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Die Amazonen von Darkover

Die Amazonen von Darkover

Titel: Die Amazonen von Darkover Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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vernünftig verhalten hatte und einem Kampf ausgewichen war, doch sie gab vor sich selbst zu, daß sie Angst gehabt hatte und deshalb davongelaufen war. Das war weder die Art eines Agenten von Terra, noch die der Amazonen, sondern die eines durchschnittlichen Darkovanermädchens.
    Der kurze Wintertag neigte sich dem Abend entgegen, und sie überlegte, daß es vielleicht besser wäre, im Wald zu kampieren, um den beiden Männern einen guten Vorsprung zu gewähren. Also stellte sie ihr kleines Zelt auf. Das war an sich ein Kompromiß, weil es in schlechtem Wetter den größtmöglichen Schutz bei geringster Größe und kleinstem Gewicht bot. Eigentlich war es kaum mehr als ein etwas vergrößerter Schlafsack, das Standardmodell Darkovers. Kein vernünftiger Mensch verbrachte eine Nacht außerhalb einer Schutzhütte, wenn es sich irgendwie vermeiden ließ, denn davon gab es genügend an der Straße, und dort herrschte immer eine geheiligte Neutralität.
    Aber diese Nacht verbrachte sie im Freien, und sie hatte Glück, denn es schneite kaum; allerdings war dies kein gutes Zeichen, und als sie weiterritt, kam Wind auf, und dicke schwarze Wolken zogen sich über ihr zusammen.
    Warum hatte sie jetzt Pech? Weil sie sich selbst erlaubt hatte, Angst zu haben. Dabei hatte man sie gelehrt, niemals und unter gar keinen Umständen auch nur die geringste Spur von jener Persönlichkeit abzuweichen, die sie für sich selbst aufgebaut hatte, bis sie wieder sicher in der terranischen Zone landete.
    Sie versuchte nun, die Sache kühl und ganz ruhig zu durchdenken. Sie mußte soweit kommen, daß dieser Prozeß so natürlich für sie wurde wie das Atmen. Sie versuchte es wirklich; es gelang nicht.
    Ich bin keine Freie Amazone und weiß zu wenig von ihnen, gab sie vor sich selbst zu. Hoffentlich begegnen mir keine echten Amazonen ...
    Aber diese Ahnungen, die sie ernst zu nehmen gelernt hatte; und diese eine machte sie frösteln, und sie zog ihren Mantel enger um sich. Ein paar Sekunden lang war ihr Geist völlig blank, so daß sie sich nicht einmal des Namens erinnerte, den Peter bei den Darkovanern trug. Erst nach einer Weile fiel er ihr ein: Piedro. So hatte er im Hellers geheißen, während man ihn in der Ebene Pier rief.
    Eine Stunde nach Mittag ritt sie an einer leeren Unterkunftshütte vorbei. Sie zögerte, doch sie konnte sich dort nicht aufhalten, denn sie hätte damit einen halben Tag verloren. Um die Mittwinterzeit mußte sie in Sain Scarp sein, und sie brauchte für ihre Rückkehr nach Thendara noch einen Spielraum von einigen Tagen, damit sie nicht vor geschlossenen Pässen stand.
    Sie wollte auch nicht gezwungen sein, den ganzen Winter allein mit Peter irgendwo zubringen zu müssen. Früher einmal wäre dies ihr größtes Vergnügen gewesen, doch jetzt ...
    Sie studierte die Anzeigetafel an der Hütte und entdeckte, daß einen halben Tagesritt weiter die nächste Hütte war. Zwar versuchte eine unbestimmte Ahnung, sie zum Bleiben zu verleiten, aber sie lachte sich selbst aus und ritt weiter.
    Der Pfad wurde steiler und rauher. Gegen Mitte des Nachmittags hingen die Wolken so tief, daß Magda durch einen Waschküchennebel ritt. Von überallher kamen Stimmen und Echos und begleiteten sie geisterhaft. Sie hatte nun wieder eine beträchtliche Höhe erreicht, die weit über der ihr bekannten Welt lag. Nun hatte sie, die sich niemals vor Höhen gefürchtet hatte, deutlich Angst vor dem schmalen Pfad, zu dessen beiden Seiten sich alles verstecken konnte und vielleicht gar nichts war als leerer Abgrund. Ein falscher Schritt ihres Pferdes ...
    Als es dunkel wurde, löste sich der Nebel in dünnen Regen auf, der bald zu immer dichter fallendem Schnee wurde und alle Landschaftskonturen auslöschte. Im Fallen gefror der Schnee und wurde krachend von den Hufen zertreten. Der Wind heulte durch die Bäume und trieb ihr Eisnadeln ins Gesicht. Sie zog eine Falte ihres Schals über Mund und Nase und stellte den Mantelkragen hoch, doch bald lief ihre Nase, und das Wasser gefror sofort, so daß der Schal zu einem Eisklotz wurde. Sie sah kaum mehr etwas, und auch das Pferd rutschte. Magda stieg ab und führte das Packtier. Jetzt war sie froh über ihre kniehohen Stiefel.
    Trotz der pelzgefütterten Tunika fror sie entsetzlich. Hoffentlich, dachte sie, habe ich noch keine Frostbeulen. Aber sie sagte sich immer vor, sie müsse und könne die Kälte überstehen, da es sogar auf der Erde Menschen gebe, die unter noch schlimmeren Bedingungen leben

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