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Die Angebetete

Die Angebetete

Titel: Die Angebetete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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›Your Shadow‹.«
    In diesem Moment verkündete Dance’ Telefon den Eingang einer Nachricht. Sie kam von TJ Scanlon. Dance las den Begleittext und blickte auf.
    »Na, wer hat Interesse am Lebenslauf unseres Stalkers?«
    Doch eine Antwort auf diese Frage war natürlich überflüssig.

20
    Dennis Harutyun half Dance dabei, von einem Computer in der Ecke des Raums aus auf ihr E-Mail-Postfach zuzugreifen und TJ s Dokument auszudrucken.
    Sie überflog die Zeilen und wirkte enttäuscht.
    »Ich fürchte, das hilft uns nicht viel weiter.« Edwin Stanton Sharp war in Yakima geboren, einer Stadt im Osten des Staates Washington. Sein Vater war Handlungsreisender, seine Mutter Verkäuferin im Einzelhandel.
    »Ihrem Einkommen nach zu urteilen, muss sie mehrere Jobs gehabt haben. Das könnte bedeuten, dass der Junge viel Zeit allein verbracht hat. Psychologen glauben, dass Stalking aus einer Bindungsstörung heraus entsteht. Er sehnte sich nach seinen Eltern, vor allem nach der Mutter, aber sie war nicht abkömmlich. Seine Schulnoten waren sehr gut. Doch er musste die siebte Klasse wiederholen, was ungewöhnlich spät für eine solche Entscheidung ist. Da seine Zensuren immer noch annehmbar waren, deutet das auf emotionale Probleme in der Schule hin. Aber es sind keinerlei erzieherische Maßnahmen verzeichnet, abgesehen von der Ahndung einiger Raufereien auf dem Schulhof, alle ohne den Einsatz von Waffen. Er ist zudem keinen außerschulischen Aktivitäten nachgegangen, hat keine Sportart ausgeübt und keinem Verein angehört. Als er sechzehn war, haben seine Eltern sich getrennt, und er zog mit seiner Mutter an den Rand von Seattle. Er ist zwei Jahre auf die University of Washington gegangen. Auch dort hat er zunächst gute Resultate erzielt. Dann hat er das Studium aus irgendeinem Grund kurz nach Beginn seines dritten Jahres abgebrochen. Nähere Angaben fehlen. Und wieder scheint er sich für keine anderen Aktivitäten interessiert zu haben. Auch das ist typisch, denn Stalking ist sehr zeitintensiv. Er suchte sich Jobs, zu denen Stalker bisweilen tendieren: Wachmann, Teilzeitverkäufer und Probenverteiler in Supermärkten, Landschaftsgärtner, Handelsvertreter. Diese Tätigkeiten sind wie geschaffen für Leute mit voyeuristischen oder Stalking-Neigungen, denn man bekommt viele Menschen zu sehen und wird zumeist nicht beaufsichtigt. Und man selbst ist unsichtbar.«
    »Wie ein Hecht im Karpfenteich«, sagte Madigan.
    Gut ausgedrückt, dachte Dance.
    »Seine Mutter ist im Juli letzten Jahres an Krebs gestorben. Sein Vater ist von der Bildfläche verschwunden; er hat seit sechs Jahren keine Steuererklärung mehr eingereicht, und das Finanzamt kann ihn nicht finden. Edwin reist nicht ins Ausland, sagt das State Department. TJ , mein Kollege in Monterey, hat seine Online-Aktivitäten überprüft. Seine Facebook-Seite ist voller Fotos von und Informationen über Kayleigh. Er hat dort nicht viele Freunde – zumindest nicht unter seinem eigenen Benutzernamen. Er könnte jedoch zusätzliche Seiten unter fremdem Namen eingerichtet haben.«
    »Ich hab ihm jedenfalls keine Freundschaftsanfrage geschickt«, murmelte Kayleigh.
    » TJ konnte vier verschiedene Internet-Pseudonyme ausfindig machen, unter denen er auftritt. Edwin treibt sich ziemlich viel im Netz herum, aber auch nicht öfter als Millionen anderer junger Männer. Er beteiligt sich an zahlreichen Musik-Blogs und mehreren Chatrooms. Manche davon haben einen sexuellen Inhalt, sind aber insgesamt eher harmlos. Was seine bevorzugten Interessen angeht, steht an erster Stelle zwar die Musik, aber er kennt sich auch mit Filmen und Büchern aus.« Dance schüttelte den Kopf. »Ein Stalker ist normalerweise wesentlich stärker in Online-Aktivitäten verstrickt – und zudem in deutlich finsterere.«
    Sie las weiter. »Ah, hier haben wir vielleicht was. Wie es scheint, hat er letztes Jahr eine Trennung durchgemacht. TJ ist in einem von Edwins Blog-Beiträgen auf eine Person namens Sally gestoßen. Edwin hat in dem Zusammenhang ein Lied von dir erwähnt, ›You and me‹.«
    »Stimmt«, bestätigte Kayleigh. »In dem Song geht es um eine Trennung.«
    »Sein Posting war im Dezember.« Dance sah Kayleigh an. »Wenig später ging das Stalking los, nicht wahr?«
    »Ja. Im Januar.«
    »Eine traumatische Erfahrung trägt oft maßgeblich zum Beginn einer Stalking-Phase bei. Eine Entlassung, eine körperliche Verletzung, ein Todesfall in der Familie. Oder das Ende einer Liebesbeziehung.« Dance

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