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Die Anatomie des Todes

Die Anatomie des Todes

Titel: Die Anatomie des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Katz Krefeld
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und wurde von Panik gepackt. Sie stieß gegen die Stereoanlage, die krachend zu Boden fiel. Wich ein paar Schritte zurück und stolperte über das umgestürzte Sofa. Sie spürte, dass sich der Stoff ihres Rocks mit einer Flüssigkeit vollsog. Sie schnappte nach Luft. Ihr linker Arm und ein Großteil ihres Rocks waren mit Blut verschmiert. Der Holzfußboden um sie herum war mit blutigen Fußabdrücken verziert, als hätte sie einen makabren Tanz aufgeführt. Sie stützte sich am umgeworfenen Sofa ab und versuchte wieder auf die Beine zu kommen. Ihre glatten Stiefel boten dem Blut keinen Widerstand. Sie griff um eines der Sofabeine, das in die Luft ragte. Als sie endlich wieder aufrecht stand, sah sie sich entsetzt im Raum um. Regale, Couchtisch, Sessel, alles war umgeworfen und voller Blut. Verzweifelte Hände hatten ihre Spuren hinterlassen. Lange Streifen und Kleckse getrockneten Bluts zogen sich über eine ganze Wand, als handle es sich um einen absurden Rorschachtest. Im hintersten Winkel des Zimmers sah sie eine zusammengesunkene Gestalt.
    Zögernd trat sie näher. Schlängelte sich an den blutverschmierten Möbeln vorbei und vermied es, in die große Blutlache in der Mitte des Zimmers zu treten.
    Sie beugte sich über den leblosen Körper. Wären sein Holzfällerhemd und seine Kansashose nicht gewesen, die er stets trug, hätte sie ihn fast nicht wiedererkannt. Sie schluckte, während Übelkeit in ihr aufstieg.
    Mehrere tiefe Schnittwunden liefen kreuz und quer über sein Gesicht. Die tiefste erstreckte sich bis zu der klaffenden Höhle, in der vorher sein linkes Auge gewesen war. Die zahlreichen Schnitte hatten seine vertrauten Züge ausgelöscht und nichts als eine blutige, aufgedunsene Masse rohen
Fleisches zurückgelassen. Sie betrachtete sein durchlöchertes Hemd. Die meisten Stiche hatten der Bauchregion gegolten. Ein anderer Hieb schien den rechten Lungenflügel verletzt zu haben. Er hatte zweifellos noch lange gelebt. Auch die tiefen Einschnitte an seinen Händen entgingen ihr nicht. Seiner rechten Hand fehlten Ringfinger und kleiner Finger. An der linken Hand hing der Daumen lose herab. Kvam hatte sich offenbar verteidigt und verzweifelt versucht, dem Messer auszuweichen. Es sah so aus, als hätte ein riesiges Raubtier seine Pranken in ihn geschlagen. Routinegemäß versuchte Maja seine Halsschlagader zu ertasten. Als sie den Druck ihrer Finger verstärkte, trat Schaum aus seinen Mundwinkeln.
    Ihre Beine begannen zu zittern, und sie musste sich an der Wand abstützen.

13
    Im Aufenthaltsraum des Polizeireviers roch es nach abgestandenem Kaffee und Reinigungsmittel.
    Â»Standen Sie in persönlichem Kontakt zu dem Toten?«
    Maja warf dem jungen Beamten einen missbilligenden Blick zu, der sich als Kriminalassistent Tore irgendwas vorgestellt hatte. Den Nachnamen hatte sie schon vergessen. Tore war ungewöhnlich blass, fast durchscheinend. Entweder war er es gewesen, der in ihrem Behandlungszimmer die Fingerabdrücke gesichert hatte, oder er musste einen Zwillingsbruder haben.
    Â»Beantworten Sie bitte die Frage«, forderte er sie auf.
    Â»Ich habe ihn erwischt, wie er an meiner Unterhose geschnüffelt hat.«
    Der Beamte unterließ es, diese Bemerkung zu notieren.
    Â»Glauben Sie nicht, dass Sie inzwischen alles wissen, was Sie wissen müssen?«
    Tore soundso schaute sie verblüfft an. »Es ist wichtig, dass uns keine Details entgehen.«
    Doch sie hatte das Gefühl, dass sie beide nur darauf warteten, dass Kommissar Blindheim auf dem Revier eintraf und die Sache übernahm.
    Â»Vielleicht sollten wir den Ablauf noch mal durchgehen«, sagte er wie zu sich selbst.
    Maja lehnte sich erschöpft zurück. Dort, wo das Blut an ihrem Rock getrocknet war, kratzte er an ihrem Oberschenkel. Hemd und Jacke waren völlig verschmutzt gewesen. Eine hilfsbereite Polizistin hatte ihr die Sachen abgenommen und ein Bad gezeigt, in dem sie sich provisorisch waschen
konnte. Sie hatte sogar ein frisches T-Shirt für Maja aufgetrieben.
    Maja hatte zu sehr unter Schock gestanden, um von Kvams Wohnung aus zu sich nach oben zu gehen und sich umzuziehen. Stattdessen war sie einfach aus dem Haus gelaufen, hatte sich auf den Bürgersteig gesetzt und mit den Füßen im Rinnstein die Polizei angerufen. Es war Blindheims Anordnung gewesen, sie abzuholen. Sie war dem Beamten gefolgt wie ein kleines

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