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Die Angebetete

Die Angebetete

Titel: Die Angebetete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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jedoch keinerlei Reaktion. Da wusste sie, dass er sie nicht bemerkt hatte.
    Kayleigh wich einige Meter zur Seite aus und nahm ihn durch das Gebüsch erneut in Augenschein. Er trug Ohrhörer und klopfte sich im Takt der Musik auf den Oberschenkel. Vermutlich war es einer ihrer Songs. Aber welcher?
    Hin und wieder drehte Edwin den Kopf und ließ seinen Blick über das Grundstück schweifen, als bewundere er ein Kunstwerk.
    Oder … Moment mal. Irgendwas war mit seinem Gesicht. Was hatte diese Miene zu bedeuten?
    Dann begriff sie, dass es Verzückung war. Fast schon Ekstase. Und nicht im religiösen Sinn. Er schloss des Öfteren die Augen, und sein Lächeln wurde breiter. Und er schien schwer zu atmen, seine Brust hob und senkte sich.
    Es war, als würde er gerade Sex haben.
    Klopfte er sich wirklich im Takt der Musik auf den Oberschenkel? Oder, mein Gott, machte er da mit seiner Hand etwas anderes ? Sie konnte es nicht erkennen.
    Nein, das war doch völlig unmöglich!
    Aber dieser Ausdruck auf seinem Gesicht.
    Igitt, wie ekelhaft!
    Sein halb geöffneter Mund, die geschlossenen Lider unter den vorstehenden Augenbrauen … das war zu viel für sie.
    Sie wich zurück und stolperte. Aber der Baum, an dem sie sich festhalten wollte, war bloß ein kleiner Kiefernschössling und bog sich unter ihrem Gewicht.
    Edwin bemerkte etwas.
    Er hielt inne und schaute zu der Stelle, an der die entsetzte Kayleigh nun am Boden kauerte.
    Hatte er sie gesehen? Kam er jetzt etwa mit offener Hose auf sie zu?
    Voller Panik sprang Kayleigh auf und ergriff so schnell wie möglich die Flucht.
    Sie rannte zwischen den Bäumen und Sträuchern hindurch und wagte es nicht, sich umzudrehen. Dann kam der Zaun in Sicht, der ihren kostbaren Garten umgab. Sie wurde langsamer, hielt sich aber gar nicht erst mit der Pforte auf, sondern streckte die Hände aus und setzte seitlich über den Zaun hinweg, so wie früher über das Pferd im Turnunterricht. Schon damals hatte sie sich dieser Herausforderung stets gestellt, war aber oft – genau wie jetzt – bäuchlings auf dem Boden gelandet.
    Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie rappelte sich auf, stolperte ins Haus, schlug die Tür zu und fuhr herum.
    Ihr Blick fiel auf den Garten. Edwin hatte ihn ihr verdorben ! Verdorben für immer. Sie würde nie wieder einen Fuß hineinsetzen können, ohne an ihn zu denken und an das, was er gemacht hatte.
    Sie drückte das Gesicht an die Scheibe.
    Das Aufblitzen ging noch kurz weiter.
    Dann bewegte es sich in Richtung der Hauptstraße. Sie erhaschte einen kurzen Blick auf den roten Lack, als der Wagen langsam zu der Einmündung rollte, nach rechts abbog und verschwand.
    Kayleigh zuckte zusammen, weil plötzlich ihr Mobiltelefon klingelte – mit dem Klang einer Steel-Gitarre und dem Summen des Vibrationsalarms. Sie ging zögernd darauf zu. War das Edwin oder sonst jemand, der anrief, um ihr die zweite Strophe von »Your Shadow« vorzuspielen? Um einen weiteren Mord anzukündigen?
    Sie nahm das Telefon. Schaute auf das Display. Nach kurzem Überlegen nahm sie das Gespräch an.

19
    Besprechungsräume von Strafverfolgungsbehörden sehen überall auf der Welt gleich aus: Die Wände sind verschrammt und benötigen dringend einen neuen Anstrich, die Fenster sind schmutzig, das Mobiliar ist wild zusammengewürfelt, und die Ausschilderung lässt zu wünschen übrig.
    Das Fresno-Madera Consolidated Sheriff’s Office lag da ungefähr im Durchschnitt, wenngleich der säuerliche Knoblauchgeruch als individuelle Note gelten durfte, vielleicht noch vom gestrigen chinesischen Bring-Service-Essen. Dance stand am Kopfende des Raums mit der grünlichen Beleuchtung, neben ihr P. K. Madigan und Dennis Harutyun, dessen stoische Miene sich unter dem üppigen Schnurrbart zu der Andeutung eines Lächelns verzogen hatte, als er hörte, dass Dance ab jetzt zum Team gehörte.
    Ihre List, ihn zu benutzen, um sich Zutritt zum Beobachtungszimmer zu verschaffen, war ihr anscheinend verziehen worden.
    Die Detectives Crystal Stanning und Miguel Lopez waren ebenfalls anwesend. Gemeinsam mit Detective Gabriel Fuentes, der derzeit noch dienstlich unterwegs war, würden sie die Einsatzgruppe zum Mordfall Bobby Prescott beziehungsweise Stalking-Fall Kayleigh Towne bilden, verstärkt durch TJ Scanlon in Monterey (»Ich finde deine Vorstellung von einem Urlaub ziemlich bizarr, Boss«).
    Darüber hinaus hielten sich zwei Zivilisten im Raum auf. Dance hatte Kayleigh Towne vor einer halben Stunde angerufen und

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