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Die Angst des wei�en Mannes

Titel: Die Angst des wei�en Mannes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Scholl-Latour
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Howard mit der amerikanischen Bush-Administration de facto geschlossen hatte, hält man sich in Wellington auf Distanz. Die Rolle der USA als unverzichtbarer Si cherheitsfaktor wird zwar anerkannt, aber die sukzessiven Regie rungen Neuseelands haben sich stets schwergetan mit der nuklear orientierten Strategie Washingtons. Mit Kernwaffen bestückte Kriegsschiffe der US Navy werden in neuseeländischen Häfen nicht geduldet.
    So war es nicht verwunderlich, daß sich im Jahr 1985 der geballte Zornder Kiwis gegen Frankreich richtete. Es war kein Glanzstück, das der französische Geheimdienst im Hafen Auckland inszenierte, als er gegen das Flaggschiff von Greenpeace, die »Rainbow Warrior«, ein Sprengstoffattentat verübte. Präsident Mitterrand hatte auf dem französischen Atoll Mururoa die Zündung neuer Kernwaffen angeordnet und die internationalen Umweltschützer auf den Plan gerufen. Zwar wurde die »Rainbow Warrior« versenkt – dabei kam sogar ein portugiesischer Aktivist ums Leben –, aber zwei französische Intelligence-Offiziere, die sich als Touristenehepaar getarnt hatten, wurden verhaftet und erst nach extrem schwierigen Verhandlungen wieder freigelassen.
    *
    Bevor sie die Regierungsführung an ihren konservativen Rivalen John Key abtrat, hatte die selbstbewußte Labour-Chefin Helen Clark sich geweigert, Neuseeland in die strategische Einkreisungs politik einzureihen, die Georg W. Bush diskret, aber nachhaltig ge gen die Volksrepublik China betrieb. In Wellington hielten die Mi litärexperten nicht sonderlich viel von den alarmistischen Analysen der Rand Corporation, die bereits für das Jahr 2020 eine Bedrohung der US-Dominanz im Westpazifik durch eine angeblich gigantische Aufrüstung der chinesischen Flotte voraussagte. Bedenklicher sei die Entwicklung des ballistischen Potentials der Volksbefreiungs armee, das sich für den Transport nuklearer Sprengköpfe eignen würde. Fünf strategische Prinzipien wurden von der Rand Corpo ration erarbeitet, um der »gelben Gefahr« zu begegnen.
    Die südlichen Anrainerstaaten des Stillen Ozeans – Australien und Neuseeland – »down under« und »down down under«, wie man mit ironischem Unterton sagt – nehmen mit gemischten Gefühlen zur Kenntnis, daß bei diesem amerikanischen Kriegsspiel sogar von vorbeugenden Nuklearschlägen die Rede ist. Die strategischen »think tanks« der USA, so meint man hier, räumen der eigenen Ar mada von Flugzeugträgern offenbar noch eine Bedeutung ein, die sie seit der Seeschlacht von Midway längst eingebüßt haben dürfte.
    Sieunterstreichen jedoch zu Recht die zur Zeit kaum erprobten Gefahren des »Cyber War«, der den Chinesen im Ernstfall eventu ell erlauben würde, das überaus komplizierte und verwundbare Netzwerk der amerikanischen Verbindungs-, Überwachungs- und Kommandosysteme zu verwirren, zu lähmen, ja zu neutralisieren.
    Im Gegensatz zu dem inzwischen abgewählten Regierungschef Australiens John Howard, der sich fast bedingungslos mit George W. Bush solidarisierte und – bei aller Intensivierung des für beide Seiten ersprießlichen Handelsaustauschs mit China – die weit ver breitete Befürchtung seiner Landsleute vor dem Aufkommen einer »gelben Gefahr« teilte, erweist sich sein Nachfolger Kevin Rudd als kühler Realist.
    Die Neuseeländer, die sich daran gewöhnt hatten, die Diploma tie ihrer australischen Nachbarn mit der Mentalität rauher »Mates« aus dem »Outback« oder dem gespielten Draufgängertum eines Crocodile Dundee zu erklären, stellen befriedigt fest, daß mit dem hochgebildeten Intellektuellen Kevin Rudd ein ganz anderer Typus zum Zuge kommt. Als erste Amtshandlung nahm er die Unter zeichnung des Kyoto-Protokolls über Klimaschutz vor. Die Aus sage der Neuseeländerin Helen Clark, die überwiegend von Wei ßen bevölkerten Staaten am Südrand des Pazifiks und Asiens müßten begreifen, »daß sie in einer Region leben, in der alle unter schiedlich sind, und daß der Zwang besteht, damit vernünftig um zugehen«, könnte von Kevin Rudd stammen.
    Letzterer, der schon Gefahr lief, in den Ruf eines blauäugigen, et was naiven Tugendboldes zu geraten, der – aus bescheidensten Ver hältnissen stammend – sein Studium als Putzmann finanziert hatte, gewann zusätzliche Sympathie bei seinen Landsleuten, als dieser vorbildliche Ehemann und Vater von drei Kindern im Zustand star ker Alkoholisierung in einem zwielichtigen Strip-Lokal gesichtet wurde.
    *
    Esist mein letzter Abend familiärer

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