Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)
deutet ja auf eine gewisse Kompetenz hin«, meinte Nombeko.
Während des Frühstücks erwähnte das Ehepaar Blomgren mit keiner Silbe, dass sie die Kosten für diese Mahlzeit auch noch in Rechnung stellen würden. Vielmehr waren sie absolut schweigsam. Verbissen. Sie schienen sich fast ein wenig zu schämen. Das machte Nombeko misstrauisch, denn sie hatte in ihrem ganzen Leben noch keine so schamlosen Menschen wie diese beiden getroffen, obwohl ihr da durchaus das eine oder andere Exemplar über den Weg gelaufen war.
Die Millionen waren nun ja futsch, aber Holger 2 hatte achttausend Kronen auf der Bank (unter dem Namen seines Bruders). Außerdem lagen noch knapp vierhunderttausend Kronen auf dem Firmenkonto. Als Nächstes mussten sie sich also von diesen grässlichen Menschen freikaufen, ein Auto mit Anhänger mieten und die Bombe vom Blomgren’schen Anhänger auf den neuen bugsieren. Und dann nichts wie weg. Wohin sie fahren sollten, blieb noch zu klären – Hauptsache, erst mal weit genug weg von Gnesta und den Blomgrens.
»Wir haben gesehen, dass Sie gestern Abend in den Garten gepinkelt haben«, brach Frau Blomgren plötzlich das Schweigen.
Verdammter Holger 1, dachte Nombeko.
»Das wusste ich nicht«, sagte sie. »Ich bedauere den Vorfall und würde sagen, Sie schlagen einfach noch einmal zehn Kronen auf den Betrag auf, auf den wir uns jetzt gleich einigen werden.«
»Nicht nötig«, sagte Harry Blomgren. »Da man Ihnen sowieso nicht trauen kann, haben wir uns unsere Entschädigung einfach selbst genommen.«
»Wie das?«, fragte Nombeko.
»›Leicht entflammbares Material‹ – so ein Humbug! Ich hab mein Leben lang mit Schrott zu tun gehabt. Und Schrott brennt nicht, verdammt noch mal«, sagte Harry Blomgren.
»Haben Sie die Kiste aufgemacht?« Nombeko begann das Schlimmste zu ahnen.
»Jetzt beiß ich ihnen aber beiden die Kehle durch«, zischte die junge Zornige und musste von Holger 2 zurückgehalten werden.
Für Holger 1, der gerade die Küche verließ, war die Situation nicht so ganz transparent. Außerdem hatte er das dringende Bedürfnis, den Fliederbusch von gestern noch einmal aufzusuchen. Harry Blomgren wich einen Schritt vor der jungen Zornigen zurück. Eine äußerst unangenehme Frau, fand er.
Dann fuhr er fort, seinen in der Nacht einstudierten Text aufzusagen.
»Sie haben unsere Gastfreundschaft missbraucht, Sie haben uns Geld vorenthalten und in unseren Garten gepinkelt, also kann man Ihnen nicht trauen. Wir hatten keine andere Wahl, als uns unsere Entschädigung selbst zu nehmen, weil Sie sich garantiert um die Zahlung gedrückt hätten. Deswegen ist Ihre Schrottbombe beschlagnahmt und zerlegt worden.«
»Zerlegt?« Holger 2 sah vor seinem inneren Auge Bilder einer detonierten Atombombe.
»Zerlegt«, wiederholte Harry Blomgren. »Wir haben die alte Bombe heute Nacht zu einem Schrotthändler gefahren. Und eine Krone pro Kilo bekommen. Das ist zwar wenig, aber sei’s drum. Damit wären wohl mit knapper Not die Kosten für die Schäden gedeckt, die Sie uns verursacht haben. Und da ist die Miete für das Gästehäuschen noch gar nicht eingerechnet. Und bilden Sie sich nicht ein, dass ich Ihnen verrate, wo dieser Schrotthändler zu finden ist. Sie haben schon genug angestellt.«
Während Holger 2 die junge Zornige immer noch davon abhalten musste, einen Doppelmord zu begehen, war Nombeko und ihm klar, dass die beiden Alten der Meinung gewesen waren, eine alte »Schrott«-Bombe vor sich zu haben, während es in Wirklichkeit eine ziemlich neue – und voll funktionstüchtige – war.
Harry Blomgren fügte hinzu, bei dem Geschäft sei aber immerhin so viel Überschuss herausgesprungen, dass die Angelegenheit mit dem Wasser, dem kaputten Zaun und dem Wildpinkeln im Garten hiermit als erledigt betrachtet werden konnte. Vorausgesetzt, dass die Gäste ab jetzt bis zu ihrer Abfahrt zum Pinkeln auf die Toilette gingen und nirgendwo anders hin. Und dass sie auch sonst nichts mehr beschädigten.
Holger 2 musste die junge Zornige hinaustragen. Im Garten konnte er sie ein wenig beruhigen. Sie meinte, irgendetwas am Anblick dieser beiden Alten könne sie offenbar nicht vertragen. Genauso wenig wie ihr ganzes Geschwätz.
Diesen Zorn hatten Harry und Margareta Blomgren nicht einkalkuliert, als sie nachts mit ihrer Fracht zu ihrem ehemaligen Schrottplatz gefahren waren, der mittlerweile von ihrem ehemaligen Mitarbeiter Rune Runesson betrieben wurde. Diese wahnsinnige Frau entzog sich ja jeder
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