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Die Angst im Nacken - Spindler, E: Angst im Nacken

Die Angst im Nacken - Spindler, E: Angst im Nacken

Titel: Die Angst im Nacken - Spindler, E: Angst im Nacken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erica Spindler
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Eltern. Ich hatte alles daran gesetzt, mich von meiner Vergangenheit zu lösen und die entführte Hollywoodprinzessin hinter mir zu lassen.“
    Er seufzte tief. „Tut mir Leid, Anna. Auf diese Weise bloßgestellt zu werden, muss sehr beängstigend für Sie gewesen sein.“
    „Es war mehr als beängstigend. Es war schockierend, Dr. Walker“, erwiderte sie ungehalten. „Ich war in Panik.“ Sie fragte leicht vorwurfsvoll: „Warum haben Sie es mir nicht gleich offen gesagt?“
    „Weil ich glaubte, Sie würden sich ängstigen und irrtümlich unterstellen, Ihnen drohe Gefahr von einem meiner Patienten. Dann hätten Sie auf keinen Fall mit mir geredet.“
    „Sehr umsichtig, Ben. Danke.“
    „Bitte.“ Er nahm ihre Hände. „Ich habe nie angenommen, dass Sie in Gefahr sind, glauben Sie mir. Eine Therapie kann Besessenheiten und bizarres Verhalten von Patienten beheben, löst aber vorher manchmal Zorn, Verbitterung und sogar Wut aus. Doch die richten sich in der Regel gegen den Therapeuten. Deshalb glaubte ich, diese Geschichte gelte in erster Linie mir.“
    Sie ließ seine Hände los und schlang wieder die Arme um sich. „Warum erzählen Sie es mir jetzt? Wir hätten weitermachen können, ohne dass Sie es mir sagen.“
    „Weil ich weder ein Lügner bin noch zu den Menschen gehöre, die die Wahrheit beugen, um an ein Ziel zu gelangen.“ Nach einer Pause fügte er hinzu: „Und weil ich Sie mag.“
    Das besänftigte sie ein wenig, und sie zog den Mantel fester um sich. „Warum Sie? Es hat eine gewisse, wenn auch verdrehte Logik, dass meine Freunde so ein Päckchen bekamen. Aber wie passen Sie ins Bild?“
    „Ich weiß es nicht. Ich halte es immer noch für wahrscheinlich, dass einer meiner Patienten dahinter steckt. Ich werde Ihnen helfen herauszufinden, wer, Anna. Und warum.“ Zum zweiten Mal strich er leicht mit der Hand über ihre Wange. Seine Finger waren eiskalt. „Wir finden es gemeinsam heraus. Das verspreche ich.“

22. KAPITEL
    Samstag, 20. Januar,
    2 Uhr morgens.
    Jaye erwachte aus tiefem Schlaf. Ängstlich lag sie stocksteif da und lauschte auf das, was sie geweckt hatte. Das leise Zuschwingen der Katzenklappe, das Knarren einer Bodendiele außerhalb ihres Gefängnisses. Diese Geräusche weckten sie nicht zum ersten Mal.
    Ihr Entführer kam immer mitten in der Nacht und schob schweigend Lebensmittel, Getränke und frische Handtücher durch die Katzenklappe. Sie hatte gleich am ersten Tag gelernt, dass er Abfall und die Reste ihrer Mahlzeit mit wegnahm, wenn sie sie in der Nähe der Klappe abstellte.
    Seine stumme Gegenwart machte ihr Angst. Sie hatte ihn in den unteren Etagen rumoren, kommen und gehen gehört. Sie hatte ihn auf der anderen Seite der Tür atmen gehört, als lausche er, abwartend.
    Warten auf was? fragte sich Jaye und kauerte sich zusammen. Was wollte er von ihr? Er hatte sie nicht angerührt. Noch nicht jedenfalls. Aber er würde. Und was sollte sie dann tun?
    Die Angst erstickte sie schier. Jaye zog die Decke ans Kinn. Schon diese kleine Bewegung ließ die Hände protestierend schmerzen. Sie waren geschunden vom Kratzen und Zerren an den Brettern vor dem Fenster und bläulich verfärbt vom Schlagen gegen die Tür.
    Sie wollte nach Hause. Sie wollte Anna, ihre Pflegeeltern und ihre Freunde wiedersehen. Sie wollte in ihrem eigenen Bett aufwachen, umgeben von ihren eigenen Sachen.
    Sie wollte keine Angst mehr haben.
    Ein kleiner leiser Jammerlaut kam ihr über die Lippen, dann noch einer. Weitere unterdrückte sie. Ihr Entführer sollte sie nicht hören und nicht erfahren, wie furchtsam und verletzlich sie wirklich war.
    Aber er wusste es. Er wusste alles.
    Nein! Er kann weder in meinen Kopf noch in mein Herz sehen. Ich lasse ihn nicht.
    Jaye setzte sich auf und schluckte trocken. Sie konzentrierte sich auf das, was sie wusste. Wenn sie nicht völlig das Zeitgefühl verloren hatte, wurde sie hier seit drei Tagen festgehalten. Sie hatte festgestellt, dass ihr Gefängnis irgendein Dachkammerraum, mehrere Stockwerke über der Erde, sein musste. Gelegentlich hörte sie Fetzen von Jazzmusik oder das rhythmische Klappern von Absätzen auf dem Gehweg. Manchmal glaubte sie, einen Duft von gebratenen Seefrüchten und gekochten Shrimps wahrzunehmen.
    Diese Eindrücke führten sie zu dem Schluss, dass sie irgendwo im French Quarter war, in einem Gebäude, weitab vom emsigen Getriebe der Bourbon Street oder dem Jackson Square. Vielleicht an der Grenze zwischen Geschäfts- und Wohnbezirken des

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