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Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)

Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)

Titel: Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Jonasson
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schien, ging alles so schnell, dass sein Adrenalin nicht das frühere hohe Selbstverteidigungsniveau erreichte. Da bekam der Töpfer Kammerflimmern. Seine Pupillen weiteten sich, und sein Herz blieb stehen.
    Wenn das passiert, wirkt man im ersten Moment wie tot, dann stirbt man wirklich. Wird man außerdem im Anschluss aus einem Fenster im dritten Stock geworfen, so dass man mit dem Kopf voran auf den Asphalt knallt, dann stirbt man gleich noch mal, wenn man es vorher noch nicht getan hat.
    Holger 2 befahl Rückzug ins Lager, wo er einen dreißig Sekunden langen Gedenkmoment für den abhielt, der nun nicht mehr unter ihnen weilte, und sich für seine wichtige Hilfe unter den obwaltenden schwierigen Umständen bedankte.
    Dann übergab er das Kommando wieder an Nombeko. Sie bedankte sich für das Vertrauen und begann ihre Ansprache mit der Erklärung, dass sie den vom Töpfer gegrabenen Tunnel gefunden und kurz besichtigt hatte. Wie es aussah, würde er der Gruppe nach seinem Tod nicht nur einmal, sondern gleich zweimal helfen.
    »Er hat nicht nur einen hundertvierzig Meter langen Gang von der Töpferei auf der anderen Straßenseite gegraben, sondern ihn auch in Schuss gehalten, Stromleitungen verlegt und für den Notfall ausreichend Petroleumlampen besorgt. Außerdem gibt es noch einen Konservenvorrat für mehrere Monate und Wasser in Flaschen … kurz und gut: Der Mann war wirklich, aber wirklich so richtig gestört.«
    »Er ruhe in Frieden«, sagte Holger 1.
    »Wie groß ist denn der Tunnel?«, fragte Holger 2.
    »Die Kiste passt durch«, sagte Nombeko. »Bleibt nicht viel Platz an den Seiten, aber geht so grade eben.«
    Dann delegierte Nombeko die Aufgaben. Celestine bekam den Auftrag, die Wohnungen durchzugehen und alles einzupacken, was Hinweise auf die Bewohner geben konnte. Der Rest musste dableiben.
    »Abgesehen von einer Sache«, sagte sie. »In meinem Zimmer steht ein Rucksack, der mitmuss. Der enthält wichtige Dinge für die Zukunft.«
    Neunzehn Komma sechs Millionen wichtige Dinge, dachte sie.
    Holger 1 erhielt den Auftrag, den Tunnel zu durchqueren und den Karren zu holen, der in der Töpferwerkstatt stand, während Nummer zwei freundlichst gebeten wurde, die Verpackung der Bombe von einer Kuschelecke wieder in eine ganz normale Kiste zu verwandeln.
    »Eine ganz normale?«, fragte Holger 2.
    »Schatz, bitte sieh zu, dass du in die Gänge kommst.«
    Die Aufgabenverteilung war klar, und alle machten sich an die Arbeit.
    Der Tunnel war ein großartiges Beispiel paranoider Ingenieurskunst. Hohe Decke, gerade Wände und ein anscheinend ganz stabiles System aus Balken, die sich gegenseitig stützten und einen Einsturz verhinderten.
    Der Gang führte bis in den Keller der Töpferwerkstatt und kam auf der Rückseite des Gebäudes heraus, außer Sichtweite der ständig wachsenden Menschenmenge vor der Fredsgatan 5.
    Achthundert Kilo Atombombe auf einem Karren zu befördern, ist genauso schwer, wie es sich anhört. Aber nach einer knappen Stunde stand sie dann doch in einer Querstraße der Fredsgatan, keine zweihundert Meter entfernt von dem Riesenaufstand rund um das Abbruchhaus, wo gerade die Spezialeinheit der Polizei eingetroffen war.
    »So, ich glaube, jetzt verziehen wir uns mal ganz schnell«, sagte Nombeko.
    Die Holgers und Nombeko schoben hinten, während die junge Zornige vorne lenkte.
    Die Fahrt ging langsam über ein kleines asphaltiertes Sträßchen, das direkt in die sörmländische Provinz führte. Einen Kilometer weg von der belagerten Fredsgatan. Zwei Kilometer. Und immer weiter.
    Zwischenzeitlich war die Arbeit ganz schön schwer – für alle außer Celestine. Doch nach drei Kilometern, nachdem sie den Karren endlich glücklich über eine fürs bloße Auge fast unsichtbare Steigung bugsiert hatten, ging es wieder leichter. Und dann ging es zum ersten Mal ganz leicht bergab. Nummer eins, Nummer zwei und Nombeko kam die kurze Erholungspause sehr zupass.
    Ein paar Sekunden lang.
    Nombeko war die Erste, die begriff, was passieren würde. Sie befahl den Holgers, sich von vorne dagegenzustemmen. Der eine kapierte sofort und folgte ihrer Anweisung, der andere kapierte es eventuell auch, aber er war gerade stehen geblieben und zurückgefallen, weil er sich am Hintern kratzen musste.
    Doch sein Fehlen fiel im Grunde auch nicht mehr ins Gewicht. Als die achthundert Kilo erst einmal ins Rollen gekommen waren, war alles zu spät.
    Die Letzte, die aufgab, war Celestine. Sie rannte vor der Bombe her und

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