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Die Amerikanerin

Die Amerikanerin

Titel: Die Amerikanerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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und auf dem Weg zur Anmeldung. Nach nur wenigen Minuten in ihrer Gegenwart war es um Franco geschehen und er wusste: Serena war die Frau, mit der er den Rest seines Lebens verbringen wollte. Auch sie schien ihn zu mögen, und so trafen sie sich, wann immer ihre Seminare es zuließen. Er erzählte ihr von seinen Plänen, nach Beendigung seines Studiums eine neue Rebsorte anbauen zu wollen. Und von den Versuchen, die er mit Kreuzungen machen wollte. Sie hörte ihm zu und gestand ihm, dass sie zwar von Wein nichts verstünde, aber zu Hause für die Pflege des Gemüsegartens zuständig sei. Unddass man sich im Dorf erzählte, Serenas Tomaten würden nur deshalb besonders gut wachsen, weil sie bei der Gartenarbeit ständig ein Liedchen auf den Lippen hatte. Francos Herz machte einen Hüpfer. Bilder erstanden unvermittelt vor seinem inneren Auge, schön und verheißungsvoll … Er und Serena Hand in Hand inmitten der Weinberge. Die Liebe einer Frau lässt jedes Pflänzchen gedeihen.
    Und dann war es für ihn an der Zeit, nach Genua zurückzukehren. Unter heftigen Treueschwüren verabschiedeten sie sich mit dem Versprechen, sich in Serenas Semesterferien wiederzusehen.
    Die Briefe zwischen Genua und Rom flatterten nur so hin und her. Aus Angst, die italienische Post könnte den einen oder anderen davon verlieren, nummerierten sie jeden Brief. Tagsüber war Franco der harte Geschäftsmann, den sein Vater sich wünschte – seine Pläne mit der neuen Weinsorte hatte er wegen eines Streiks der Hafenarbeiter, den es zu schlichten galt, erst einmal hintanstellen müssen –, doch abends in seinem Zimmer im elterlichen Palazzo schrieb er Gedichte für Serena. Von der Liebe schrieb er, von der schmerzlichen, alles verzehrenden Liebe. Und von seinen Plänen, später mit ihr aus dem Palazzo Lucca das beste Weingut aller Zeiten zu machen.
    Sein Vater aber, der Conte, hatte die Schwärmereien seines Sohnes für eine Wildfremde nicht gern gesehen. Für eine nicht standesgemäße Fremde. Für die Tochter eines Bäckermeisters aus Palermo. Er hatte entsprechende Schritte unternommen.
    Und Franco war jung gewesen und beeinflussbar …

    Sosehr Franco nun sein inneres Auge bemühte – Serenas Gesicht war verblasst, die Erinnerung an sie tat nicht mehr weh.
    Keiner anderen Frau war es seitdem gelungen, sein Herzzu erobern. Abenteuer hatte es genug gegeben, doch sie stillten lediglich seinen körperlichen Hunger.
    Franco spürte einen Anflug von Erbitterung. Was war aus dem jungen Mann geworden, der versucht hatte, das Genueser Mondlicht auf Briefpapier zu bannen? Der Stunden mit dem Studium botanischer Bücher verbracht hatte, um herauszufinden, wie man den Cinque Terre oder den Colli di Luna – zwei Weißweine, die schon seit Urzeiten von seiner Familie angebaut wurden – mit anderen Sorten kreuzen konnte, um mehr Frucht, mehr Tiefe in den Wein zu bekommen?
    War es eigentlich noch sein eigenes Leben, das er führte?
    Oder war er nur noch der verlängerte Arm seines Vaters?

6
    Während der nächsten Tage kam es Marie vor, als sei sie in einen Wirbelsturm geraten und wüsste nicht mehr, wo oben und unten war. Ruth und sie waren ständig unterwegs, Pausen zwischen ihren Unternehmungen waren selten.
    »Du bist doch nicht hierher gekommen, um in der guten Stube zu sitzen. Wie ich dich kenne, willst du einen Koffer voller neuer Eindrücke mit nach Lauscha nehmen, die allesamt in deine Glasbläserei einfließen werden. Und nächstes Jahr dürfen wir uns dann hoffentlich auf eine New-York-Kollektion freuen!«
    Marie, die schon fast vergessen hatte, wie sich ein Gasbrenner in der Hand anfühlte, nickte beklommen.
    »Hoffen wir, dass du recht hast«, sagte sie dumpf. Bisher hatte nichts sie zu einer neuen Idee inspiriert.
    Ihre Nichte bekam sie nur selten zu sehen.
    Einmal hatte sie mit ihnen einkaufen gehen wollen, doch Ruth hatte sich geweigert, ihre Tochter mitzunehmen,solange diese ihre kurzen Haare nicht unter einem Hut versteckte. Wanda wollte jedoch ihren neuen Haarschnitt nicht »verschandeln«, und so war aus dem gemeinsamen Ausflug nichts geworden. Marie wusste nicht, ob sie darüber traurig sein sollte.
    Ein paar Tage später traten sie dann doch zu dritt ihren Einkaufsbummel an – Ruth schien sich mit Wandas hutlosem Auftreten abgefunden zu haben. Doch der Frieden bröckelte schon bei der Frage, in welches Geschäft man gehen sollte und in welches nicht: Was Ruth schick fand, hielt Wanda für altmodisch. Beim Einkaufen ging

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