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Die Anatomie des Todes

Die Anatomie des Todes

Titel: Die Anatomie des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Katz Krefeld
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Kind – so wie damals, als sie im Kaufhaus ihre Mutter aus den Augen verloren hatte. Obwohl ihr eingeschärft worden war, niemals mit Fremden mitzugehen, war sie ohne zu zögern dem Mann gefolgt, der sie schließlich in der Chefetage abgeliefert hatte.
    Jetzt hatte sie schon über eine Stunde auf dem Revier verbracht, und genauso wie damals im Kaufhaus war ihr etwas zur Stärkung angeboten worden. Als Kind hatte sie sich für ein Softeis entschieden, doch jetzt weigerte sich Tore, einen Korkenzieher für ihren Chablis zu holen. Stattdessen hatte sie eine Tasse Tee und ein Glas Wasser für ihre Medizin bekommen, die sie hier auf dem Revier vorsichtshalber nur als ihre »Benzos« bezeichnete.
    Das charakteristische Geräusch von Blindheims Cowboystiefeln war schon zu hören, bevor er zur Tür hereinkam. Er zog immer noch das Bein nach.
    Â»Sind Sie okay?«, war seine erste Frage.
    Maja zuckte die Schultern. »Geht schon.«
    Â»Das muss ein großer Schock für Sie gewesen sein.«
    Blindheim nahm sich einen Stuhl und setzte sich ihr auf der anderen Seite des ellipsenförmigen Tisches gegenüber.
    Â»Ja, es war schrecklich.«
    Â»Warum sind Sie zu ihm in die Wohnung gegangen? Haben Sie ein Geräusch gehört?«
    Und schon beginnt das nächste Verhör, dachte sie. Tore
schob Blindheim eifrig seine Notizen zu, der jedoch kein Interesse an ihnen zu haben schien.
    Â»Mach doch mal frischen Kaffee, Tore.«
    Es bestand kein Zweifel, wer hier das Sagen hatte.
    Während Tore den Raum verließ, begann Maja mit ihrer Zeugenaussage. Blindheim ließ sie einfach reden, ohne zu unterbrechen. Erst ganz am Ende stellte er eine einzige Frage: »Wann haben Sie zum ersten Mal bemerkt, dass die Tür offen stand?«
    Â»Wie meinen Sie das?«
    Â»Ihrer Aussage nach betraten Sie die Wohnung Ihres Nachbarn, nachdem Sie bemerkt hatten, dass die Tür offen stand.«
    Maja nickte.
    Â»War die Tür noch verschlossen, als Sie das erste Mal an ihr vorbeigingen, ich meine, als Sie von der Arbeit nach Hause kamen?«
    Daran konnte sie sich nicht erinnern. Außerdem sah man die Tür am besten, wenn man die Treppe herunterkam, nicht umgekehrt. Sie versuchte, Blindheim die Lage der Tür zu erklären.
    Â»Sie können es also nicht mit Sicherheit sagen?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    Das Verhör, falls man es so bezeichnen konnte, war beendet.
    Â»Soll Sie jemand von uns nach Hause fahren?«, fragte Blindheim.
    Â»Nein, danke. Ich komme schon zurecht.« In Wahrheit wusste sie nicht, ob sie überhaupt nach Hause wollte. Sie hatte ihr Portemonnaie und damit auch ihre Kreditkarten dabei. Sie konnte auch ein Taxi zum Flughafen nehmen und in die erstbeste Maschine steigen.
    Blindheim schaute an ihr herunter. »Ich muss Sie bitten, uns auch Ihren Rock zu überlassen.«

    Â»Bitte?«
    Blindheim errötete leicht. »Morgen natürlich. Wir werden Ihre Kleider im Labor untersuchen lassen. Dann wissen wir, ob das Blut daran nur vom Opfer oder auch vom Täter stammt.«
    Â»Ich werde Ihnen den Rock so bald wie möglich zukommen lassen«, entgegnete sie und stand auf.
    Â»Wie war Ihr Besuch beim Facharzt?«, fragte sie ihn, als sie schon vor der Tür stand.
    Â»Die werden einige Tests mit mir durchführen.«
    Maja schaute ihn überrascht an. »Haben Sie immer noch Schmerzen?«
    Er nickte. »Hin und wieder.«
    Â»Es ist immer gut, so etwas gleich abklären zu lassen.« Der Satz hatte aufmunternd klingen sollen. Doch sein Gesicht, das sich wie die Haut einer Bulldogge in Falten gelegt hatte, verriet, dass er bedrückt war.
    Â»Ja, das ist sicher richtig.«
    Â 
    Erst als sie Stig unten am Empfang erregt diskutieren sah, fiel ihr wieder ihre Verabredung ein. Seiner Gestik und Tonlage nach zu urteilen schäumte er vor Wut – was den Beamten, der mit verschränkten Armen hinter dem Schalter saß, aber nicht im Geringsten zu beeindrucken schien.
    Â»Was fällt Ihnen ein, eine unschuldige Frau hier stundenlang festzuhalten?«
    Â»Hallo, Stig.«
    Er fuhr herum.
    Â»Maja? Bist du okay?«
    Â»Ja, ja. Entschuldige bitte, dass ich nicht angerufen habe.«
    Â»Ist schon in Ordnung. Komm, wir gehen!«
    Stig warf dem Beamten noch einen vernichtenden Blick zu, ehe er Maja zum Ausgang begleitete.

    Â»Bist du sicher, dass du okay bist?«
    Sie lächelte. »Ich bin nur müde.«
    Â»Das

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