Die Angune (German Edition)
niedrigeren Teil mit viel Geröll erreichte. Nach dem Geröllfeld führte der Gang wieder über kreuz- und querliegende Felsblöcke bergauf, und nach einer halben Stunde war Cornelia nass geschwitzt, wobei sie sich nicht sicher war ob es wirklich nur die körperliche Anstrengung war, oder vielleicht doch die Angst. Immer wieder studierte sie die kleine Flamme der Karbid-Grubenlampe, die nun schon mehrere Stunden brannte, und im Moment ihr einziger Faden zur Welt der Lebenden darstellte.
Wieder erfasste sie die Hoffnungslosigkeit. Sie setzte sich nieder und ließ müde und entmutigt den Kopf hängen.
Es war nur ein ganz schwacher Luftzug, aber Cornelia reagierte sofort!
Den Gestank hatte sie vorher nicht wahrgenommen!
Cornelia hob den Kopf und beschnupperte die Luft. Aber der Gestank war schon wieder verflogen. Ihr Geruchssinn meldete nichts anderes als schwülwarme Luft.
Schwül warme Luft?
Jetzt registrierte auch ihre Haut diese Schwüle. Diese wa rme, feuchte Luft war ihr vorhin nicht aufgefallen. Sie hatte in ihrem Leben nur zwei touristisch erschlossene Höhlen besucht, und jedesmal eine Jacke gegen die Kälte mitgenommen. Wieso war es in dieser Höhle tief im Berg warm und feucht?
Sollte die Höhle doch irgendwo hinführen?
Sie schulterte ihren Brotsack wieder und versuchte im Schein der Karbidlampe etwas zu erkennen.
Aber da war nichts!
Nichts als ein winzig kleiner Funke Hoffnung, der sie weitertrieb.
Schon nach ein paar Metern witterte sie ihn wieder, den Gestank in der Luft.
Und es war keine Täuschung, keine Wahnvorstellung!
Der Gestank war ganz schwach ... und unangenehm. Aber er war da! Eindeutig vorhanden!
Aber woher kam der Gestank hier im Inneren des Berges?
Der winzig kleine Funken Hoffnung, der sie weitergetri eben hatte, begann zu wachsen.
Von irgendwo aus der Ferne drang ein leises Geräusch an ihr Ohr. Und sie kannte das Geräusch! Sie kannte das G eräusch aus Fernsehsendungen! Es waren Fernsehberichte über Vulkane. Das Geräusch wurde ausgelöst von zerplatzenden Schlammblasen.
Es waren kochende Schlammlöcher!
Fieberhaft kramte Cornelia in ihren Erinnerungen. Zerplatzten diese Schlammblasen nicht weil Gas oder Wasserdampf an die Oberfläche stieg?
Der Gestank! Es roch nach faulen Eiern! Schwefeldämpfe!
Hier unten im Berg schwängerten giftige Schwefeldämpfe die Luft, und trotzdem konnte sie gut atmen. Kein Husten, keine Atemnot! Strömte von irgendwo frische Luft in die Höhle hinein?
Dann musste auch irgendwo ein Ausgang sein!
Cornelia spürte wie ihr gestresster Puls sich beruhigte. Es keimte wieder Hoffnung in ihr!
Falls diese verdammte Grubenlampe nur lange genug brannte!
Und falls sie keinen wilden Tieren begegnete!
Sie hielt inne!
Wieso dachte sie hier unten an wilde Tiere? Sie schüttelte den Kopf, um sich von dem Gedanken zu befreien, doch das Gefühl einer unsichtbaren Bedrohung blieb. Etwas in ihr sträubte sich, weiter zu gehen. Aber sie hatte keine Wahl. Gab es einen Ausgang, dann musste sie ihn finden.
Und so kletterte sie weiter über die Felsblöcke, aber dieses Gefühl verging nicht. Im Gegenteil, es wurde stärker!
Sie streckte den Arm mit der Grubenlampe aus und spähte an der weißen Gasflamme vorbei. Aber sie erkannte nichts außer Fels. Doch die wachsende Spannung ihres Körpers war spürbar und verwirrte die sonst so kühle Denkerin.
In einem prähistorischen Museum hatte sie einen nachg ebildeten Höhlenbären gesehen. Würde sie zu allem Überdruss jetzt auch noch solch einer Kreatur hier unten begegnen?
Der Dolch!
Sie hatte ja noch diesen Dolch im Rucksack! Die grüne Klinge war nicht nur schön und wertvoll, sondern auch noch scharf wie ein Skalpell.
Cornelia streifte den Rucksack ab, wühlte hastig nach dem öligen Lederpäckchen und fingerte den Dolch heraus. Cornelia wusste weder wie man mit einer Waffe umging, noch ob dieser wertvolle Gegenstand überhaupt zum Kämpfen geeignet war. Aber im Moment war es ihre einzige Möglichkeit, um sich überhaupt zur Wehr zu setzten.
Langsam und möglichst geräuschlos ließ sie sich über die nächsten Felsblöcke gleiten. Sie spürte nicht wie ihr Herz in der Brust hämmerte. Und sie bemerkte auch nicht, dass sie schwer durch den offenen Mund atmete. Ihre ganze Aufmer ksamkeit galt dem nächsten Linksknick des Höhlenganges. In der Wand waren innerhalb von zwei Metern gleich zwei schmale Durchgänge zu sehen.
Der Gang teilte sich wieder!
In ihrer Rechten hielt sie den Dolch und in ihrer
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