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Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)

Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)

Titel: Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Jonasson
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sagte, oder etwa nicht?
    Nummer eins hatte auch so manchen Tagträumen nachgehangen, wenn er Kartoffeln klaubte, und war zu dem Ergebnis gelangt, dass es am besten war, wenn man die schwedische Königsfamilie in die lappländische Wildnis karrte und die Bombe dort zündete, wenn sie nicht freiwillig abdanken wollten. Mit so einem Manöver würde man fast keinen Unschuldigen treffen und ansonsten nur minimale Schäden anrichten. Ein eventueller Temperaturanstieg wäre außerdem gar nicht schlecht, denn da oben im Norden war es doch ohnehin so scheußlich kalt.
    Sich mit solchen Gedanken zu tragen, wäre schon schlimm genug gewesen, aber jetzt brachte Holger 1 sie an seinem Rednerpult auch noch öffentlich zum Ausdruck.
    Der erste Gegner war Professor Lindkvist von der Linné-Universität Växjö. Er begann in seinen Notizen zu blättern, während Holger redete. Auch Lindkvist formulierte seine Äußerungen auf Englisch, und er begann mit der Frage, ob man das, was man gerade gehört hatte, als eine Art Einleitung zu dem Vortrag verstehen sollte, der gleich noch folgen würde.
    Eine Einleitung? Ja, so könnte man es nennen. Denn mit Verschwinden der Königsfamilie würde ja eine Republik entstehen und wachsen. Oder was meinte der Herr genau?
    Professor Lindkvist meinte, dass er nicht ganz kapierte, was hier los war, aber er sagte, dass es ihm unmoralisch vorkam, ein ganzes Königshaus hinzumeucheln. Ganz abgesehen von der Methode, die Herr Qvist geschildert hatte.
    Jetzt war Holger aber gekränkt. Er war doch kein Mörder! Der Ausgangspunkt war einfach der, dass der König und sein Gefolge abtreten sollten. Erst wenn sie sich weigerten, würde es kernwaffenmäßige Konsequenzen geben, und das war dann eben eine direkte Folge der Entscheidung der Königsfamilie selbst, da war niemand anders schuld.
    Als Nummer eins von Professor Lindkvist nichts als Schweigen entgegenschlug (dem fehlten nämlich schlicht und einfach die Worte), beschloss er, seiner Argumentation noch eine Dimension hinzuzufügen, nämlich die Alternative, dass man die Monarchie nicht abschaffte, sondern jeder, der wollte, König werden durfte.
    »Das ist zwar keine Variante, die ich persönlich befürworten würde, aber interessant ist sie trotzdem«, sagte Holger 1.
    Professor Lindkvist war da vielleicht nicht unbedingt seiner Meinung, denn jetzt sah er seinen Kollegen Berner flehend an, welcher wiederum überlegte, ob er jemals einen so unglücklichen Moment wie diesen erlebt hatte. Diese Disputation war in erster Linie als Schauspiel für die zwei Ehrengäste im Publikum gedacht, nämlich den schwedischen Hochschul- und Forschungsminister Lars Leijonborg und seine französische Kollegin Valérie Pécresse. Die beiden schmiedeten Pläne, ein gemeinsames Ausbildungsprogramm mit der Option auf ein binationales Diplom zu initiieren. Leijonborg hatte persönlich Kontakt mit Professor Berner aufgenommen und ihn gebeten, eine passende Disputation vorzuschlagen, der er mit seiner Ministerkollegin beiwohnen konnte. Der Professor musste sofort an seinen Vorzeigestudenten Holger Qvist denken.
    Und jetzt das.
    Berner beschloss, dem Spektakel ein Ende zu setzen. Offenbar war dieser Doktorand ein Fehlgriff gewesen, und der verließ jetzt wohl am besten sein Rednerpult. Und dann den Saal. Und dann die Universität an sich. Seinetwegen auch gleich das Land.
    Doch da er es auf Englisch sagte, verstand Nummer eins nicht ganz.
    »Soll ich noch mal von vorne anfangen?«
    »Nein, das sollen Sie nicht«, sagte Professor Berner. »Ich bin in den letzten zwanzig Minuten um zehn Jahre gealtert, dabei war ich vorher schon alt genug, also machen wir an dieser Stelle lieber Schluss. Gehen Sie einfach. Bitte.«
    Das tat Nummer eins dann auch. Auf dem Weg hinaus fiel ihm ein, dass er gerade in der Öffentlichkeit aufgetreten war, obwohl er seinem Bruder ja eigentlich versprochen hatte, so etwas zu unterlassen. Ob Nummer zwei jetzt wohl wütend auf ihn wurde? Aber vielleicht musste er ja gar nichts davon erfahren?
    Auf dem Korridor entdeckte Nummer eins seine Celestine. Er hakte sie unter und schlug einen Ortswechsel vor. Unterwegs würde er versuchen, ihr alles zu erklären.
    Fünf Minuten später kam Holger 2 durch die Tür ins Universitätsgebäude geprescht. Professor Berner hatte sich gerade beim schwedischen Hochschulminister entschuldigt, der seinerseits seine französische Kollegin um Entschuldigung bat, welche erwiderte, dass sie es nach diesen Erlebnissen für passender

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