Die andere Seite des Glücks
im Pyjama nach draußen, wo ich es wie einen Baseballschläger schwang, als trainierte ich für meinen Auftritt als Schlagmann. Ich ging zu Joes Pick-up, seiner geliebten Grünen Hornisse, stellte mich breitbeinig daneben und schwang das Stativ mit großer Wucht. Es ging krachend auf der Windschutzscheibe nieder, die in tausend Stücke zerbarst.
30. Kapitel
Was hatte ich von Paige erwartet? Überschwängliche Dankbarkeit? Vergebung? Eine gewisse Bereitschaft, eine annehmbare Lösung für uns beide zu finden? Ja, ja, ja! Gegenüber Gwen Alterman hatte ich gesagt, dass Paige nicht aus Annies und Zachs Leben ausgeschlossen werden sollte, und geglaubt, Paige würde genauso denken, was mich betraf. Ich hatte sie irrtümlich für die Frau gehalten, die vor drei Jahren die Briefe geschrieben hatte – eine verzweifelte, verletzliche, von Schmerz verzehrte Mutter. Doch selbst Lizzie hatte bemerkt, dass es eine alte Paige gab und nun diese neue, die glaubte, dass alle Dinge einen bestimmten Platz hatten, und deshalb überzeugt war, dass Annie und Zach in ihr Haus gehörten. Da durfte mein persönliches Chi natürlich nicht mit durch die Tür flattern oder durch die Telefonleitung kriechen. Sie hatte gegen das Durcheinander, das ich als Stiefmutter zwangsläufig verursachen würde, umgehend Maßnahmen ergriffen.
Ich rief Gwen an, die mir riet, zu warten, bis der aufgewirbelte Staub sich wieder gelegt hatte. Ich konnte mir allerdings nicht vorstellen, dass bei Paige überhaupt irgendein Staubkörnchen herumflog. Gwen erinnerte mich zudem daran, dass ich immer noch Paiges Erlaubnis dafür brauchte, die Kinder in einem Monat besuchen zu dürfen. Falls sie sie mir verweigerte, wäre das eine Missachtung des Gerichts, und dann hätten wir allen Grund zum Handeln.
»In einem Monat?«, stieß ich hervor. »In einem Monat darf ich sie für zwei Tage sehen? Heute ist Annies siebter Geburtstag, und ich durfte nicht einmal mit ihr sprechen!«
»Das ist sicherlich nicht fair. Aber mir scheint, dass Paige einen wirklich holprigen Start hat. Machen Sie sich Notizen von allen Unterhaltungen, aber lassen Sie sie in Ruhe und drangsalieren Sie sie nicht. Das Blatt könnte sich bald zu unseren Gunsten wenden, Sie müssen einfach nur Geduld haben.«
Am Abend kam Lucy. Sie hatte mit ihrem Schlüssel die Haustür aufgeschlossen und stand jetzt im Kinderzimmer, wo ich inmitten ordentlich aufgereihter Stofftiere und Puppen auf dem Boden saß und ein Teekränzchen abhielt. Ich hatte Annie Geschenke in ihren Koffer gepackt und hielt es kaum aus, ihr beim Öffnen nicht zusehen zu können und ihr den Karottenkuchen, den sie so liebte, nicht backen zu dürfen.
Ich band Callie eine Haube um den Kopf, wie Annie das manchmal getan hatte, und drückte immer wieder den Sprechknopf von Captain Buzz Lightyear, der nonstop »Bis zur Unendlichkeit und noch viel weiter!« wiederholte. Lucy betrachtete sich kurz das Szenario und ging dann wortlos in die Küche. Sie kam mit einer offenen Flasche Petite Sirah zurück und schenkte zwei weißrosa Teetassen von Annies Spielgeschirr voll. »Tut mir leid, Elmo, aber du bist noch nicht volljährig«, sagte sie. Dann sah sie mich an. »Wir brauchen ewig, um uns auf diese Weise zu betrinken.« Sie hielt mir ihre Tasse zum Anstoßen hin. »Ella, meine Güte, Liebes, deine Augen. Du siehst echt beschissen aus.«
Ich schüttelte den Kopf. Sie nahm mich in die Arme, streichelte meinen Rücken. »Ich weiß, El, ich weiß.« Kurz darauf zogen wir auf die hintere Veranda um und tauschten unsere Spielzeugtassen gegen Weingläser aus. Sie wollte, dass ich etwas esse, doch ich bekam einfach nichts runter. Stattdessen schnorrte ich Zigaretten von ihr, und zum ersten Mal in meinem Leben rauchte ich ohne jedes Schuldgefühl und Bedauern.
Lucy deutete vorsichtig an, dass ich vielleicht die Antidepressiva nehmen sollte, die Dr. Boyle mir verschrieben hatte. Ich schüttelte den Kopf und lehnte auch ihr Angebot ab, mehr Wein zu trinken. Ich musste das jetzt fühlen, auch wenn es noch so schmerzte.
Sie bot an, am nächsten Tag wiederzukommen, doch ich sagte, ich wolle erst einmal allein sein, was sie widerwillig akzeptierte.
Da ich jetzt sicher sein konnte, dass niemand – wirklich niemand – vorbeikommen würde, holte ich die Pappkartons, die ich vom Laden in die Garage gebracht hatte, ins Haus. Die mit den Fotos von Annie, Zach, Joe und Paige und den vielen Verwandten der Capozzis. Ich wollte mir die alten Kinderfotos ansehen,
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