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Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)

Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)

Titel: Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Jonasson
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bekommen, den wir äußerst ernst nehmen!«
    Die junge Zornige setzte der Gruppe auseinander, was sie gemacht hatte, nämlich im Namen der Demokratie eine Hausbesetzung und damit einen Krieg gegen die Gesellschaft begonnen, und der Lkw war eine ihrer Waffen. Zu Informationszwecken hatte sie auch die Polizei angerufen. Und denen ganz schön eingeheizt, wenn sie das mal so sagen durfte.
    »Was hast du gesagt, was du mit meinem Auto gemacht hast?«, fragte Holger 2.
    »Mit deinem Auto?«, fragte Holger 1.
    Die junge Zornige meinte, dass Nummer zwei sich jetzt nicht in solchen Kleinkram verbeißen sollte, denn hier ging es immerhin um die Verteidigung wichtiger demokratischer Prinzipien, gegen die so ein lumpiger zerstochener Reifen kaum ins Gewicht fiel. Und sie habe ja wohl nicht ahnen können, dass ihre Nachbarn Atombomben im Lager herumstehen hatten, oder?
    »Atombombe. Singular«, sagte Holger 2.
    »Eine Atombombe mit einer Sprengkraft von drei Megatonnen«, sagte Nombeko, um zu vermeiden, dass Holger das Problem irgendwie kleinredete.
    Der Töpfer zischelte etwas Unverständliches, wahrscheinlich den Namen des Geheimdienstes, mit dem er sich überworfen hatte.
    »Geheilt war wohl nicht das richtige Wort«, sagte Nombeko.
    Holger 2 wollte die Diskussion um den Lkw nicht fortsetzen, denn passiert war nun mal passiert, aber er fragte sich im Stillen trotzdem, auf welches demokratische Prinzip Celestine sich berief. Im Übrigen redeten sie hier von vier lumpigen zerstochenen Reifen, nicht bloß einem, aber dazu sagte er auch nichts mehr. Die Situation war auf jeden Fall brenzlig.
    »Also, viel übler als jetzt kann es wohl kaum mehr kommen«, sagte er.
    »Sag das nicht«, meinte Nombeko. »Schau dir mal den Töpfer an. Ich glaube, der ist tot.«

15. KAPITEL
    Von der Ermordung eines Verstorbenen und von zwei äußerst sparsamen Menschen
    Erst blickten alle zum Töpfer und danach zu Nombeko. Nur der Töpfer nicht, der guckte stur geradeaus.
    Nombeko begriff, dass hiermit ein richtiges Leben mit Nummer zwei bestenfalls aufgeschoben, wahrscheinlich aber endgültig unmöglich geworden war. Aber jetzt waren Sofortmaßnahmen angesagt. Die Trauer um Dinge, aus denen nie etwas werden würde, musste auf die eventuelle Zukunft verschoben werden.
    Sie erklärte der Gruppe, dass es mindestens zwei Gründe gab, die Polizei noch ein wenig hinzuhalten. Zum einen bestand das Risiko, dass die sich durch die südliche Lagerwand gewaltsam Zutritt verschafften, wo sie ihre Bohrer und Schweißgeräte direkt auf eine Bombe von drei Megatonnen richteten.
    »Da würden sie nicht schlecht staunen«, meinte Holger 2.
    »Nein, bloß sterben«, korrigierte Nombeko. »Unser anderes Problem ist, dass wir hier eine Leiche auf einem Stuhl sitzen haben.«
    »Wo wir gerade vom Töpfer reden«, sagte Holger 2, »hatte der nicht einen Tunnel gebaut, durch den er fliehen wollte, wenn die CIA kommt?«
    »Warum ist er dann nicht geflohen, statt sich hier zum Sterben hinzusetzen?«, sagte Holger 1.
    Nombeko lobte Nummer zwei dafür, dass ihm der Tunnel eingefallen war, und meinte zu Nummer eins, das würde er eines schönen Tages bestimmt auch verstehen. Dann erteilte sie sich selbst den Auftrag, bewussten Tunnel zu finden, wenn es ihn denn gab, herauszukriegen, wohin er führte, wenn er denn irgendwohin führte, und – nicht zuletzt – ob er so groß war, dass eine Atombombe hindurchpasste. Und eilig war es auch noch, denn man konnte ja nie wissen, wann die da draußen loslegten.
    »In fünf Minuten stürmen wir das Gebäude!«, verkündete ein Polizeibeamter durch sein Megafon.
    Fünf Minuten waren natürlich viel zu kurz, um
    1. einen selbst gegrabenen Tunnel zu finden,
    2. herauszufinden, wohin er führte,
    3. Schienen, Seile und Fantasie aufzutreiben, um die Bombe auf ihrer Flucht mitnehmen zu können.
    Wenn sie denn überhaupt da durchpasste. Durch den Tunnel, der vielleicht nicht mal existierte.
    Die junge Zornige empfand etwas, was fast Schuldgefühlen nahegekommen wäre, wenn sie zu solchen Gefühlen denn überhaupt fähig gewesen wäre. Bei ihrem Telefonat mit der Polizei waren ihr die Worte einfach wie von selbst über die Lippen gekommen.
    Aber dann fiel ihr ein, wie man das zu ihrem Vorteil wenden konnte.
    »Ich glaube, ich weiß, wie wir uns ein bisschen Zeit kaufen können«, sagte sie.
    Nombeko schlug vor, dass Celestine so schnell wie möglich erzählen sollte, denn eventuell begann die Polizei schon in viereinhalb Minuten, sich in die

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