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Die andere Seite des Glücks

Die andere Seite des Glücks

Titel: Die andere Seite des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seré Prince Halverson
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Terpentin und starrte auf seine Schuhe. »Ich hatte – habe – zwei Töchter.«
    »Wirklich?«
    Er nickte. »Als meine Frau wegging, war ich unheimlich wütend, und sie war unheimlich wütend. Sie ist nach Florida gezogen, und es gibt für mich keine schlimmere Gegend, höchstens vielleicht …« Er sah auf und schenkte mir ein kleines Lächeln. »Las Vegas. Also bin ich hier geblieben, und sie hat schlecht über mich geredet, und so sind die Mädchen ohne mich aufgewachsen. Und das finde ich furchtbar, es treibt mir fast jeden Tag Tränen in die Augen. Ich liebe diese Gegend hier, Sie wissen das, aber ich hab mich wie ein Faultier verhalten und wünschte, ich wär ein Vogel gewesen.«
    Ich nickte und nickte, während ich versuchte, mir den schüchternen Clem in einem Haus voller weiblicher Wesen vorzustellen.
    »Es geht mich nichts an, und ich will Ihnen nicht sagen, was Sie tun sollten. Oder vielleicht doch. Aber ich dachte, falls Sie jemals beschließen … also, ich schenk Ihnen das hier. Und wenn Sie es nicht brauchen, auch gut.«
    »Soll ich den Sack aufmachen?«
    »Ich gehe jetzt. Und dann können Sie ihn aufmachen, wenn Sie wollen. Alles andere wird sich zeigen.« Er wollte mir gerade einen väterlichen Klaps auf die Schulter geben, doch ich umarmte ihn, und dann war er weg.
    Ich öffnete den Sack und blickte auf eine Papierrolle. Ich zog sie heraus und rollte sie auf. Es war eine handgemalte Karte, mehr Ocker- und Brauntöne als Grün, und doch ein richtiges Kunstwerk. Ein Stadtplan von Las Vegas.

31. Kapitel
    Endlich klingelte das Telefon.
Moment, Kinder, ich komme!
Ich rannte auf dem freien Pfad auf dem Boden zurück und hob gerade noch rechtzeitig ab, bevor der Anrufbeantworter ansprang.
    Doch es war David. »Ella? Gott sei Dank gehst du ans Telefon. Hör zu, erinnerst du dich, dass ich gesagt habe,
Real Simple
will eine Geschichte – eine Doppelseite – über dich und den Laden bringen?«
    »Ja, vage … ich dachte, es wäre
Sunset

    »Die vielleicht auch. Aber in
Real Simple
soll es mehr um dich und den Laden gehen, deine ergreifende Geschichte. Egal. Jedenfalls kann ich kaum glauben, dass ich das verschwitzt habe, wir hatten den Termin nämlich letzte Woche ausgemacht, aber dann war so viel los, und sie haben gestern angerufen und eine Nachricht hinterlassen, doch ich hab den Anrufbeantworter im Laden nicht abgehört –«
    »Was hast du verschwitzt?«
    »Sie sind hier.«
    »Hier?«
    »Im Laden. Und sie finden ihn toll, sind total begeistert von jedem Zentimeter. Du musst herkommen, und zwar pronto. Sie wollen dich interviewen und Fotos machen und die – Sag mal, können wir die Kinder für ein oder zwei Tage zurückhaben?«
    »Was?«
    »Ella, hör zu, das musst du hinkriegen. Ich kann dir gar nicht sagen, wie wichtig das ist, was für eine irre Gelegenheit. Wir brauchen das, Ella. Du hast mich überredet, hier einzusteigen, weißt du noch? Ich kann sie nicht länger hinhalten. Ihnen gefällt der Ansatz, eine Frau, die sich von ihrem Kummer nicht unterkriegen lässt, Orangensaft aus frisch gepressten Orangen, vom Lebensmittelladen zum Picknickparadies. Mach das coole Ding mit deinen Haaren. Bis gleich.«
    »David!« Doch er hatte schon aufgelegt. »Mist«, sagte ich. »Mist, Mist, Mist.«
    Ich glaube, ich habe mich niemals schlechter gefühlt. Oder schlechter ausgesehen. Ich sah in den Spiegel. Über meinen Kleidern trug ich noch immer Paiges Morgenmantel. Meine Augen waren geschwollen und meine Haare plattgedrückt wie die lächerliche Kreation eines hippen Stylisten. Zuckerwatte mit Karottengeschmack. Ich bot nicht gerade den Anblick einer starken Frau, die sich von ihrem Kummer nicht unterkriegen lässt.
    Ich wollte mich zu meinen Fotos legen und darauf warten, dass das Telefon klingelt, wollte »Hallo, Mommy« hören. Aber David brauchte mich. Das war das mindeste, was ich tun konnte, nachdem ich allen das Leben schwergemacht hatte. Ich zog mein geblümtes salbeigrünes Kleid an, das Joe so geliebt hatte. »Blumenkind« sagte er zu mir, wenn er mich darin sah. Ich sprenkelte Wasser auf meine karottige Zuckerwatte und zähmte sie mit der hübschen Haarspange, die mir die Kinder zum letzten Muttertag geschenkt hatten. Ich wusch mein Gesicht und trug sogar Make-up auf, legte die Silberohrringe mit den Aquamarinen an.
    Als ich mich von Pfad zu Pfad vorsichtig zwischen den Fotos hindurchbewegte, fiel mein Blick auf Sergios rosa Pass, und ich steckte ihn in die Tasche.
    Der Regen hatte genauso

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