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Die Anatomie des Todes

Die Anatomie des Todes

Titel: Die Anatomie des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Katz Krefeld
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ziemlich heruntergekommen …«

    Â»Was hat er gesagt?« Sie nahm das Handy in die andere Hand.
    Â»Offenbar sind sie eine Zeit lang gemeinsam in Stavanger zu den Anonymen Drogenabhängigen gegangen.«
    Â»Wann war das?«
    Â»Vor mehreren Jahren, glaube ich. Das ist nicht so wichtig. Aber ich habe bei der Organisation nachgefragt, ob ihnen der Name Jo Lilleengen etwas sagt.«
    Maja war von seinem Engagement beeindruckt. »Und, was haben Sie geantwortet?«
    Â»Zunächst nicht viel. Eine Gruppenleiterin namens Ulla hat mir erst mal einen langen Vortrag über ihre Schweigepflicht gehalten.«
    Â»Sonst würden sie auch den Namen ihrer Organisation ad absurdum führen«, entgegnete Maja.
    Sie hörte ihn leise lachen. »Stimmt! Aber so schnell wollte ich mich nicht geschlagen geben. Also habe ich mir bei der Organisation einen Satz von ihren Schlüsselringen besorgt, was übrigens ein ziemlich teures Vergnügen war.«
    Â»Und dann?« Sie musste unausgesetzt lächeln.
    Â»Dann habe ich dieser Ulla in Stavanger einen Besuch abgestattet.«
    Â»Wollte sie mit dir reden?«
    Â»Aber ja, nachdem ich mich als guter Freund von Jo vorgestellt hatte, der es nicht fassen konnte, dass sein alter Kumpel plötzlich nicht mehr da war.«
    Â»Und das hat sie dir abgenommen?«
    Â»Mag sein, dass sie am Anfang etwas skeptisch war. Aber nachdem wir ein paar Sätze gewechselt hatten, habe ich beiläufig meinen Schlüsselbund mit den AD-Schlüsselringen auf den Tisch gelegt. Das hat den Ausschlag gegeben.«
    Â»Du bist ja wirklich mit allen Wassern gewaschen.«
    Â»Heißt das, du willst den Rest der Geschichte auch noch hören?«

    Â»Komm schon, spann mich nicht länger auf die Folter!«
    Â»Ulla zufolge war die Selbsthilfegruppe für Jo von unschätzbarer Bedeutung. Am Ende war er nicht nur clean, sondern hat auch eine Ausbildung begonnen.«
    Â»Was für eine?«
    Â»Das waren wohl erst mal einzelne Fächer an der Abendschule, doch er hatte große Pläne, wollte Sozialarbeiter werden.«
    Maja hätte fast die Ausfahrt in Richtung Stadt verpasst. Sie scherte aus und schob sich im letzten Moment vor einen LKW, der gleichzeitig hupte und sie mit seinen Scheinwerfern anblitzte. Sie drehte den Rückspiegel zur Seite, damit sie nicht geblendet wurde.
    Â»Bist du noch da?«, fragte Stig.
    Â»Ja, ja, er wollte also Sozialarbeiter werden. Damit ist ein Rückfall ebenso unwahrscheinlich wie Selbstmord, meinst du nicht auch?«
    Â»Sieht so aus. Aber rate mal, wer noch zu diesen Treffen der Anonymen Drogenabhängigen ging?«
    Â»Keine Ahnung.«
    Â»Ã˜ivind Munkejord.«
    Â»Interessant. Weißt du, für wen er jetzt arbeitet?«
    Â»Nee, aber das kriegen wir schon raus. Auch wenn die Liste von Contracting-Firmen, die infrage kommen, ziemlich lang sein dürfte.«
    Â»Was für Firmen?«
    Â»Contracting. Das sind Firmen, die Arbeiter für die Ölindustrie vermitteln.«
    Sie verabredeten, in den nächsten Tagen miteinander zu telefonieren. Nachdem sie das Handy wieder auf den Beifahrersitz gelegt hatte, kam es ihr im Auto merkwürdig leer vor. Ihr war zum Lachen zumute. Zum ersten Mal seit langer Zeit.

    Â 
    Aus Eigil Kvams Wohnung dröhnte der Fernseher und übertönte glücklicherweise Majas Schritte, während sie die Treppe hinaufschlich.
    Nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, warf sie den Kapuzenpulli über die nächste Stuhllehne und schaute sich um. Zum ersten Mal wurde ihr wirklich bewusst, wie ärmlich dieser Ort war, an dem sie seit über einem Monat lebte. Am Anfang hatte sie nur registriert, dass es hier ein Bett zum Schlafen und ein Bad zum Waschen gab. Die Wohnung hätte wie eine Gefängniszelle oder wie die Präsidentensuite eines Nobelhotels aussehen können – sie hätte es nicht bemerkt. Auch wäre sie nicht in der Lage, die verschiedenen Wohnungen zu beschreiben, in denen sie seit ihrem Weggang aus Kopenhagen gewohnt hatte. Es waren nichts als Fragmente, die sie im Gedächtnis behalten hatte: die Hessiantapete in VikÃ¥s, ein grünes Waschbecken in Lilleby, ein ramponierter Korbstuhl in Holsted, das Graffiti in … ach nein, das war in Jos Wohnung gewesen.
    An welches Detail dieser Wohnung würde sie sich später erinnern? Vielleicht an das Bücherregal. Es sah aus, als wäre es von Montana, war aber

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