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Die Anatomie des Todes

Die Anatomie des Todes

Titel: Die Anatomie des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Katz Krefeld
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entfernte sich von dem Toten und den Männern. Stig warf ihr einen fragenden Blick zu.
    Â»Willst du gehen?«
    Â»Ja.«
    Â»Alles okay mit dir?«
    Maja nickte. »Wir sehen uns am Auto.«
    Â»Das wird noch ein bisschen dauern«, entgegnete Stig und widmete Blindheim wieder seine volle Aufmerksamkeit.

    Der Kommissar beugte sich immer noch über den Toten und wühlte in den Taschen der aufgeweichten Lederweste. Maja wusste, dass Stig nicht lockerlassen würde, ehe er nicht sein Interview mit Blindheim geführt hatte. Ein Interview, das genauso unergiebig sein würde wie all die anderen Interviews mit dem Kommissar.
    Â 
    Sie folgte dem Kiesweg in Richtung Auto. Schon nach wenigen Minuten schien es ihr so, als gäbe es nur noch sie und den Fluss. Als beäugten sie einander, ehe sie versuchte, ihm sein Geheimnis zu entreißen; ehe sie die Spuren entdeckte, die bewiesen, dass ein Mann, der in Verbindung zu den Vorgängen im Heringsviertel stand, nur mit Socken an den Füßen im Fluss sein Ende gefunden hatte.
    Das Brummen eines Motors riss sie aus ihren Gedanken. Es war ein tiefes, dunkles V8-Dröhnen, das ihr durch Mark und Bein ging. In der nächsten Sekunde sah sie auf der Kuppe eines Hügels einen großen, dunklen Van. Panisch sprang sie zur Seite. Als das Fahrzeug noch fünfzehn bis zwanzig Meter von ihr entfernt war, sah sie, dass es nicht der schwarze Lincoln Navigator war. Der Wagen war dunkelblau, vielleicht ein Chevy? Es war auch weniger die Automarke als der Fahrer des Wagens, der ihre Aufmerksamkeit erregte, als er mit unvermindertem Tempo an ihr vorbeidonnerte. Er war allgemein für seine Jagdleidenschaft bekannt, und der Anblick, der ihn am Flussufer erwartete, würde ihn sicher nicht enttäuschen. Vielmehr würde Joseph Linz hochzufrieden sein.
    Die Anwesenheit des Chefpathologen machte mehr als deutlich, dass Blindheim weiterhin bestrebt war, weder Kripos noch andere nationale Einsatzkräfte in die Vorfälle einzuweihen. Solange er die Todesfälle getrennt voneinander behandelte, gab es offiziell keinen Fall. Maja setzte ihren Weg am Flussufer fort und erreichte schließlich die
erste der Fangzonen. Sie schaute sich um. Hier gab es genug Platz, um bequem vom Ufer aus zu angeln, weder Bäume noch andere Hindernisse konnten einen wagemutigen Sportangler dazu verleiten, zu dicht ans Wasser heranzugehen. Und selbst wenn man an dieser Stelle versehentlich ins Wasser stürzte, sollte es möglich sein, sich mit Hilfe der Steine, die sich in unmittelbarer Nähe des Ufers befanden, an Land zu retten.
    Auf dem Fluss trieben herabgefallene Äste vorbei. Die starke Strömung schien den Weg jedes Einzelnen von ihnen vorherbestimmt zu haben. Selbst von der Fangzone aus, die am höchsten lag, würde man nicht zu den Steinen abgetrieben werden, an denen die Leiche lag. Wenn man hier ins Wasser fiel, würde man höchstens ein paar Meter weit vom Ufer wegtreiben, aber nicht in die Mitte des Flusses gelangen. Es musste weiter oben geschehen sein, im Bereich des Deltas, an dem sich der Fluss teilte.
    Eine Viertelstunde später ließ sie ihren Blick erneut über das große Delta mit seinen reißenden Nebenflüssen schweifen. Es war kaum möglich, sich nicht von der Gewalt der Natur in Bann ziehen zu lassen. Es war ein wildes und gefährliches Gebiet, in dem selbst die Vögel davor zurückscheuten, sich in die Baumkronen zu setzen. Ein Gebiet, das man nicht freiwillig betrat und das für Sportangler uninteressant war. An dieser Stelle aber entschied sich, welchen Weg das Treibgut nahm. Das feinmaschige Netz der verschiedenen Wasserwege war kaum zu überblicken, doch war es fraglos bemerkenswert, wie schwer man von hier aus zum Fluss gelangte. Das Terrain zwischen dem Kiesweg und dem Ufer war von dichtem Gestrüpp überwuchert, das sich erst lichtete, wenn man die Tannen in der Fangzone erreichte. Was bedeutete, dass der Mann viel weiter oben in den Fluss gefallen sein musste, möglicherweise sogar am Fuß des Jættewasserfalls.

    Â 
    Der Polizist hielt immer noch sein Funkgerät in der Hand. Maja grüßte ihn, als sie vorbeiging.
    Â»Sie haben die Leiche geborgen«, sagte er.
    Maja nickte bloß und setzte ihren Weg fort. Wie mochte der Tote nur hierhergekommen sein? Auf dem Parkplatz waren ihr keine abgestellten Autos aufgefallen. Und da der nächste Ort zu weit entfernt war, um ihn zu Fuß

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