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Die Angst des wei�en Mannes

Titel: Die Angst des wei�en Mannes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Scholl-Latour
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Dort erwarb er wohl die militärische Praxis, die ihm nach dem Tod Lobatos erlaubte, den Buschkrieg erfolgreich fortzusetzen und zu intensivie ren.1992 geriet er in Gefangenschaft und durfte erst sieben Jahre später aus einer javanischen Haftanstalt nach Dili zurückkehren.
    In dieser unvollständigen Auflistung muß vor allem der schil lernde Intellektuelle Mari Alkatiri gewürdigt werden. Er war Nachfahre einer arabischen Händlerfamilie aus dem jemenitischen Hadramaut. In der fast ausschließlich christlichen Umgebung Ost-Timors gelang es dem Muslim Alkatiri, in der breiten Strömung nationalistischen Aufbegehrens Fuß zu fassen und sich als ideolo gischer Vordenker der Befreiungsfront FRETILIN zu profilieren.
    Im Schicksalsjahr 1975, am Tag des indonesischen Überfalls, war Alkatiri mit knapper Not nach Mosambik entkommen. In dieser auf Moskau ausgerichteten Volksrepublik von Maputo behauptete er sich so konsequent als unermüdlicher Inspirator der Unabhängig keitsbewegung, daß er nach 25jähriger Abwesenheit und nachdem die Indonesier das Feld hatten räumen müssen, zum Chef der ers ten wirklichen Unabhängigkeitsregierung von Dili berufen wurde. Seine Amtsenthebung, die unter dubiosen Umständen stattfand, ließ nicht lange auf sich warten. Dieser umtriebige Araber, dem Sympathien für die Volksrepublik China nachgesagt wurden, war den Australiern und den Amerikanern, die nach dem Abzug der in donesischen Armee im Jahr 1999 in Dili die wirklichen Entschei dungen trafen, zutiefst suspekt.
Das Erdöl gab den Ausschlag
    Baucau, im März 2008
    Der Fahrer Jorge ist ein älterer Herr mit grauem Kraushaar und tiefbrauner Haut. In jungen Jahren hatte er als bescheidener Justizangestellter gearbeitet, aber unter den jetzigen Umständen ist es auf Ost-Timor weit lukrativer, sich als Chauffeur bei ausländischen Hilfsorganisationen zu verdingen. Die Strecke nach Baucau, neben Dili die wichtigste Ortschaft, legen wir gemächlich in drei Stundenzurück. Ich wundere mich über den guten Zustand der gewundenen Asphaltstraße und die weit gespannten Brücken, die zu dem Plateau von Baucau in etwa dreihundert Meter Höhe führen. Die seien leider nicht von den Portugiesen hinterlassen worden, belehrt mich Jorge. Mit Stolz erzählt er mir auf Englisch, daß er zu den zehn Prozent Timoresen gehört, die sich immer noch in der Sprache des Dichters Camões ausdrücken. Auch die neue, zweite Amtssprache Tetum beherrscht er natürlich, wie die meisten seiner Landsleute, obwohl es mit der Niederschrift dieses Dialekts hapert. Die Indonesier hätten in dem Vierteljahrhundert ihrer Präsenz 1200 Kilometer Straßen gebaut, um dem Aufstand der FRETILIN besser beikommen zu können.
    Jorge räumt ein, daß die Portugiesen nur 515 Schulen hinterlas sen hatten, die Eroberer aus Java hingegen 815. Dort sei allerdings ausschließlich in Bahasa Indonesia unterrichtet worden, dem leicht zu erlernenden Nationalidiom der Republik von Jakarta. Neuer dings sei jedoch aufgrund des australischen Übergewichts und der vielfältigen UNO-Präsenz das Englische unaufhaltsam auf dem Vormarsch. So ungern die Timoresen das auch eingestehen, unter dem brutalen Militärregime des General Suharto sei der Lebens standard der Durchschnittsbevölkerung erheblich angehoben wor den. Auch das klägliche Gesundheitssystem habe sich damals ver bessert.
    Zu Recht sei auf den übrigen Inseln Beschwerde darüber geführt worden, daß die staatlichen Ausgaben in Timor-Leste pro Kopf der Bevölkerung höher gelegen haben als in allen anderen Landestei len. Was man den Okkupanten überhaupt nicht verzeihen konnte, war ihr arrogantes, autoritäres Auftreten als rassisch überlegene Malaien. Zudem hätten die Beamten aus Jakarta die Bauern und Pächter gezwungen, ihre Felder, die weitgehend brachlagen, inten siv zu bebauen, und eine solche Disziplinierung durch Arbeit ent sprach wohl nicht dem aufsässigen und trägen Stammestempera ment der meisten Ost-Timoresen.
    Das äquatoriale Meer leuchtet in strahlendem Blau, aber der Dschungel, der ungeachtet rücksichtsloser Brandrodung in diesem heiß-feuchtenKlima sofort wieder als undurchdringliches Dickicht hochschießt, wirkt düster und bedrohlich. Die Strecke, die wir befahren, galt zur Zeit der Besatzung als unentbehrlicher Verbindungsstrang nach Osten. Die indonesischen Militärkonvois bewegten sich hier mit Höchstgeschwindigkeit, weil stets mit einem Hinterhalt der Freischärler gerechnet werden mußte. Die meisten

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