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Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)

Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)

Titel: Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Jonasson
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Hosenbeine auch noch.«
    Der Ministerpräsident entschuldigte sich für seine Verfassung. Hätte er vorher gewusst, was er jetzt wusste, wäre er in Blaumann und Gummistiefeln zum Galadiner auf dem Schloss erschienen. Er fügte hinzu, dass er auf ein zweites Gläschen gerne verzichte, es sehe ja auch ganz so aus, als würde der König für zwei trinken.
    Fredrik Reinfeldt wusste nicht, wie er seinen allzu sorglosen König bremsen sollte. Einerseits sollte das Staatsoberhaupt diese äußerst vertrackte Situation ernstnehmen, statt hier eimerweise den Alkohol in sich reinzuschütten (zwei Gläser mit jeweils 3 cl entsprachen in den Augen des moderaten Ministerpräsidenten durchaus einem Eimervoll).
    Andererseits schien der König Verwirrung in den republikanisch-revolutionären Reihen am Tisch zu stiften. Dem Ministerpräsidenten war nicht entgangen, wie der Revolverheld und seine Freundin miteinander tuschelten. Offensichtlich störten sie sich an irgendetwas. Am König natürlich. Aber nicht auf die Art, wie sich der Ministerpräsident an ihm störte. Und anscheinend auch nicht auf diese einfache Nieder-mit-der-Monarchie-Art, mit der wahrscheinlich alles begonnen hatte.
    Irgendetwas musste da sein. Wenn der König so weitermachte, erfuhren sie vielleicht bald, was es war. Im Übrigen konnte man ihm ja sowieso keinen Einhalt gebieten.
    Immerhin war er ja der König.
    * * * *
    Nombeko hatte ihren Teller als Erste leer gegessen. Sie war fünfundzwanzig Jahre alt gewesen, als sie sich zum ersten Mal satt essen konnte, auf Kosten von Präsident Botha, und hatte sich seither keine sich bietende Gelegenheit entgehen lassen.
    »Dürfte man sich wohl noch einen Nachschlag nehmen?«
    Man durfte. Gertrud war zufrieden, dass Nombeko mit dem Essen zufrieden war. Wie es aussah, war sie überhaupt rundum zufrieden. Irgendwie schien der König ihr Innerstes berührt zu haben. Mit irgendetwas.
    Mit sich selbst.
    Marschall Mannerheim.
    Oder seiner Schnapsmischung.
    Oder von allem ein bisschen.
    Egal, was es war, vielleicht war es von Nutzen. Denn wenn es dem König und Gertrud gelang, die Umstürzler zu verwirren, war es gut möglich, dass deren Bild von dem, was als Nächstes zu geschehen hatte, ins Wanken geriet.
    Sand ins Getriebe streuen, so nannte man das.
    Nombeko hätte dem König gern gesagt, dass er aus strategischen Gründen weiter beim Thema Marschall Mannerheim bleiben sollte. Aber sie kam nicht an ihn heran, denn er war völlig gebannt von der Gastgeberin – und umgekehrt.
    Seine Majestät besaß eine Fähigkeit, die dem Ministerpräsidenten gänzlich abging: Er konnte den Augenblick genießen, ungeachtet aller äußeren Bedrohungen. Der König fühlte sich wohl in Gertruds Gesellschaft und verspürte aufrichtige Neugier auf diese alte Dame.
    »Wenn die Frage gestattet ist – was hat die Frau Gertrud eigentlich für einen Bezug zum Marschall von Finnland?«, wollte er wissen.
    Genau diese Frage hätte Nombeko ihm in den Mund gelegt, wenn sie gekonnt hätte.
    Sehr gut, König! Bist du etwa so gescheit? Oder haben wir einfach nur Glück?
    »Mein Bezug zum Marschall von Finnland? Das will der Herr König gar nicht wissen«, sagte Gertrud.
    Und ob du das willst, König!
    »Und ob ich das will«, sagte der König.
    »Das ist eine lange Geschichte«, sagte Gertrud.
    Wir haben doch jede Menge Zeit!
    »Wir haben doch jede Menge Zeit«, sagte der König.
    »Tatsächlich?«, sagte der Ministerpräsident gallig, wofür er einen bösen Blick von Nombeko kassierte.
    Mischen Sie sich jetzt bloß nicht ein!
    »Die Geschichte begann 1867«, sagte Gertrud.
    »Im Geburtsjahr des Marschalls«, nickte der König.
    König, du bist ein Genie!
    »Hui, Sie kennen sich aber aus!«, staunte Gertrud. »Ganz recht, das war das Geburtsjahr des Marschalls.«
    Für Nombeko klang die Schilderung von Gertruds Stammbaum rein botanisch betrachtet genauso widersprüchlich wie beim ersten Mal. Doch die Laune des Königs hatte unter ihrer Erzählung nicht im Geringsten gelitten. Er hatte in der Mittelschule Sigtuna ja auch ein Ungenügend in Mathematik bekommen. Vielleicht hatte er sich deswegen nicht ausrechnen können, dass Freiherren – ob nun falsche oder echte – keine Gräfinnen hervorbringen.
    »Sie sind also eine Gräfin!«, sagte er anerkennend.
    »Ach ja?« Der Ministerpräsident hatte es sich ausrechnen können und kassierte einen weiteren bösen Blick von Nombeko.
    Tatsächlich gab es Seiten an diesem König, die es Holger 1 und Celestine

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