Die andere Seite des Glücks
Zach und für mich auch. Es tut mir so leid. Ich werde mir mehr Mühe geben, wirklich, das verspreche ich. Ich war heute nicht da für dich, aber das wird nie wieder vorkommen. Wir fangen noch einmal neu an, okay?«
Sie nickte, zaghaft wieder, ein Ich-glaub-dir-nicht-ganz-Nicken.
Wie hatte ich das zulassen können? Vielleicht war ich ja gar keine bessere Mutter als Paige, konnte weder für meine Kinder sorgen noch für mich selbst. Wenn ihnen etwas passiert wäre? Während ich am helllichten Montagnachmittag im Bett lag und tief und fest schlief? Ich ging ins Bad und spülte die restlichen Tabletten die Toilette runter.
Als es aufhörte zu regnen, kam die Sonne heraus und überflutete die Veranda. Wir beschlossen, im Fluss baden zu gehen. Beide liebten den Strand, und ich hatte einiges wiedergutzumachen. Annie fuhr auf ihrem Fahrrad, Zach auf seinem Dreirad, und ich ging neben ihnen auf dem mit Tannennadeln bedeckten baumgesäumten Weg hinunter zum Strand, dem Elbow Beach, einem langgestreckten Dreieck aus perfektem Sand bis ins Wasser hinein. Annie zeigte auf das Fischadlernest am anderen Ufer, eine riesige Krone aus Stöckchen auf der Spitze eines großen, toten Baums. »Komm, wir beobachten die Babys.« Aber im Nest blieb es ruhig, es war anscheinend leer, und die Fischadler waren wohl auf dem Weg in den Süden. Wir hatten den ganzen Strand für uns allein, denn die meisten Mütter waren am Morgen aufgestanden und hatten ihre Kinder weggebracht.
Während ich die Decke ausbreitete, zog Zach sein Dreirad durch den weichen Sand bis zur Wasserkante, stieg wieder drauf und trat langsam in die Pedale, bis das Vorderrad im Wasser stand.
»Zach, was machst du da? Hör auf damit, mein Schatz.«
Doch er nahm die Füße nicht von den Pedalen, den Blick weiter aufs Wasser geheftet. Ich ging zu ihm hin und stellte den Fuß vor das Vorderrad.
»Du kannst mit deinem Dreirad nicht in den Fluss fahren. Komm, wir gehen dafür schwimmen.«
Er schüttelte den Kopf, den Blick noch immer aufs Wasser gerichtet.
»Zachosaurus? Was ist denn?«
»Ich fahre wohin.« Er trat fest in die Pedale, so dass das Rad sich ein bisschen im Sand drehte und an meinen Zeh stieß.
»Aua! Zach, wir stellen jetzt dein Dreirad oben an die Brombeersträucher, und ich geh mit dir ins Wasser.«
Er schüttelte den Kopf, sah mich noch immer nicht an. »Ist Daddy da unten? Ich will ihn mit meinem Dreirad besuchen.«
»O mein kleiner Liebling. Nein, Daddy ist nicht im Wasser.«
»Okay, Blödmann« Er sprang vom Rad und legte sich in den Sand.
»Möchtest du über Daddy reden?«
Ohne zu antworten, summte er sein Mhm-hm-Lied, stand auf und schob sein Dreirad zu den Brombeersträuchern. Dann kam er zurückgerannt und umklammerte meine Beine. Als ich ihn fragte, ob das hieße, dass er schwimmen gehen wolle, nickte er.
Für ein Kind, das noch nicht schwimmen konnte, war er im Wasser immer viel zu furchtlos, doch heute blieb er ganz nah bei mir, kletterte auf meinen Arm. Ich wusste, warum, und war froh über sein Vertrauen und die Gelegenheit, Buße zu tun. Mir war traurig ums Herz, aber es schmerzte nicht, drohte nicht stehen zu bleiben und den Dienst zu versagen. Sein regelmäßiger Schlag begleitete die Worte, die ich in Zachs glatten, nassen Rücken flüsterte: »Ich bin hier, mein Liebling, ich bin hier.«
Mit meinem anhänglichen Jungen auf dem Arm überprüfte ich das Wasser unter uns nach scharfkantigem Felsgestein oder anderen verborgenen Objekten, damit Annie vom Kletterseil springen konnte. Auch sie brauchte meine Ermunterung. Ich nickte, und sie sprang, die Arme von sich gestreckt und die Beine locker baumelnd – ein Moment absoluter Freiheit. Lächelnd tauchte sie wieder auf und kam zu mir, um sich loben zu lassen. Ich hob sie hoch und hielt sie nun beide auf den Armen, Federgewichte in dem klaren, kühlen Wasser. In dem Moment streifte etwas meinen Fußknöchel, ein kleiner Zweig, ein hauchzarter Fischschwanz, und gemahnte mich daran, dass ich gerade eine ganze Welt durchwatete, die ich nicht sehen konnte.
18. Kapitel
Auf dem Nachhauseweg machten wir am Laden halt. David bereitete gerade Sandwiches für eine Gruppe von acht Leuten zu. Als er fertig war, kam er heraus, klatschte mich zur Begrüßung ab und setzte sich, während ich die Veranda fegte. Annie sagte: »In Mamas Hotel gab es einen Swimmingpool, aber Zach wollte nicht reingehen.«
»So?«, sagte ich bewusst locker, Annie zuliebe, aber auch meinetwegen. Ich hatte so viel
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