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Die Angebetete

Die Angebetete

Titel: Die Angebetete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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höheren Einkommens- oder Gesellschaftsschichten verliebt haben. Zum Beispiel Sekretärinnen oder Verkäuferinnen, die ihre Vorgesetzten anhimmelten. Mittlerweile trifft man in dieser Kategorie ebenso viele Männer wie Frauen an. Zum Profil gehört, dass es einen unbedeutenden, völlig harmlosen Kontakt gab, der vom Stalker falsch gedeutet wird. In der Folge redet er sich ein, die andere Person sei in ihn verliebt, aber zu schüchtern oder zurückhaltend, um die Gefühle offen zu zeigen.
    Der dritte Typ ist der liebesobsessive Stalker. Das sind diejenigen, die es auf Prominente abgesehen haben, auf Leute, denen sie anfangs von fern Bewunderung entgegenbringen. Zu irgendeinem Zeitpunkt gelangen sie dann aber zu der Überzeugung, es handle sich um ihre Seelenverwandten. Ich halte Edwin für eine Mischung aus erotomanischem und liebesobsessivem Stalker. Er glaubt wirklich, dass du die Frau seines Lebens bist. Er möchte mit dir eine Beziehung eingehen und denkt, dass du das Gleiche für ihn empfindest.«
    »Dieses verfluchte › XO ‹«, murmelte Kayleigh. »Es war bloß ein Formbrief.«
    »Die verschicken wir jede Woche tausendfach«, sagte Alicia. »Das einzig Persönliche daran ist der Name des Empfängers – und der wird automatisch durch eine Software eingefügt.«
    »Nun, Sie müssen sich vor Augen führen, dass alle Stalker mehr oder weniger an Wahnvorstellungen leiden. Die Bandbreite reicht von Menschen mit gravierenden Neurosen über Borderline-Persönlichkeiten bis hin zu echten Psychotikern, ob nun schizophren oder ernstlich bipolar. Wir sollten davon ausgehen, dass Edwin ein Problem mit der Realität hat. Und er will daran auch gar nichts ändern, denn der Kontakt mit dir führt bei ihm zu emotionalen Höhenflügen – so stark wie durch eine Droge.«
    »Aber was war sein Motiv für den Mord an Bobby Prescott?«, fragte Crystal Stanning. »Vorausgesetzt, er ist der Täter.«
    »Gute Frage, Detective«, sagte Dance. »Es passt nämlich nicht ganz ins Bild. Erotomanische und liebesobsessive Stalker sind die Ungefährlichsten ihrer Art und statistisch gesehen viel weniger gewalttätig als Stalker aus dem privaten Umfeld. Aber natürlich sind auch sie zu einem Mord fähig.«
    »Es könnte auch einfach sein, dass Bobby zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen ist«, gab Madigan zu bedenken. »Falls dieser Song tatsächlich als Vorankündigung gedacht war, ging es darin zunächst mal nur um einen Konzertsaal. Vielleicht hatte es gar nichts mit Bobby zu tun. Der Täter könnte die erstbeste Person abgepasst haben.«
    »Guter Punkt, ja«, sagte Dance. »Aber wir sollten uns dennoch ein wenig intensiver mit Bobbys Leben beschäftigen und herausfinden, was er so gemacht hat. Und ob zum Beispiel etwas Illegales dabei war.«
    »Bestimmt nicht«, versicherte Kayleigh. »Er hatte früher mal ein Problem mit Drogen und Alkohol, aber die letzten Jahre war er clean.«
    Dance war von Berufs wegen skeptisch, aber sie wollte dem Mädchen nicht widersprechen. Es war wichtig für Kayleigh, das Andenken an ihren Freund zu bewahren, und sie konnten unabhängig davon untersuchen, ob Bobby sich in irgendwelche riskanten Aktivitäten verstrickt hatte. Nach der Aussage seiner Nachbarin Tabatha zu schließen, sah es jedenfalls nicht danach aus.
    »Trotzdem könnte jemand seinen Tod gewollt haben«, sagte Dance. »Und wir dürfen nicht vergessen, dass ein Eindringling – wahrscheinlich der Mörder – am Morgen nach der Tat etwas aus Bobbys Wohnwagen entwendet hat.«
    »Ich könnte mir sein Privatleben und seine Vorgeschichte vornehmen«, bot Harutyun mit seiner tiefen, ruhigen Stimme an. Man konnte seine Lippen kaum erkennen, nur der seidige Schnurrbart bewegte sich auf und ab.
    Dance schaute zu Madigan, der zustimmend nickte. »Dennis ist unser Bibliothekar. Das meine ich positiv. Er macht seine Hausaufgaben. Er wusste schon, was Google war, als ich noch dachte, das wäre der Name einer Zeichentrickfigur aus dem Vormittagsprogramm.«
    »Gut.«
    »Können Sie ihn denn nicht verhören?«, fragte Alicia, die nicht wusste, dass die erste Befragung ein Schlag ins Wasser gewesen war.
    »Eventuell. Aber ich bin mir nicht sicher, ob uns das viel bringen würde«, sagte Dance.
    In ihren Vorträgen kam sie darauf zu sprechen, wie schwierig es war, Verdächtige wie Edwin kinesisch zu analysieren.
    Leute am Rand der Psychose, beispielsweise Stalker, können Ihnen durchaus Fakten verraten, die zur Aufklärung eines Falls beitragen und letztlich

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