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Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)

Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)

Titel: Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Jonasson
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zuungunsten der Agenten. Wer unmoralisch genug war, für einen Diamanten etwas für sie zu tun, hatte vielleicht nicht so viel Moral, um sie hinterher nicht auch anzuzeigen. Aber wenn derjenige obendrein auf ein sexuelles Abenteuer spekulierte, würde er sich sehr wohl auf die Zunge beißen. Oder in einen anderen Körperteil, wenn er gelenkig genug war.
    Unterm Strich kamen die Agenten A und B auf ein sechzigprozentiges Risiko, dass Nombeko die genannten Trümpfe wirklich in der Hand hielt, während die Wahrscheinlichkeit, dass sie nichts hatte, bei vierzig Prozent lag. Und diese Quote war zu schlecht. Der Schaden, den sie ihnen und – vor allem! – der israelischen Nation zufügen konnte, war nicht abzusehen.
    Deswegen lautete der Beschluss, dass die Putzfrau wie geplant im Kofferraum mitfahren sollte, dass sie wie geplant ihr Ticket nach Schweden bekam, dass ihre zehn Kilo Antilopenfleisch wie geplant nach Stockholm geschickt wurden – und dass ihr nicht wie geplant ins Genick geschossen werden sollte. Oder in die Stirn. Oder woanders hin. Sie war immer noch ein wandelnder Risikofaktor. Aber wenn sie tot war, war das Risiko nun noch größer.
    Neunundzwanzig Minuten später bekam Nombeko von Agent A Flugtickets und das versprochene Antilopenfleisch sowie die vorschriftsmäßig ausgefüllten Formulare für die Diplomatenpost in zweifacher Ausfertigung. Sie bedankte sich und erklärte, sie sei in einer Viertelstunde reisefertig und wolle sich bloß noch vergewissern, dass die beiden Pakete korrekt für den Versand vorbereitet wurden. Damit meinte sie – auch wenn sie es nicht sagte –, dass sie mit den drei Chinesenmädchen noch ein ernstes Wörtchen reden musste.
    »Ein großes und ein kleines Paket?«, wiederholte Kleine Schwester, die kreativste von allen. »Hättest du etwas dagegen einzuwenden, Nombeko, wenn wir …«
    »Das ist es ja gerade«, sagte Nombeko. »Diese Pakete dürfen nicht an eure Mutter in Johannesburg gehen. Das kleine Paket muss nach Stockholm, das ist für mich; allein das ist ja wohl Grund genug, dass ihr es nicht anrührt, hoffe ich. Und das große soll nach Jerusalem.«
    »Jerusalem?«, fragte Mittlere Schwester.
    »Ägypten«, erklärte Große Schwester.
    »Gehst du weg?«, fragte Kleine Schwester.
    Nombeko fragte sich, wie der Ingenieur jemals auf den Gedanken verfallen konnte, diesen drei Mädchen die Post anzuvertrauen.
    »Ja, aber sagt keinem was. Ich werde bald hier rausgeschmuggelt, dann fahre ich nach Schweden. Jetzt müssen wir Abschied nehmen. Ihr wart tolle Freundinnen.«
    Und sie umarmten einander.
    »Pass auf dich auf, Nombeko«, sagten die Chinesenmädchen auf isiXhosa.
    »«, antwortete Nombeko. »Lebt wohl!«
    Dann ging sie ins Büro des Ingenieurs, sperrte seine Schreibtischschublade auf und nahm sich ihren Pass.
    »Market Theatre bitte, Marktplatz, Downtown Johannesburg«, sagte Nombeko zu Agent A, als sie in den Kofferraum des Autos mit dem Diplomatenkennzeichen kroch.
    Sie klang wie ein ganz normaler Fahrgast eines ganz normalen Taxifahrers. Es sah auch so aus, als würde sie Johannesburg in- und auswendig kennen – und als ob sie wüsste, wohin sie unterwegs war. In Wirklichkeit hatte sie noch vor ein paar Minuten ein letztes Mal in einem Buch der Bibliothek von Pelindaba geblättert und sich den Ort herausgesucht, der wahrscheinlich der überlaufenste des ganzen Landes war.
    »Alles klar«, sagte Agent A. »Wird gemacht.«
    Und dann machte er den Kofferraum zu.
    Jetzt war ihm klar, dass Nombeko nicht vorhatte, sie zu der Person zu führen, in deren Besitz sich das Band befand, so dass sie beide auf einmal hätten umnieten können. Ihm war auch klar, dass Nombeko im Gewimmel am Marktplatz in nicht mal zwei Minuten untertauchen konnte. Ihm war klar, dass Nombeko gewonnen hatte.
    Die erste Runde.
    Doch sobald die Bombe in Jerusalem angekommen war, gab es keine Beweise mehr, die auf Abwege geraten und sie in Schwierigkeiten bringen könnten. Dann konnten sie das Band abspielen, so viel sie lustig waren und wo sie lustig waren. Die Agenten konnten einfach alles abstreiten. Es waren sowieso alle gegen Israel, da war es ja klar, dass Bänder dieser Art im Umlauf waren. Aber so was für bare Münze zu nehmen, war doch einfach nur lächerlich.
    Und damit war die zweite Runde eingeläutet.
    Niemand legte sich ungestraft mit dem Mossad an.
    * * * *
    Das Auto mit den Agenten verließ Pelindaba am Donnerstag, dem 12. November 1978, um 14.10 Uhr. Um 15.01 Uhr desselben Tages

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