Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)
JETZT SOFORT !«
Doch der alte Mann rührte sich immer noch nicht vom Fleck, und das Wasser blieb aus. Die Holzteile des Wagens begannen sich in der Hitze zu verfärben. Der Rucksack brannte bereits lichterloh.
Dann machte Harry Blomgren doch den Mund auf.
»Wasser ist nicht gratis«, sagte er.
Da knallte es.
Bei der ersten Explosion bekamen Nombeko, Celestine, Holger und Holger etwas, was dem Herzstillstand des Töpfers vor wenigen Stunden gar nicht so unähnlich war. Aber im Gegensatz zu ihm erholten sie sich wieder, sobald sie merkten, dass nur ein Reifen in die Luft geflogen war, nicht ein ganzer Landstrich.
Der zweite, dritte und vierte Reifen folgten dem ersten. Harry Blomgren weigerte sich immer noch, einen Wasserstrahl auf Kiste und Rucksack zu richten. Erst wollte er wissen, wer ihm den Zaun ersetzte. Und die Kosten für das Wasser.
»Ihnen scheint der Ernst der Lage nicht ganz klar zu sein, in der wir uns befinden«, sagte Nombeko. »Die Kiste enthält … leicht entflammbares Material. Wenn das zu heiß wird, geht das für uns alle übel aus. Verdammt übel, glauben Sie mir!«
Den Rucksack hatte sie bereits aufgegeben. Die neunzehn Komma sechs Millionen Kronen gab es nicht mehr.
»Warum sollte ich einer wildfremden Person und ihren Komplizen glauben? Beantworten Sie lieber meine Frage: Wer wird mir den Zaun ersetzen?«
Nombeko begriff, dass sie bei diesem Mann nicht durchdrang. Also bat sie Celestine, die Sache zu übernehmen.
Das machte die junge Zornige nur zu gern. Um das Gespräch nicht länger als unbedingt nötig hinzuziehen, sagte sie:
»Lösch das Feuer, sonst mach ich dich kalt!«
Harry Blomgren glaubte in ihren Augen zu lesen, dass sie es ernst meinte, woraufhin er sofort gehorchte.
»Gut gemacht, Celestine«, sagte Nombeko.
»Meine Freundin«, sagte Holger 1 stolz.
Holger 2 sagte nichts. Aber er fand es bezeichnend, dass die junge Zornige der Gruppe zum ersten Mal nützlich war, als sie eine Morddrohung aussprechen konnte.
Der Wagen war halb verbrannt, die Kiste außen angesengt, der Rucksack in Rauch aufgegangen. Aber das Feuer war gelöscht. Die Welt, wie die Welt sie kannte, drehte sich noch. Harry Blomgren wurde wieder munter.
»Können wir jetzt wohl endlich die Entschädigungsfrage klären?«
Nombeko und Holger 2 waren die Einzigen, die wussten, dass der Mann, der mit ihnen über Entschädigungen reden wollte, gerade neunzehn Komma sechs Millionen Kronen verheizt hatte, weil er Wasser sparen wollte. Aus seinem eigenen Brunnen.
»Fragt sich, wer hier wem was ersetzen müsste«, murmelte Nombeko.
Als der Tag anbrach, hatten Holger und sie noch eine konkrete Zukunftsvision gehabt. Ein paar Stunden später stand ihre gesamte Existenz auf dem Spiel – und das gleich zwei Mal hintereinander. Jetzt war die Situation irgendwo mittendrin. Aber behaupten zu wollen, dass das Leben ein Picknick war, wäre etwas zu hoch gegriffen, fand Nombeko.
* * * *
Harry und Margareta Blomgren wollten die ungebetenen Gäste nicht gehen lassen, bevor sie ihre Schulden beglichen hatten. Aber langsam wurde es spät, und Harry verstand auch das Argument der Gruppe, dass sie kein Bargeld dabeihatten (wenngleich sie ein wenig in dem gerade verbrannten Rucksack gehabt hätten) und nichts unternehmen konnten, bis am nächsten Tag die Bank aufmachte. Dann würden sie ihren Wagen reparieren und mitsamt ihrer Kiste davonrollen.
»Ja, die Kiste …«, sagte Harry Blomgren. »Was ist denn da überhaupt drin?«
»Geht dich einen Scheißdreck an, alter Wichser«, sagte die junge Zornige.
»Meine persönliche Habe«, präzisierte Nombeko.
Mit vereinten Kräften hievte die Gruppe die angesengte Kiste von den Überresten des Karrens auf Harrys und Margaretas Anhänger. Dann gelang es Nombeko mit viel Gezeter und ein bisschen Hilfe von Celestine, Harry zu überreden, dass der Anhänger den Platz seines Autos in der Garage einnehmen durfte. Sonst hätte man die Kiste von der Straße aus sehen können, und mit diesem Gedanken im Hinterkopf hätte Nombeko gar nicht gut schlafen können.
Auf Ekbacka gab es ein Gästehäuschen, das Herr und Frau Blomgren früher an deutsche Touristen vermietet hatten, bis die Vermittlungsfirma sie auf ihre schwarze Liste setzte, weil die beiden für so gut wie alles noch einmal Extragebühren von ihren Gästen verlangten, inklusive frisch eingebautem Münzklo.
Seitdem stand die Hütte leer, mit Münzklo (zehn Kronen pro Toilettenbesuch) und allem Drum und Dran. Doch jetzt
Weitere Kostenlose Bücher