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Die Anatomie des Todes

Die Anatomie des Todes

Titel: Die Anatomie des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Katz Krefeld
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Minuten später waren sie zur Quelle des Jætteflusses unterwegs. Auf der Rückbank des Reportagewagens saß Stigs fester Kameramann Gustav P., den sie in der Tollbogata abgeholt hatten. Gustav erinnerte in seinem schlaftrunkenen Zustand an ein Mammut, das gerade aus dem Inlandeis aufgetaut war. Er hatte immer noch nicht gefragt, wer Maja war, sondern unter seinem Vollbart nur ein dumpfes Brummen von sich gegeben, als er sich schwer auf den Sitz fallen ließ.
    Sie fuhren am brausenden Jættewasserfall vorbei und erreichten den schmalen Kiesweg, der zum Fluss führte. Doch ein querstehender Polizeiwagen hinderte sie an der Weiterfahrt. Stig sprach mit dem Beamten, der sich gegen den Kühler seines Wagens lehnte. Der junge Beamte schien ziemlich sauer darüber, dass man ihn abkommandiert hatte, um auf einem öden Kiesweg, weitab vom Fundort, als Straßensperre zu fungieren. Jedenfalls waren Stigs Überredungsversuche, sie passieren zu lassen, nicht von Erfolg gekrönt.
    Â»Sind schon genug Fahrzeuge da unten.«
    Â»An welcher Stelle wurde die Leiche denn gefunden?«, fragte Stig.
    Â»In Fangzone sieben. Wenn die Strömung sie nicht inzwischen fortgerissen hat.«
    Â»Haben sie denn die Leiche noch nicht aus dem Wasser gezogen?«
    Der Beamte schüttelte den Kopf. »Sie hat sich mitten im Fluss zwischen den Steinen verkeilt. Man hat versucht, sie zu bergen, aber die Strömung ist zu stark.«

    Â»Und was soll jetzt passieren?«
    Â»Wir warten auf eine Drehleiter.«
    Â»Und die soll hier durchkommen?«, fragte Stig ungläubig. »Wie weit ist Zone sieben entfernt?«
    Â»Drei, vier Kilometer«, antwortete der Beamte gähnend.
    Stig seufzte und legte den Rückwärtsgang ein. Er parkte zwischen den anderen Fahrzeugen auf dem Platz gegenüber dem Wasserfall und öffnete die Tür. Gustav wachte erst auf, als Maja und Stig ausstiegen.
    Â»Willst du etwa da runtergehen?«, fragte er blinzelnd.
    Â»Wir können ja warten, bis uns jemand mitnimmt«, entgegnete Stig.
    Um weitere Proteste zu vermeiden, nahm er selbst die Kameratasche.
    Sie gingen dem Kiesweg entgegen, während es in ihren Ohren dröhnte. Maja legte den Kopf in den Nacken und blickte den Wasserfall hinauf. Die Sonnenstrahlen brachen sich an der oberen Kante und ließen glitzernde Perlen in der Gischt aufblitzen. Aus der Ferne betrachtet hätte man glauben können, das Wasser stürze in Zeitlupe herab. Hier war es schöner als je zuvor, und Maja dachte, dass es schlimmere Orte geben konnte, um zu sterben.
    Stig stapfte zur Fangzone voraus. Hinter der schmalen Linie der Bäume, die den Kiesweg vom Fluss trennte, hatte das schäumende Wasser eine rasende Geschwindigkeit. Zwischen den Bäumen schimmerten Schaumkronen hindurch, während das konstante Donnern von der hier entfesselten Urgewalt zeugte.
    Nach knapp einem Kilometer führte der Weg bis zum Fluss hinab, der sich in Form eines Deltas in mehrere Arme teilte. Doch die kleinen Inseln, die sie verengten, erhöhten nur den Druck der Wassermassen, die sich spritzend und schäumend ihren Weg an Bäumen und Klippen vorbeibahnten.

    Â»Hoffentlich sind wir gleich da!«, stieß Gustav, der ein wenig ins Hintertreffen geraten war, erschöpft aus.
    Nachdem sie die Fangzonen zwei und drei passiert hatten, die beide durch einen Pfahl am Wegesrand markiert waren, vereinten sich die Arme wieder zu einem einzigen Strom. An dieser breiten Passage schien das Wasser auf den ersten Blick etwas ruhiger zu fließen, doch wenn etwas Treibgut vorbeischoss, dann stellte der Jættefluss seine enormen Kräfte unter Beweis.
    Schon von weitem sahen sie mehrere Autos und eine Gruppe von Menschen, die sich am Ufer versammelt hatte. Neben zwei Streifenwagen erkannten sie ein Einsatzfahrzeug der Feuerwehr, einen Krankenwagen sowie drei fast identische Pick-ups, die den umstehenden Sportanglern gehörten. Als sie sich näherten, entdeckte Maja Kommissar Blindheim, der über den Fluss blickte und eine Pfeife paffte. Er stand ein Stück abseits von den neugierigen Anglern und Presseleuten. Zwei uniformierte Beamte sorgten dafür, dass sie dem Ufer nicht zu nahe kamen. Es schien eine gedrückte Stimmung unter den Anglern zu herrschen, die darüber diskutierten, wer von ihnen sein Hobby mit dem Leben bezahlt hatte.
    Stig gab Gustav die Kameratasche und forderte ihn auf, ihm zu der Menge zu folgen. Maja blieb

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