Die Angebetete
Manch einer hätte daraus etwas Verdächtiges ablesen können, doch für Dance verriet dieses Verhalten lediglich seine tiefe Zuneigung. Die auf ewig unerwidert bleiben würde.
Doch es war klar, dass bei ihm die geheime Hoffnung niemals zu Taten führen würde – abgesehen von scheuen Blicken und hingebungsvoller Arbeit an Kayleighs Gitarren.
An Tye Slocums Beispiel zeigte sich der Unterschied zwischen normalem und verrücktem Verhalten.
In diesem Moment trat ein Mann in Stoffhose und gestärktem Anzughemd, aber ohne Krawatte, auf Kayleigh und Dance zu. Er war Mitte dreißig und hatte ein jungenhaftes Grinsen. Sein lockiges schwarzes Haar verlor den Kampf gegen seine schimmernde Kopfhaut.
»Kayleigh, hallo.« Das war zunächst alles, gefolgt von einem höflichen Nicken in Richtung Dance. »Ich bin Art Francesco.« Sowohl Dance als auch Kayleigh musterten ihn argwöhnisch, bis sein Backstage-Ausweis sich nach vorn drehte.
»Hallo«, sagte Kayleigh desinteressiert. Dance nahm an, dass er ein Freund von Bishop war; sie glaubte, sie hätte die beiden vorhin auf dem Parkplatz miteinander reden gesehen.
»Mir tut ja so leid, was alles geschehen ist. Ihr Dad hat mir davon erzählt. Was für eine schreckliche Zeit. Aber dieser Kerl sitzt jetzt hinter Gittern, oder?«
»Ja.«
»Gott sei Dank. Nun, ich wollte nur sagen, wie froh ich bin, dass wir zusammenarbeiten werden.«
»Aha. Und wer sind Sie noch mal?«
Er runzelte die Stirn. »Art. Art Francesco.« Eine Pause. Als Kayleigh nicht reagierte, fügte er hinzu: »Ihr Vater hat doch erwähnt, dass ich heute Abend herkommen würde, oder etwa nicht?«
»Leider nein.«
Er lachte. »Das sieht Bishop mal wieder ähnlich. Er ist ein Genie, aber manchmal vergisst er die Kleinigkeiten.«
Er reichte ihr seine Visitenkarte.
Dance hätte keine Kinesikexpertin sein müssen, um den Schreck zu erkennen, der Kayleighs Körper durchzuckte. Die Agentin warf einen Blick auf die Karte in der Hand der Sängerin. Darauf stand » JBT Global Entertainment«.
»Was soll das heißen, wir werden zusammenarbeiten?«
Francesco fuhr sich mit der Zunge über den Mundwinkel. »Tja, tut mir leid, aber …«
»Was ist hier los?«, herrschte Kayleigh ihn an.
»Nun, ich dachte, Ihr Vater … Er hat nicht erwähnt, dass Sie nichts davon wissen. Ich habe vorhin erst mit ihm …«
»Dass ich wovon nichts weiß?«
»Ach, herrje. Hören Sie, es tut mir leid. Er sagte, er würde es Ihnen heute Vormittag mitteilen, nachdem wir alles unterzeichnet hatten. Vielleicht hat er wegen dieses Verrückten nicht mehr daran gedacht.«
» Was haben Sie unterzeichnet?«
»Tja, die Verträge. Wir haben Sie unter Vertrag genommen. Er … Es tut mir leid, Kayleigh. Ach, Scheiße. Ich dachte wirklich, Sie wüssten davon.« Francesco wirkte niedergeschlagen. »Hören Sie, warum sprechen Sie nicht mal mit Ihrem Vater?«
Die Sängerin trat einen Schritt vor. Sie hatte gerade erst einen mörderischen Stalker überlebt. Von einem Anzugträger aus L. A. würde sie sich nicht so einfach abspeisen lassen. »Nein, Sie werden es mir sagen. Sofort.«
»Er hat Sie heute bei Global untergebracht. Der Vertrag mit Barry Zeigler und Ihrem bisherigen Label wird nicht verlängert.«
»Was?«
»Kann er das tun?«, fragte Dance.
Kayleigh biss wütend die Zähne zusammen. »Ja, kann er«, murmelte sie. »Das wurde damals so eingerichtet, als ich noch minderjährig war. Ich habe es nie geändert. Aber er hat auch nie etwas gemacht, mit dem ich nicht einverstanden war. Bis jetzt.«
»Oh, aber es ist ein großartiger Deal, Kayleigh«, sagte Francesco. »Und das Geld erst! Sie werden nicht glauben, wie lukrativ die Vereinbarung ist. Und Sie behalten zu hundert Prozent die künstlerische Kontrolle. Bishop und seine Anwälte haben wirklich hart verhandelt. Es ist ein Dreihundertsechziger-Deal. Wir werden all Ihre Konzerttourneen regeln, Ihre Aufnahmen, die Produktionen, CD s, Download-Plattformen, Marketing, Werbung … alles. Sie kommen ganz groß raus, und zwar international. Wir haben bereits verbindliche Zusagen von CMT und MTV , und HBO ist an einem Special interessiert. Das alles ist schon am ersten Tag passiert, nachdem Bishop unterschrieben hatte. Und sowohl Starbucks als auch Target möchten exklusive Sonderausgaben Ihrer Alben. Damit erreichen Sie ein völlig neues Level. Wir werden Sie in Amphitheatern platzieren, in Vegas, in London. Sie müssen nie wieder in kleinen … Käffern wie diesem hier auftreten.«
»Dieses
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