Die Angebetete
verzweifelt nach Atem. Dann kämpfte Edwin sich auf die Beine und hielt sein Gesicht unter den Wasserhahn der Küchenspüle, um das Brennen wegzuspülen.
Aber es kam kein Wasser.
Kayleigh hatte den ganzen Vorrat aufgebraucht.
Edwin torkelte zum Kühlschrank, riss ihn auf und tastete nach einer Flasche Wasser. Er fand eine und schüttete sie sich über das Gesicht. Die kalte Flüssigkeit linderte das Stechen Stück für Stück. Sein Sehvermögen kehrte zurück, wenn auch nur verschwommen. Er ging zur Eingangstür. Kayleigh hatte sie zugeschlagen und abgeschlossen. Edwin nahm einen Zweitschlüssel aus seiner Brieftasche, öffnete die Tür und eilte hinaus. Er wischte sich über die Augen.
Und er sah sich um. Da entdeckte er Kayleigh; sie lief die Straße zum Highway hinunter.
Der Schmerz ließ immer mehr nach. Edwin entspannte sich. Er lächelte sogar.
Die Straße war fünf Kilometer lang. Aus Schotter. Kayleigh war barfuß.
Sie konnte ihm nicht entkommen.
77
Edwin nahm die Verfolgung auf, zunächst im Laufschritt, dann im Sprint.
Das schreckliche Brennen des Reinigungsmittels hatte seine Erregung gemindert, aber nicht verfliegen lassen. Er war nur umso entschlossener, Kayleigh zu Boden zu werfen, ihr die Jeans herunterzureißen und sie auf den Bauch zu drehen.
Er würde sie zum Weinen bringen, so wie sie ihn zum Weinen gebracht hatte. Sie würde lernen, wer hier das Sagen hatte.
Edwin sah sie um eine Wegbiegung verschwinden, nur dreißig Meter vor ihm. Er holte schnell auf.
Zwanzig Meter, fünfzehn …
Sie gehörte jetzt ihm, das würde sie nie wieder vergessen.
Und dann bog auch er um die Kurve.
Er lief noch zehn Schritte weiter, fünf, drei, langsamer, langsamer. Und dann blieb Edwin stehen. Seine Schultern sackten herab. Der Salmiakgeist und die Anstrengung des Laufs ließen ihn heftig husten.
Und er lachte. Er musste einfach.
Kayleigh stand bei zwei Leuten: einem uniformierten Deputy und einer Frau, die einen Arm um die Sängerin gelegt hatte.
Edwin lachte erneut, ein tiefes, herzliches Lachen. So wie seine Mutter immer gelacht hatte, wenn sie fröhlich und nüchtern war.
An den Deputy mit dem dichten schwarzen Schnurrbart erinnerte er sich noch aus Fresno.
Und die Frau war natürlich Kathryn Dance.
Der Deputy hatte seine Pistole genau auf Edwins Brust gerichtet.
»Hinlegen«, rief er. »Hinlegen, auf den Bauch, die Hände zur Seite ausstrecken.«
Edwin überlegte. Wenn ich noch einen Schritt mache, sterbe ich.
Wenn ich mich hinlege, komme ich ins Gefängnis.
Er überlegte und überlegte.
Im Gefängnis bestünde zumindest die Möglichkeit, dass er mit Kayleigh sprechen und sie wahrscheinlich sogar sehen könnte. Sie würde ihn besuchen kommen. Vielleicht würde sie sogar für ihn singen. Sie könnten reden. Er könnte ihr begreiflich machen, wie schlecht alle anderen für sie waren. Und dass er der Richtige für sie war.
Edwin Sharp legte sich hin.
Während Kathryn Dance dem Deputy mit ihrer Waffe Deckung gab, umrundete er Edwin, legte ihm Handschellen an und zog ihn auf die Beine.
»Könnte ich bitte etwas Wasser für meine Augen bekommen? Sie brennen.«
Der Beamte holte eine Flasche und schüttete sie über Edwins Gesicht.
»Danke.«
Weitere Fahrzeuge trafen ein.
»Was ist mit den Nachrichten?«, fragte Edwin. »Ich habe im Radio gehört, Sie würden uns in Monterey vermuten. Warum sind Sie hergekommen?« Er sprach mit gesenktem Kopf, aber die Person, an die seine Worte gerichtet waren, antwortete trotzdem.
Dance steckte ihre Pistole ins Holster. »Wir haben tatsächlich Teams in Monterey, aber hauptsächlich für die Medien. Damit Sie glauben würden, Sie hätten uns zum Narren gehalten, sobald Sie das Radio einschalten oder online gehen. Für mich ergab Ihre vermeintliche Flucht zur Küste keinen Sinn. Weshalb sollten Sie Sally Docking irgendwas von einem bestimmten Ort erzählen, es sei denn, Sie hätten sich ausgerechnet, dass sie es uns letztlich verraten würde? Wissen Sie, das ist nämlich eines Ihrer Muster. Fehlinformationen zu streuen und Zeugen durch Einschüchterung zu Lügen zu verleiten. – Und woher wir wussten, dass Sie hier sind? Die Spurensicherung hat hinter Ihrem Haus Partikel gefunden, die bei der Erzgewinnung anfallen. Ich musste an Kayleighs Lied ›Near the Silver Mine‹ denken. Sie wussten, dass sie unglücklich darüber war, dass Bishop das Grundstück verkauft hatte. Aus Ihrer Sicht erschien es sinnvoll, Kayleigh herzubringen. Wir haben aktuelle
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