Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)
Augenblick klopfte Nombeko an Celestines Tür. Holger 1 hatte seinen doppelten oder dreifachen Whisky gekippt und sich gesammelt, und jetzt hatte er ihnen etwas zu erzählen. Celestine war herzlich willkommen im Lager, und den Töpfer konnte sie auch gleich mitbringen.
»Ich weiß jetzt, was in der Kiste ist«, begann Holger 1.
Nombeko, die sonst fast alles verstand, verstand nicht ganz.
»Woher willst du das wissen?«, fragte sie. »Du fällst hier durchs Dach, und dann behauptest du, auf einmal etwas zu wissen, was du die letzten sieben Jahre nicht gewusst hast. Warst du schon im Himmel und bist wieder umgekehrt? Und wenn ja – mit wem hast du da gesprochen?«
»Halt die Klappe, du verdammte Putzfrau«, sagte Holger, woraufhin Nombeko sofort klar war, dass er direkten Kontakt mit dem Mossad gehabt haben musste – oder bei seinem Ausflug in den Himmel dem Ingenieur über den Weg gelaufen war. Gegen Letzteres sprach allerdings, dass der Ingenieur wahrscheinlich an einem anderen Ort weilte.
Holger 1 erzählte weiter, wie er allein im Büro gesessen hatte, obwohl man ihn eigentlich nach Hause beordert hatte, und wie dann ein Mann von einem ausländischen Geheimdienst durch die Tür gekommen war und verlangt hatte, zu Nombeko geführt zu werden.
»Beziehungsweise zur Putzfrau ?«, ergänzte Nombeko.
Der Mann hatte Holger 1 mit vorgehaltener Waffe gezwungen, den einzigen leeren Hubschrauber zu besteigen, und ihm befohlen, sie nach Gnesta zu bringen.
»Soll das heißen, dass hier demnächst auch noch ein wütender Agent eines ausländischen Geheimdienstes durchs Dach bricht?«, erkundigte sich Holger 2.
Nein, das sollte es nicht heißen. Der fragliche Agent war gerade über dem offenen Meer unterwegs und würde demnächst in selbiges stürzen, sobald nämlich der Brennstoff alle war. Holger selbst war aus dem Hubschrauber gesprungen, in der Absicht, seinem Bruder und Celestine das Leben zu retten.
»Und mir auch«, sagte Nombeko. »Auch wenn das eher eine Art Nebenwirkung gewesen wäre.«
Holger 1 sah sie wütend an und meinte, er wäre lieber direkt auf Nombekos Schädel gelandet als auf den Kissen, aber er habe nun mal nie Glück im Leben.
»Also, ich finde ja schon, dass du gerade in letzter Zeit ein wenig Glück im Leben hattest«, sagte Holger 2, der von der Entwicklung der Dinge völlig geplättet war.
Celestine sprang ihrem Helden auf den Schoß, umarmte und küsste ihn und sagte, jetzt wollte sie nicht mehr länger warten.
»Sag mir, was in der Kiste ist! Sag, sag, sag!«
»Eine Atombombe«, sagte Holger 1.
Celestine ließ ihren Retter und Schatz los. Dann überlegte sie einen Moment, bevor sie die Lage zusammenfasste mit einem:
»Hoppla.«
Nombeko wandte sich an Celestine, den Töpfer und Holger 1 und meinte, in Anbetracht der Dinge, die sie eben gerade erfahren hatten, sei es äußerst wichtig, dass sie alle ihr Möglichstes taten, um bloß keine Aufmerksamkeit auf die Fredsgatan 5 zu lenken. Wenn hier erst mal Leute im Lager herumrannten, konnte mit dieser Bombe durchaus ein Unfall passieren. Und das war dann nicht einfach irgendein Unfall.
»Eine Atombombe?«, wiederholte der Töpfer, der zwar alles mit angehört, aber nicht recht verstanden hatte.
»Im Licht der Dinge, die ich jetzt weiß, könnte es sein, dass ich vorhin ein paar Maßnahmen eingeleitet habe, auf die wir vielleicht hätten verzichten können«, sagte Celestine.
»Wieso?«, fragte Nombeko.
Da hörte man von der Straße eine Stimme aus einem Megafon.
»Hier spricht die Polizei! Wenn sich jemand in diesem Gebäude befindet, geben Sie sich bitte zu erkennen!«
»Wie gesagt«, sagte die junge Zornige.
»Die CIA !«, sagte der Töpfer.
»Warum sollte die CIA kommen, bloß weil die Polizei da ist?«, fragte Holger 1.
»Die CIA !«, sagte der Töpfer noch einmal. Und dann gleich noch einmal.
»Ich glaube, bei dem hat sich gerade was aufgehängt«, sagte Nombeko. »Ich hab mal einen Dolmetscher getroffen, der hatte genau dasselbe, nachdem ihn ein Skorpion in den Zeh gebissen hatte.«
Der Töpfer wiederholte seine Worte noch ein paarmal, dann verstummte er. Er saß einfach auf seinem Stuhl und starrte mit halb offenem Mund ins Lager.
»Ich dachte, der wäre geheilt«, sagte Holger 2.
Wieder die Stimme aus dem Megafon.
»Hier spricht die Polizei! Wenn sich jemand in diesem Gebäude befindet, geben Sie sich zu erkennen! Die Einfahrt ist blockiert, wir ziehen in Erwägung, das Gebäude zu stürmen. Wir haben einen Anruf
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