonen für eine Sache engagiert, die kein Mann tun wollte. Damals war es ein Skandal.« Sie warf Hastur einen boshaften Blick zu, als wolle sie ihm etwas vorhalten. »Ein größerer Skandal als damals wird es auch nicht, wenn es herauskommt, daß ich eine Freie Amazone nach Sain Scarp schickte, um wegen des Lösegelds für meines Sohnes Freilassung zu verhandeln. Hört Rumal di Scarp auch nur gerüchteweise, daß mein Sohn sicher zu Hause ist und wir einen Pflegesohn aus reiner Gutmütigkeit oder aus Verantwortungsbewußtsein retten, dann steckt er das Lösegeld ein und lacht uns aus.
Du, mein Mädchen, kannst durchaus als Freie Amazone gehen. Aber es ist gefährlich. Kannst du dich im Notfall selbst verteidigen?«
»Jeder im Geheimdienst, egal ob Mann oder Frau, ist im Kampf ohne Waffen oder nur mit dem Messer geschult«, antwortete Magda.
»Das hörte ich schon«, erwiderte Rohana. »Geh jetzt, mein Mädchen, und bereite die Reise und das Lösegeld vor. Morgen früh zur Zeit der Dämmerung kommst du hierher, und bis dahin habe ich die passende Kleidung und Ausrüstung vorbereitet. Ich werde dich auch darin unterweisen, wie du dich als Freie Amazone zu benehmen hast.«
»Wirst du wirklich etwas so Hirnverbranntes tun, Magda?« fuhr Montray auf. »Freie Amazone! Sind das nicht Soldatinnen?«
Rohana lachte. »Ihr wißt wirklich nichts von ihnen, und es ist ein tröstlicher Gedanke, daß die Terraner doch nicht alles über uns entdecken. Ja, natürlich sind Söldnerinnen unter ihnen. Andere sind Spurensucher, Jäger, Pferdezureiter, Schmiede, Hebammen, Näherinnen, Bäckerinnen und Käseverkäuferinnen, sogar Balladensängerinnen. Sie arbeiten ehrlich, und es ist absolut respektabel, sie zu beschäftigen.«
»Und mir ist es absolut egal, ob es respektabel ist oder nicht, ich werde gehen«, erklärte Magda Montray.
Rohana lächelte. »Gut. Dann ist es also abgemacht.« Sie reichte Magda die Hand und lächelte sie freundlich an. »Wie schade, mein Mädchen, um dein schönes Haar, aber du wirst es abschneiden müssen.«
8.
Magda wachte in der beginnenden Dämmerung auf und hörte den Schneeregen, der auf ihre Unterkunft prasselte. Das war jetzt ihre siebente Nacht unterwegs gewesen, und bis jetzt hatte sie Glück mit dem Wetter gehabt.
Bis zum Mittwinter hatte sie Zeit; einigermaßen vernünftiges Wetter vorausgesetzt, genügte sie leicht. Aber wer konnte im Hellers schon vernünftiges Wetter erwarten?
Ihr Reitpferd
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