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Die Angebetete

Die Angebetete

Titel: Die Angebetete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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geschlossen waren und sie die Türkette eingehängt hatte. Dann nahm sie durch einen Spalt zwischen den Vorhängen ein weiteres Mal den Park in Augenschein. Der Mond war zum Vorschein gekommen, doch es war immer noch zu dunkel und diesig, um viel erkennen zu können.
    Der orangefarbene Punkt flammte auf, als der Raucher tief inhalierte. Dann fiel die Zigarette zu Boden und verschwand unter einem Schuh oder Stiefel.
    Darüber hinaus sah Dance keine weitere Bewegung. War der Beobachter nun weg, weil sie das Licht gelöscht und sich vermeintlich schlafen gelegt hatte?
    Sie wartete noch einen Moment ab, legte sich dann ins Bett und schloss die Augen.
    Und fragte sich, wieso sie überhaupt den Versuch unternahm. Sie wusste, dass der Schlaf noch lange, lange auf sich warten lassen würde.

7
    Er musste schon die ganze Zeit an Jackson Brownes »The Load Out« denken. Der Song stammte von dem 1978er Album Running on Empty und war eine Hommage an alle Roadies.
    Nun ja, gewissermaßen eine Hommage. Man bekam trotzdem den Eindruck, dass der Sänger an erster Stelle stand.
    Aber tun sie das nicht immer?
    Dennoch – niemand sonst hatte je ein Lied über Bobby Prescotts Beruf geschrieben, und er summte es oft vor sich hin.
    Nun, um kurz vor Mitternacht, parkte er beim Kongresszentrum, stieg aus dem Minivan der Band, einem Nissan Quest, und streckte sich. Hinter ihm lag eine lange Fahrt nach und von Bakersfield, wo er die eigens angefertigte Verstärkerbank abgeholt hatte. Kayleigh Towne hatte es lieber, wenn ihre Musiker Röhrenverstärker benutzten – so wie in den alten Fernseh- und Radiogeräten. Es hatte eine große Debatte darüber gegeben, was besser sei: Röhren- oder Halbleiterverstärker. Die Röhren-Puristen hatten geltend gemacht, die ältere Technik produziere im oberen Leistungsbereich einen deutlich weicheren Klang, den digitale Verstärker noch nie hätten nachahmen können. Daher überraschte es nicht, dass auch Bishop Towne dieser Meinung war, und wenn »der Alte«, wie seine eigenen Roadies ihn nannten, selbst auftrat, stand auf der Bühne ausschließlich das entsprechende Equipment: Marshall JCM 2000 TSL 602, Fender Deluxe Reverb II , Traynor Custom Valve YCV 20 WR und Vox AC 30.
    Bobby war auch Gitarrist (es gab in der Musikbranche nur wenige Roadies, Techniker oder persönliche Assistenten, die nicht im äußersten Notfall während einer Show hätten einspringen können). Seiner Ansicht nach kam der angeblich bessere Klang der Röhren nur beim Blues voll zur Geltung.
    Er schloss nun die Tür zur Bühne auf und rollte den schweren Verstärker hinein. Zudem hatte er eine Schachtel Halterungen und Sicherheitskabel mitgebracht.
    Wegen des Scheinwerferriegels, der am Vormittag heruntergefallen war.
    Mein Gott …
    Das Leben als Rockstar konnte gefährlich werden. Bobbys Vater, Robert senior, hatte in den Sechzigern und Siebzigern als Toningenieur in London gearbeitet. Es gab damals zwar eine Reihe ernsthafter Profis – die Beatles und die Stones zum Beispiel –, aber ihnen stand eine Vielzahl verrückter, selbstzerstörerischer Musiker gegenüber, die es ziemlich häufig schafften, sich mit Drogen, Alkohol, Autos und verdammt schlechtem Urteilsvermögen selbst umzubringen. Doch auch wenn man das leichtsinnige Verhalten außer Acht ließ, blieben Auftritte nicht ohne Risiken. Das größte davon war die Elektrizität – er hatte von drei Künstlern gehört, die auf der Bühne durch Stromschläge getötet worden waren, dazu zwei Sänger und ein Gitarrist, die der Blitz getroffen hatte. Ein Roadie war mal von einer hohen Bühne gestürzt und hatte sich das Genick gebrochen. Ein halbes Dutzend andere waren bei Verkehrsunfällen gestorben, oft weil sie am Steuer eingenickt waren. Wiederum andere hatte der Gerätelaster zerquetscht, weil die Bremse versagte oder der Truck einfach über die Bremskeile rollte.
    Aber ein Scheinwerfer, der sich aus der Aufhängung löste? Das war seltsam und ihm während seiner Jahre als Roadie noch nie untergekommen.
    Kayleigh in Gefahr?
    Bobby erschauderte schon bei dem bloßen Gedanken.
    Heute Abend war die riesige Halle nur von den Schatten der Notbeleuchtung erfüllt. Doch im Gegensatz zu der Beklemmung, von der Kayleigh an jenem Vormittag erzählt hatte, fühlte Bobby sich hier alles andere als unwohl. Er und Kayleigh lagen praktisch immer auf derselben Wellenlänge, nur in einem Punkt nicht: Für sie war die Musik ein Geschäft, eine Pflicht, ein Beruf. Und in Konzerthallen ging

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