Die Angebetete
wies auf TJ s E-Mail. »Edwin hat geschrieben, das Lied bedeute ihm wirklich viel. Er mache gerade eine schwere Zeit durch, hauptsächlich wegen des Kummers mit Sally. Es komme ihm so vor, als wüsstest du genau, was in ihm vorgeht. Ein paar Tage später hat er dann etwas zu deiner gerade veröffentlichten neuen Single geschrieben ›Near the Silver Mine‹. Er behauptet, auch er sei traurig gewesen, weil er ungefähr im gleichen Alter sein Zuhause verloren habe, aber seine Freundin habe gesagt, er solle sich nicht so anstellen.«
Kayleighs Lippen wurden schmal. »Er wusste von unserem Haus?« Sie schilderte, wie sehr sie das alte Haus, in dem sie aufgewachsen sei, gemocht habe, aber dann habe ihr Vater das Grundstück nördlich von Fresno an eine Minengesellschaft verkauft. »Wahrscheinlich habe ich mal in einem Interview erwähnt, dass ich wünschte, er hätte es nicht getan.«
Vermutlich dachte sie: Habe ich denn überhaupt kein Privatleben mehr?
Dance blätterte um. »Auch hier findet sich jedoch nichts Bedrohliches oder irgendwie Beunruhigendes.« Sie las weiter. »Eines dürfen wir nicht vergessen. Er ist klug. Er hat zum Beispiel geschrieben: ›Glücklich oder traurig, du sagst die Wahrheit.‹ Der Satz ist nicht allzu ergiebig, aber die meisten Leute hätten ihn umständlicher formuliert und auch das korrekte Komma nicht gesetzt. Edwins Rechtschreibung und Grammatik sind tadellos. Was mir verrät, dass er kontrolliert handelt, überaus kontrolliert.«
»Ist das schlecht?«, fragte Crystal Stanning.
»Es bedeutet, dass er, sofern er Bobbys Mörder ist, seine Spuren verwischen und das Stalking sehr sorgfältig planen wird. Und dass es unwahrscheinlich ist, dass ihm ein Fehler unterläuft.«
Madigan aß sein Eis auf und musterte den Pappbecher, als wolle er auch noch den letzten Rest herauskratzen. Dann warf er ihn weg. »Was sollten Ihrer Ansicht nach unsere nächsten Schritte sein?«
»Zunächst mal müssen wir Edwin rund um die Uhr beschatten.«
»Deputy Fuentes ist gerade dabei.«
»Wo hält Edwin sich im Moment auf?«
»Er schaut sich einen Film an. Im Rialto.«
Harutyun erklärte, es handle sich um ein altes Kino in Fresnos Tower District, einem bunt gemischten Viertel voller Galerien, Restaurants, Tätowierstudios und Läden.
Kathryn war nicht überrascht. »Stalker sehen sich oft Filme an, ob im Kino oder zu Hause. Es besteht ein starker Zusammenhang zwischen Voyeurismus und Stalking.«
»Was ist mit den Prepaid-Telefonen aus dem Drugstore in Burlingame?«
»Die lassen sich derzeit nicht aufspüren«, sagte Madigan. »Vielleicht wurden sie zerstört, oder der Täter hat die Akkus herausgenommen. Oder wer weiß? Womöglich sollen die Dinger uns bloß ablenken, und er benutzt für seine Anrufe ein ganz anderes Gerät.«
Dance wandte sich an Kayleigh. »Nun zu ein paar grundlegenden Stalker-Regeln. Du hast das vermutlich schon von Darthur Morgan und deinen Anwälten zu hören bekommen, aber denk immer daran, dass du in keiner Weise auf ihn eingehen darfst, und sei es noch so geringfügig. Sogar eine Drohung oder die Forderung, dich in Ruhe zu lassen, verschafft ihm ein Hochgefühl – für ihn ist jede Art von Kontakt positiv. Falls er sich dir nähert, sag nichts und geh einfach weg.«
»Okay. Keine Einwände.«
»Und ich will mehr über ihn wissen. Wir müssen diese Exfreundin finden. Sally.«
»Lopez, das übernehmen Sie. Machen Sie sie ausfindig. Sie soll Agent Dance anrufen.«
»Geht klar, Chief.«
»Wir sollten uns Gedanken darüber machen, wer noch als Opfer infrage kommt, meinen Sie nicht auch?«, fügte der leitende Detective hinzu. »Damit wir die Leute beschützen können. Wer wäre denn besonders gefährdet?«
»An erster Stelle dürften all jene stehen, die er als Rivalen betrachtet.« Sie sah Kayleigh an. »Waren du und Bobby mal ein Paar?«
Anscheinend war das nicht allgemein bekannt. Kayleigh wurde rot, und Alicia sah sie stirnrunzelnd an. Dance hielt sich nicht lange mit Taktgefühl auf. Sie zog eine Augenbraue hoch, um ihrer Frage stillschweigend Nachdruck zu verleihen.
»Äh, ja, vor einer Weile. Ganz zwanglos. Es war keine große Sache. Woher hast du das gewusst? Ich habe zu der Zeit keine Konzerte gegeben. Die Medien haben nichts davon mitbekommen.«
Weil ich euch beide gestern zusammen erlebt habe, dachte Dance. Wenn du geredet hast, haben deine Schultern sich leicht gesenkt, was auf Entspannung und Behagen hindeutet. Und wenn Bobby etwas gesagt hat, hat er
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