Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)
hielt, wenn sich Schweden auf der Suche nach einem ebenbürtigen Kooperationspartner an Burkina Faso wandte.
Da entdeckte der Professor den verfluchten Holger Qvist auf dem Flur. Glaubte dieser Qvist etwa, dass er einfach nur die Jeans gegen einen Anzug eintauschen musste und damit alles vergessen war?
»Ich muss mich wirklich entschuldigen …«, begann der gut gekleidete und atemlose Holger 2.
Professor Berner schnitt ihm das Wort ab und erklärte, das sei ganz zwecklos und er solle einfach verschwinden. Wenn möglich, für immer.
»Die Disputation ist beendet, Qvist. Fahren Sie nach Hause. Und denken sie über den volkswirtschaftlichen Nutzen Ihrer eigenen Existenz nach.«
* * * *
Holger 2 fiel also durch. Aber er brauchte vierundzwanzig Stunden, bis ihm klar war, was eigentlich geschehen war, und weitere vierundzwanzig Stunden, bis ihm die ganze Tragweite dieser Geschehnisse aufging. Er konnte den Professor nicht einfach anrufen und ihm auseinandersetzen, wie die Dinge lagen – dass er nämlich all die Jahre unter dem Namen eines anderen studiert hatte und dass eben dieser andere zufällig am Tag seiner Disputation in die Universität geplatzt war. Damit würde er die Sache nur noch schlimmer machen.
Am liebsten hätte Nummer zwei seinen eigenen Bruder erwürgt. Aber da war nichts zu machen, weil der gerade auf dem samstäglichen Treffen der Anarchistischen Vereinigung war, als bei Holger 2 der Groschen fiel. Und als Nummer eins und Celestine am selben Nachmittag zurückkehrten, war der Zustand von Nummer zwei bereits in eine Depression umgeschlagen.
18. KAPITEL
Vom kurzen Erfolg einer Zeitschrift und von einem Ministerpräsidenten, der plötzlich doch zu sprechen war
So schrecklich es auch stehen mochte, begriff Holger 2 nach einer Woche doch, dass es keinen Zweck hatte, im Bett liegen zu bleiben. Nombeko und Gertrud brauchten Hilfe bei der Ernte. Dabei waren auch Nummer eins und Celestine ein bisschen nützlich, also gab es rein unternehmenstechnische Gründe, beide nicht zu erwürgen.
Das Leben in Sjölida ging weiter wie gehabt, inklusive der gemeinsamen Abendessen mehrmals pro Woche. Doch die Stimmung bei Tisch war angespannt, obwohl Nombeko ihr Bestes tat, um vom großen, unangesprochenen Thema abzulenken. Sie berichtete, was in der Welt geschehen war und weiter geschah. Unter anderem konnte sie eines Abends erzählen, dass Prinz Harry von Großbritannien in Nazikostüm auf ein Fest gegangen war (was fast einen genauso großen Skandal auslöste wie das Fest einige Jahre später, das er gleich gänzlich unbekleidet feierte).
»Merkt ihr denn nicht, wie es um die Monarchie bestellt ist?«, sagte Holger 1.
»Doch«, sagte Nombeko. »Die demokratisch gewählten Nazis in Südafrika haben ihre Uniform lieber zu Hause gelassen.«
Holger 2 sagte gar nichts. Er sagte seinem Bruder nicht mal, dass er zur Hölle fahren sollte.
Nombeko war klar, dass sich etwas ändern musste. Mehr als alles andere brauchten sie jetzt eine neue Idee. Es begann damit, dass sich ein potenzieller Käufer für den Kartoffelhof meldete.
Inzwischen sah es so aus, dass die Gräfin Virtanen AG zweihundert Hektar Kartoffeläcker und einen modernen Maschinenpark besaß, guten Umsatz machte und fast schuldenfrei dastand. Das war dem größten Bauern Mittelschwedens aufgefallen, der sich die Sache überlegt hatte und für alles zusammen ein Angebot von sechzig Millionen auf den Tisch legte.
Nombeko ahnte, dass sich der schwedische Kartoffelboom seinem Ende zuneigte. Der Promi mit der Kartoffeldiät war wieder dick geworden, und nach Angaben der Nachrichtenagentur ITAR-TASS sah es mit der russischen Kartoffelernte endlich mal wieder gut aus.
Ganz abgesehen davon, dass Gertruds Kartoffelhof sowieso nicht der Sinn des Lebens sein konnte, gab es also gute Gründe, auf das Angebot einzugehen.
Nombeko unterbreitete die Angelegenheit der offiziellen Eigentümerin des Unternehmens, welche daraufhin meinte, dass sie tatsächlich gerne umsatteln würde. Die Kartoffeln stünden ihr nämlich schon bis hier.
»Gibt es heutzutage denn nicht diese Spaghetti oder wie die heißen?«, überlegte sie.
Doch, doch, nickte Nombeko. Spaghetti gab es schon eine ganze Weile. Seit dem zwölften Jahrhundert ungefähr. Aber die ließen sich nicht so leicht anbauen. Nombeko fand, dass sie mit dem Geld etwas anderes anfangen sollten.
Und plötzlich fiel ihr auch ein, was das sein könnte.
Was würde Gertrud dazu sagen, wenn sie eine Zeitschrift
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