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Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)

Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)

Titel: Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Jonasson
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sah sie wehmütig an.
    »Das Problem ist, dass es mich ja gar nicht gibt.«
    Wie – »nicht geben«?, dachte Nombeko. Und das sagte sie dann auch laut:
    »Wie – es gibt dich nicht?«
    »Ich existiere eigentlich gar nicht«, sagte Holger. »Es gibt mich nicht.«
    Nombeko musterte ihn von oben bis unten und von unten bis oben. Und dachte dabei, dass es doch mal wieder typisch war: Da tauchte endlich jemand in ihrem Leben auf, der ihren Respekt verdiente – und prompt gab es ihn nicht.
    Nombeko ließ Holgers Behauptung so stehen und fragte stattdessen, ob er vielleicht wisse, wo die israelische Botschaft sei.
    Der Mann, den es nicht gab, sah zwar keine direkte Verbindung zwischen einem südafrikanischen Flüchtling und der israelischen Botschaft, fand aber, dass ihn das nichts anging.
    »Die liegt mitten in der Stadt, wenn ich mich recht erinnere. Ich muss sowieso in die Richtung, kann ich Sie vielleicht mitnehmen, Fräulein Nombeko? Wenn Sie mich nicht für zu aufdringlich halten?«
    Jetzt war er wieder ganz normal. Er bat fast um Entschuldigung dafür, dass er existierte. Was ja eigentlich im Widerspruch dazu stand, dass er angeblich nicht existierte.
    Nombeko wurde vorsichtig. Sie musterte den Mann. Er sah nett aus. Und drückte sich ebenso klug wie freundlich aus.
    »Ja, danke«, sagte sie schließlich. »Wenn Sie einen Augenblick warten könnten, ich muss bloß kurz hoch in mein Zimmer und meine Schere holen.«
    Sie fuhren nach Süden, Richtung Stockholmer Innenstadt. Wie sich herausstellte, konnte man sich prima mit dem Mann unterhalten – Holger hieß er, oder? Er erzählte von Schweden, von schwedischen Erfindungen, dem Nobelpreis, Björn Borg …
    Nombeko hatte viele Fragen. Hatte Björn Borg wirklich fünfmal hintereinander Wimbledon gewonnen? Fantastisch! Was war denn dieses Wimbledon?
    Der rote Lkw hielt vor der Storgatan 31, Nombeko stieg aus, ging zur Torwache der Botschaft, stellte sich vor und fragte, ob wohl ein an sie adressiertes Paket aus Südafrika aufgetaucht sei.
    Ja, das sei gerade gekommen, und es sei ganz toll, dass das Fräulein schon da sei, denn die Botschaft könne Sendungen dieser Größe ganz schlecht lagern. Dann wandte sich der Wachmann an Nombekos Fahrer und bat ihn, einmal um die Ecke zu fahren und rückwärts an die Laderampe zu setzen, während das Fräulein vielleicht lieber hier wartete, denn es seien noch ein, zwei Unterschriften auf den Papieren zu leisten. Wo hatte er die denn bloß?
    Nombeko versuchte zu protestieren. Das Paket sollte nicht in den Lkw, sie wollte es unter den Arm klemmen und selbst mitnehmen. Irgendwie würde sie den Weg zurück zum Flüchtlingslager schon finden. Doch der Wachmann grinste nur, während er Holger hineinwinkte, und vergrub die Nase wieder in seinen Papieren.
    »Mal sehen … Wissen Sie, Fräulein, der Ordentlichste bin ich nicht gerade … Hier auch nicht … Die hier vielleicht?«
    Es dauerte eine ganze Weile. Als die Formalitäten erledigt waren, war das Paket bereits im Laderaum des Lkws verstaut und Holger bereit zur Abfahrt. Nombeko verabschiedete sich von der Wache und kletterte wieder ins Fahrerhäuschen.
    »Du kannst mich dann ja einfach an der nächsten Bushaltestelle rauslassen«, sagte sie.
    »Ich verstehe nicht ganz …«, sagte Holger.
    »Was?«
    »Du hattest doch gesagt, in deinem Paket sind zehn Kilo Antilopenfleisch, oder?«
    »Ja, und?« Nombeko fasste heimlich nach der Schere in ihrer Tasche.
    »Ich würde sagen, das Ding wiegt eher eine Tonne.«
    »Eine Tonne?«
    »Ein Glück, dass ich einen Lkw habe.«
    Nombeko schwieg eine Weile und ließ die Worte auf sich wirken. Dann sagte sie:
    »Das ist jetzt aber gar nicht gut.«
    »Was ist gar nicht gut?«, wollte Holger wissen
    »Alles, ehrlich gesagt«, sagte Nombeko.
    * * * *
    Mossadagent A war bester Laune. Es war Morgen, und er saß in einem Hotelzimmer in Johannesburg. Sein Kollege aus den Jahren in Pelindaba war bereits auf dem Weg zu seiner neuen Dienststelle in Buenos Aires. A selbst gedachte, sich nach dem Hotelfrühstück direkt zum Jan-Smuts-International-Flughafen zu begeben, um nach Hause zu fliegen und sich ein paar Wochen wohlverdienten Urlaub zu gönnen, bevor er diese Putzfrau in Schweden ausfindig machte und mit ihr tat, was er tun musste. Und das mit Vergnügen.
    Das Zimmertelefon klingelte. A war überrascht, nahm aber trotzdem ab. Es war kein Geringerer als Außenminister Peres, der dafür bekannt war, nicht lange um den heißen Brei herumzureden.
    »Warum

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