Die Angebetete
Kayleigh.
»Er hat uns gefragt, ob wir uns etwas anschauen wollten, das Mary-Gordon gefallen würde. Er sagte, es liege auf dem Weg. Wir sind zu dem Baummuseum in der Nähe des Highway 41 und der Bluffs gefahren. Er sagte, dass er weiß, wie gern du im Wald wandern gehst.«
Kayleigh schloss die Augen. »Das weiß er auch?« Ihre Hände zitterten. »Ich hatte solche Angst um euch. Warum bist du nicht ans Telefon gegangen?«
»Das Telefon war in meiner Computertasche, und die hatte er in den Kofferraum gelegt. Ich wollte sie ja erst bei mir behalten, aber er hat sie einfach genommen. Tut mir leid, K, aber er wusste alles über dich. Er hat erzählt, du hättest mal ein Lied über Bäume geschrieben, aber dann hätte Greenpeace oder irgendeine Umweltgruppe es vereinnahmt, und seitdem würdest du es bei deinen Auftritten nicht mehr singen. Das wusste ja nicht mal ich. Er kannte alle in der Band, er kannte Sheri. Ich dachte wirklich, er wäre ein guter Freund von dir.«
»Und dieser andere Mord, zur selben Zeit?«, fragte Morgan. »Der am Fluss? Das kann demnach nicht Edwin gewesen sein, oder?«
Dance dachte noch einmal über das Timing nach und kam zu dem Schluss, dass Edwin durchaus die Zeit gehabt hätte, das andere Opfer zu entführen, zu erschießen und anzuzünden und trotzdem noch rechtzeitig am Flughafen zu sein, um Suellyn und ihre Tochter abzuholen.
»O Gott. Wir haben mit jemandem im Auto gesessen, der gerade erst einen Mord verübt hatte?«, flüsterte Suellyn.
»Tja, aber jetzt seid ihr in Sicherheit«, sagte Bishop. »Das ist alles, was zählt. Und dieses Arschloch ist fällig.«
Kayleigh wischte sich schon wieder Tränen aus dem Gesicht.
»Das ist so merkwürdig«, sagte Suellyn. »Ich hatte fast den Eindruck, er wäre mehr als nur ein Freund für dich. Er hat gesagt, er mache sich Sorgen um dich, weil du so müde ausgesehen hättest. Du würdest im Augenblick sehr unter Druck stehen. Er war sich nicht mal sicher, ob das Konzert eine gute Idee sei. Seiner Meinung nach hättest du den Termin verlegen sollen.«
Kayleigh schaute wieder mal ihren Vater an, brachte das Thema aber nicht zur Sprache.
»Er hat gesagt …« Suellyn rang um die richtigen Worte. »Er hat gesagt, Kayleigh sollte öfter daran denken, was gut für sie ist. Zu viele Leute wollten ein Stück von ihrer Seele.«
Your shadow …
Bishop sah seine ältere Tochter an und fragte beiläufig: »Wie war der Flug?«
»Herrje, Dad. Also wirklich!«, erwiderte Suellyn aufgebracht.
Kayleigh sagte, sie wolle nicht, dass Mary-Gordon sich noch länger hier aufhalte. Sie befürchtete, Edwin würde zurückkehren, um sie auszuspionieren und sich womöglich dem Mädchen anzunähern. Mutter und Tochter sollten mit Bishop und Sheri zu deren Haus außerhalb der Stadt fahren. Und zwar jetzt gleich.
Dann senkte sie den Blick und bemerkte, dass sie noch immer den dämlichen ausgestopften Mammutbaum in der Hand hielt. Im ersten Moment wollte sie ihn wütend wegwerfen, doch dann besann sie sich eines anderen und stellte ihn in ein Regal.
Suellyn ging ins Arbeitszimmer, um ihre Tochter und die Spielzeuge zu holen, die Kayleigh für sie gekauft hatte.
Da klingelte Dance’ Telefon; Dennis Harutyun rief an.
»Sie haben das Opfer identifiziert?«, fragte sie.
»Stimmt.«
»Gibt es eine Verbindung zu Kayleigh?«
»Ja und nein. Sie sollten lieber herkommen und sich das selbst ansehen.«
29
Der Gestank war schlimm, aber es waren so viel Gummi, Plastik und Öl verbrannt, dass zumindest der Geruch von menschlichem Fleisch und Haar weitgehend überdeckt wurde. Und der Wind half ebenfalls.
Dennoch musste Kathryn ihre gesamte Willenskraft aufbieten, um nicht zu würgen oder sich gar zu übergeben.
Love is fire, Love is flame …
Der Schauplatz bestand aus einem breiten staubigen Feld, einem Parkplatz mit rissigem, bröckelndem Asphalt, einer seit Langem geschlossenen, in sich zusammengestürzten Tankstelle und dem niedergebrannten Schuppen, von dem nicht viel übrig geblieben war. Es stiegen immer noch dichte Rauchschwaden empor. Und die Hitze konnte man schon von der Straße aus spüren, dreißig Meter entfernt. Ganz in der Nähe schlängelte sich der graubraune Streifen eines flachen Flusslaufs durch die Landschaft, der für die Auswahl des Tatorts bestimmend gewesen sein dürfte.
Das Team der Spurensicherung befand sich immer noch bei der Arbeit, wenngleich hier mehr Feuerwehrleute als Polizisten zugegen waren. Ein Brand konnte den Einwohnern von
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