Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Angst der Woche

Die Angst der Woche

Titel: Die Angst der Woche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Krämer
Vom Netzwerk:
Krebs.«
    Peter Altenberg: Mein Lebensabend
    Â 
    Â 
    Â 
    Ja, ich habe Angst vor Krebs. Zu viele Menschen, die ich kannte, habe ich elend daran zugrunde gehen sehen. Und mit einer Wahrscheinlichkeit, die weit über der liegt, beim Würfeln eine Sechs zu werfen, sterbe ich selbst einmal daran.
    Zu Zeiten Kaiser Wilhelms traf dieses Schicksal einen von 30 Bürgern unseres Landes. Zu Zeiten von Angela Merkel trifft es jeden Vierten. Und das mit stetig steigender Tendenz. Im Jahr 2006 (das vorläufig letzte, für das während der Entstehung dieser Zeilen offizielle Zahlen vorliegen) erkrankten insgesamt 3,2 Millionen Menschen in Europa neu an Krebs, 1,7 Millionen starben daran. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO ist Krebs bald die häufigste Todesursache weltweit überhaupt.
    Â»Krebs ist Angst, auf diesen Satz kann man das Wabernde und Wuchernde, das Unheimliche und Unsichtbare dieser Krankheit reduzieren«, schreibt Georg Diez in der Süddeutschen Zeitung. »Krebs ist die Angst des Kranken, die aber auch die Umgebung erfasst. Die sich in die Beziehung zu Freunden und Familie frisst. Die sich ausbreitet, selbst wenn die Krankheit gestoppt ist. Irgendetwas bleibt immer, Krebs ist eine Angst, die einen nie mehr verlässt. Krebs ist das Warten, auf die Werte, die der Arzt einem präsentiert, auf die Wiederkehr der Krankheit, die ständig droht. Krebs befällt nicht nur den Körper, Krebs frisst sich in den Alltag und in die Zeit.«
    Kein Wunder also, dass mit Krebs so zuverlässig Panik zu erzeugen ist. Ich habe einmal bei Google das Suchwort »krebserregend« eingegeben – ich glaube fast, nach »Sex« erzeugt dieses Wort die meisten Treffer überhaupt: Ablagerungen in Kaffeebohnen, aggressive Cholesterolsenkung, Alkohol, Ameisensäure, Anilin, Aromachemikalien, Arsensäure, Asbest, Babyschnuller, Benzol, Blaugel, Blei, Buchenstaub, Cannabis, Chlor, Cobalt, Computermonitore, Deosprays, Dieselmotoremissionen, Dioxin, Duftbäume im Auto, Energiesparlampen, fernöstliche Kräutermischungen, Formaldehyd, gegrillte Mettwürstchen, Glasfasern, Handystrahlung, Holzstaub, Heizöl, HP-Viren, Kartoffelchips, keramische Mineralfasern, Klapprechner, Kohlenmonoxid, Kondome, Laserdrucker, Lebensmittelzusatzstoffe, Linkshändigkeit, Luftballons, Mineralwolle, Neurodermitissalben, Nickel, Oralsex, Ostzonen-Suppenwürfel (»Ostzonen-Suppenwürfel machen Krebs« – das war tatsächlich einmal eine Schlagzeile in der Bild) , Ozon, Passivrauchen, Parfum, PCB, Pommes frites, Quarz, Rapsölabgase, rohes Rindfleisch, Rohöl, scharf angebratenes Fleisch, Schichtarbeit, Schimmelpilze, Schminke, Sojabohnen, Speckstein, Stammzellen, Tabakrauch, Tätowierungen, Tupperware, Übergewicht, zu viel UV-Strahlen, zu wenig UV-Strahlen, Venylacetat, WLAN-Anlagen, Zigarettenzusatzstoffe, Zimtsterne und Zitronensäure – es scheint heute fast nichts mehr zu geben, was wir anfassen, tun und lassen, essen oder anziehen, was nicht im Zweifelsfall auch Krebs erzeugt.
    Und diese Liste ist nur ein kleiner Auszug. Wer will und Lust zum Gruseln hat, kann sich die »Liste der krebserzeugenden, erbgutverändernden oder fortpflanzungsgefährdenden Stoffe« des Instituts für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung einmal aus dem Netz herunterladen (http://www.dguv.de/ifa/de/fac/kmr/index.jsp).
    Â 
    Â 
    Und so geben sich die aus Krebsangst geborenen Panikreaktionen gewissermaßen die Tür in die Hand. Im Herbst 2010 musste die Firma Coca-Cola Tausende von Trinkgläsern zurückrufen, weil in deren Farbaufdrucken Rückstände von Cadmium gefunden worden waren; dieses Schwermetall ist ebenfalls als krebserregend anerkannt. Der Anteil sei zwar viel zu niedrig, um eine Gefahr für die Gesundheit darzustellen, erklärte der Konzern, aber man habe sich dennoch aus Qualitätsgründen zu der Rückrufaktion entschlossen. Schon zuvor hatte die Schnellimbisskette McDonald’s mehr als 13 Millionen Gläser mit der Zeichentrickfigur Shrek zurückgerufen, weil auch diese Cadmium enthielten. Dann meldet bild.de einen »erhöhten bis stark erhöhten« (was auch immer das heißt) Benzol- und Furangehalt in Hipp-Kartoffelpüree mit Frühkarotten & zartem Bio-Rind. Das inTierversuchen als krebserregend nachgewiesene Furan entsteht bei der Verarbeitung von Lebensmitteln unter sehr

Weitere Kostenlose Bücher