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Die Anatomie des Todes

Die Anatomie des Todes

Titel: Die Anatomie des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Katz Krefeld
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aufbewahrt wurden. Maja setzte sich an den Schreibtisch und blätterte sie kurz durch. Lilleengens Drogenmissbrauch zog sich wie ein roter Faden durch seine Akte. Dennoch war sie äußerst erstaunt über die Eintragung auf der letzten Seite.
    Maja suchte nach Blindheims Visitenkarte und fand sie zwischen zwei Offshore-Attesten. Sie wiegte die Karte zwischen ihren Fingern. »Arne Blindheim, Kriminalkommissar« stand dort neben dem Emblem der Polizei.
    Vielleicht sollte sie sich auch endlich Visitenkarten drucken lassen: »Maja B. Holm, Neurotische Ärztin« – in goldener Schrift auf rosa Grund.
    Sie streckte die Hand nach dem Telefon aus. In diesem Moment klopfte es an der Tür, worauf der erste Patient des Tages das Behandlungszimmer betrat. Das Gespräch mit Blindheim musste warten.

6
    Der strömende Regen löste am Abend die Pfützen mit Schneematsch auf, die auf dem Parkplatz standen. Maja schluckte zwei Duralgin und drei Ma-Huang-Kapseln, ehe sie die Durchwahl von Kommissar Blindheim wählte. Die Ma-Huang-Kapseln beschleunigten ihren Herzschlag, sodass sie ziemlich kurzatmig klang, als sie ihren Namen nannte.
    Blindheims schroffe Stimme brachte sie sofort zu sich. »Wie geht es Ihrem Kopf?«
    Â»Danke, den Umständen entsprechend ganz gut.« Sie erwähnte nicht, dass sie wegen der Gehirnerschütterung immer noch an Übelkeit litt und ständig den Verband wechseln musste, weil die Wunde nässte.
    Â»Rufen Sie wegen des Einbruchs an?«, fragte Blindheim.
    Â»Eigentlich nicht. Gibt es irgendwelche neuen Erkenntnisse?« Eigentlich fragte sie nur aus Höflichkeit.
    Blindheim brummte. »Wir werten immer noch die Fingerabdrücke aus.«
    Â»Im Grunde«, sagte sie, »rufe ich wegen eines anderen Sachverhalts an.« Sie betonte das Wort Sachverhalt, um sich einer bürokratischen Sprache zu bedienen.
    Â»Welcher Sachverhalt?«
    Â»Während ich hier aufgeräumt habe, bin ich auf die Patientenakte von Jo Lilleengen gestoßen. Sie wissen schon, der an einer Überdosis …«
    Â»Ich weiß, wer Jo Lilleengen ist.«
    Â»Vor gut drei Jahren hatte er sich freiwillig in Behandlung begeben. In den insgesamt zwölf Einträgen über ihn findet sich nichts, das auf einen Rückfall schließen lässt.«

    Â»Aha …«
    Â»Finden Sie das nicht auch merkwürdig?«
    Â»In welcher Hinsicht?«
    Â»In der Hinsicht, dass Jo Lilleengen anscheinend schon seit längerer Zeit nicht mehr drogenabhängig war und trotzdem an einer Überdosis gestorben ist.«
    Am anderen Ende der Leitung war es still, ehe Blindheim fragte: »Könnten Sie mir die Unterlagen faxen?«
    Sie war sich nicht sicher, wie es in diesem Fall um ihre ärztliche Schweigepflicht bestellt war, nahm aber an, dass sie dazu verpflichtet war, ihren Teil zur Aufklärung beizutragen.
    Â»Wie ist Ihre Faxnummer?«
    Blindheim gab ihr die Nummer und bedankte sich für die Mühe.
    Nachdem sie die acht A4-Seiten gefaxt hatte, die Lilleengens Patientenakte ausmachten, war ihre Laune sprunghaft gestiegen. Vielleicht war der Einbruch ja doch zu etwas nütze gewesen. Denn bald würde sie weiterziehen, und ihr Nachfolger hätte die Akte sicher unbesehen ins externe Archiv befördert.
    Â 
    Maja saß zu Hause und kämpfte mit den letzten Rechnungen, die sie noch einreichen wollte. Im Hintergrund liefen die Lokalnachrichten im Fernsehen, doch erst als das Ärztehaus auf der Mattscheibe erschien, widmete sie dem Bericht ihre volle Aufmerksamkeit. In Zusammenhang mit dem Einbruch wurde von »Beschaffungskriminalität« gesprochen. Der Journalist beklagte sich darüber, dass es leider nicht möglich gewesen sei, der betroffenen Ärztin einen persönlichen Kommentar zu entlocken. Maja lächelte. Viele Menschen wurden heute für fünfzehn Minuten berühmt. In ihrem Fall waren es allenfalls fünfzehn Sekunden. Ansonsten handelte die Reportage von den zunehmenden Drogenproblemen der Stadt im Allgemeinen. Jetzt war der
Journalist vor dem niedrigen, roten Gebäude zu sehen, in dem das Polizeirevier untergebracht war, und ließ die Verbrechen der letzten Woche Revue passieren. Der Täter, der für den Einbruch ins Ärztehaus verantwortlich sei, habe leider noch nicht gefasst werden können, fuhr er fort und drehte sich elegant herum, sodass die Kamera plötzlich auf Kommissar Blindheim gerichtet war.

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