Die Anderen - Das Dämonenmal (German Edition)
macht Beschwörungen und zaubert ein wenig“, erzählte Roger, als ob er über den Beruf einer Krankenschwester reden würde. Klar, völlig alltäglich. Hexen, Zauberei und vor allem Dämonen. Finns Verstand schüttelte irritiert den Kopf.
„Bist du eigentlich schon lange hier?“, erkundigte sich Roger nach einigen Minuten des Schweigens, in denen Finns Verstand gerade noch die Liste der möglichen Fragen für eine unverfängliche Konversation durchging. „Nein, noch nicht so lange. Erst dieses Semester. Ich war vorher in Hamburg“, erzählte dieser , froh, das Schweigen zu unterbrechen. „Hat mir da aber nicht so gut gefallen. Zu groß. Zu laut und zu viele Menschen und komische Freaks.“ Zum Beispiel beißende Dämonen, nickte seine innere Stimme bestätigend . Gut, den hatte er hier ja nun auch.
Roger grinste herüber, warf seinen Pferdeschwanz elegant zurück. „Kann ich irgendwie verstehen. Das wäre auch nichts für mich, so richtig in der Stadt zu leben. Ginge auch gar nicht mit meiner Schmiede“, erklärte er lächelnd. „Da würde sich dann ständig jemand über den Lärm und den Rauch beschweren! Und über meine unmöglichen Arbeitszeiten.“ „Du hast eine richtige Schmiede?“, hakte Finn interessiert nach und musterte erneut Rogers eher schmale Gestalt. „Ja, eine richtige Schmiede. Ich beschlage darin zwar keine Pferde, ansonsten ist es aber fast so wie früher mal“, antwortete Roger freundlich und warf einen prüfenden Blick in den Seitenspiegel, ehe er die Spur wechselte. Dann schien ihm plötzlich eine Idee zu kommen, denn er wandte sich abrupt seinem Beifahrer zu.
„Willst du es vielleicht mal sehen?“, bot er sogleich erwartungsfreudig an. „Ist kein echter Umweg zu mir. Ich habe eh Zeit und ich kann dich dann auch wieder heimfahren. Und außerdem hätte ich dann jemanden zum Kartons ausladen.“ Er sah Finn erwartungsvoll lächelnd an. Sei kein Feigling, raunte dessen innere Stimme und es interessiert dich ja schließlich auch. „Wenn ... wenn du gerade Zeit hast, gerne“, brachte er einigermaßen vernünftig heraus und Roger schien sich sichtlich zu freuen. Egal ob schwul oder nicht, Roger ist in jedem Fall nett und es schadete ja auch nichts, mal jemanden kennenzulernen, ermutigte ihn seine innere Stimme. „Prima. Dann kann sich Angelika auch gleich bei dir persönlich bedanken“, freute sich Roger und erzählte weiter: „Wir sind viel zusammen in der Mittelalterszene unterwegs, weißt du. Auf Märkten, Mittelalterfesten, Burgfesten und so. Ist eine ganze Truppe von Mittelalterfans.“ Roger erzählte weiter und berichtete ausführlich von diesen Events. Finn lauschte bald schon gespannt. Faszinierend, wenn auch merkwürdig. Eine Gruppe von Menschen, die regelmäßig ihrem gewohnten Leben entflohen und in Verkleidung Mittelalter spielten. Roger erzählte allerdings mit so viel Feuer und Leidenschaft davon, dass Finn es keineswegs als lächerlich empfand.
„Wir sind gleich da“, unterbrach Roger irgendwann ihr Gespräch und lenkte den Bus auf einen schmalen, unbefestigten Weg. Der Bus schaukelte von Schlagloch zu Schlagloch auf ein zweistöckiges Fachwerkhaus mit einer Veranda und einem großen, hölzernen Anbau rechts davon zu. Der Garten und der Anbau waren komplett mit metallenen Skulpturen, Toren, Gittern, Stühlen, Pavillons und diversen anderen Merkwürdigkeiten aus Metall zugestellt und zugehängt. Es wirkte fast, als würden sie durch einen Wald aus sehr seltsamen Bäumen fahren. „Ich weiß, wirkt etwas chaotisch“, gestand Roger mit einem kritischen Seitenblick auf Finn. „Sind alles meine Skulpturen. Ich mag es so. Und hier stört es eben auch keinen.“
Er fuhr den Bus direkt vor das Haus und sie stiegen aus. Finns Blick schweifte erstaunt über die metallene Sammlung. Einige Skulpturen waren nur angedeutete Metalllinien, andere aus offensichtlichem Schrott zu neuen Formen zusammengesetzt. Sie wirkten fremd und doch vertraut. Es war eine sehr interessante Mischung. „Gefällt es dir?“, fragte Roger schmunzelnd nach, trat wieder sehr dicht neben ihn.
„Es ist ... ungewöhnlich“, antwortete Finn diplomatisch, da er sich selbst nicht wirklich schlüssig war, wie er das Ganze eigentlich fand.
„Hey, Roger! Ich komme gleich runter“, brüllte plötzlich eine schrille, weibliche Stimme über ihnen, die offensichtlich zu einem feuerroten Haarwust gehörte, der aber sogleich wieder vom Fenster verschwand, bevor Finn mehr als eben die Farbe hatte
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