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Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust

Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust

Titel: Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ellis
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sorgfältig geprüft. Er hat die Akte und das Gnadengesuch studiert und sich lange mit den Argumenten all derer beschäftigt, die für Gnade plädieren. Doch gibt es weder Zweifel an der Schuld des Angeklagten noch an der Fairness seines Prozesses. Zwei unschuldige Menschen wurden ermordet, und der Gouverneur sieht keinen Grund, das vom Gericht verkündete Urteil zu hinterfragen.«
    Der Gouverneur nickte zustimmend. »Gut, das gefällt mir.«
    »Entspricht irgendwas an dem, was ich gesagt habe, nicht den Tatsachen?«, fragte mich Peshke.
    Abgesehen von dem Teil, dass sie diesen Fall sehr sorgfältig geprüft hatten? »Nein«, sagte ich.
    »Ausgezeichnet.« Der Gouverneur warf jedem von uns einen Blick zu. »Dann sollen sie kommen.«

75
    Nun, da wir über den Ausgang der Anhörung des Gnadengesuchs entschieden hatten, würden wir die eigentliche Anhörung durchführen. Vier Menschen betraten den Raum, und sie taten mir augenblicklich leid, denn ich wusste, ihr Appell war vergeblich. Hey, ich bin ebenso zynisch wie die meisten von uns. Mir ist absolut klar, dass ein Großteil der Entscheidungen eines Gouverneurs von politischem Kalkül diktiert
sind. Und ich weiß auch, dass jedes Mal, wenn ich einen Gerichtsaal betrete, um über einen Antrag oder eine Strafsache zu verhandeln, der Richter sein Urteil bereits gefällt hat, noch bevor er sich meine Argumente angehört hat.
    Aber das hier war nicht irgendeine banale Routineangelegenheit. Der Gouverneur musste darüber entscheiden, ob jemandes Leben gerettet wurde; und mal abgesehen davon, dass er meiner dreißigsekündigen Kurzzusammenfassung der Petition gelauscht hatte, wies der Gouverneur das Gnadengesuch zurück, ohne auch nur das Geringste darüber zu wissen.
    Ein Anwalt in annehmbarem Anzug und mit schlechtem Haarschnitt eröffnete den Vortrag. Klugerweise begann er mit so viel devoter Schmeichelei wie nur möglich – wie sehr er den Gouverneur bewunderte, wie dankbar er dafür war, dass der Gouverneur sich dieser Angelegenheit widmete und ihnen ein offenes Ohr schenkte.
    »Uns ist durchaus bewusst, dass wir hier etwas von Ihnen erbitten, das politische Courage verlangt«, sagte er. »Antwain Otis ist der Verbrechen schuldig, für die er verurteilt wurde. Er wollte diese Menschen nicht erschießen, dennoch hat er es getan, und er hat sich zu seiner Schuld bekannt. Wir verlangen nicht von Ihnen, dass Sie ihn freilassen, Herr Gouverneur. Wir verlangen auch keinen Straferlass. Aber wir bitten Sie darum, seine Strafe in eine lebenslängliche Haft ohne Möglichkeit auf vorzeitige Entlassung umzuwandeln. Auf die Art wird er das Gefängnis nie wieder in seinem Leben verlassen. «
    Der Anwalt spähte auf den Notizblock, der vor ihm auf dem Tisch lag. Eigentlich hätte er an diesem frühen Punkt noch keine Notizen zu Rate ziehen dürfen. Die erste Minute eines Vortrags muss immer die kraftvollste und mitreißendste
sein, Auge in Auge mit demjenigen, den man zu überzeugen versucht.
    »Gefängnis. Für viele ist es das Ende der Straße. Die letzte Station ihres Lebens. Nicht so bei Antwain Otis. Für Antwain war es der Anfang. Der Beginn eines neuen Lebens. Der Herr hat ihn im Gefängnis aufgesucht. Er öffnete ihm Türen, die ihn weit über die hohen Betonmauern und den Stacheldraht hinausführten. Der Herr offenbarte Antwain ein Leben voller Liebe, Hoffnung und Bedeutung. Sie, Herr Gouverneur, haben schon oft über Ihren Glauben gesprochen. Daher denke ich, Sie wissen, was das heißt.«
    Der Gouverneur blickte auf und nickte eifrig. Höchstwahrscheinlich ging er jeden Sonntag in die Kirche und winkte dabei fleißig in die Kameras. Aber ich hatte so meine Zweifel an seinem Glauben.
    »Mir geht es jedoch nicht darum, dass Sie Antwains Leben retten, weil er geläutert wurde. Mir geht es darum, dass er so viele andere gerettet hat. Er hat viele, viele Menschen mit seinen Predigten erreicht. Normalerweise werden über achtzig Prozent der Straftäter wieder rückfällig. Sie lernen nicht viel im Gefängnis. Wenn überhaupt, dann entwickeln sie sich eher zum Schlechten. In ihnen wächst der Hass auf eine Gesellschaft, die sie ausgestoßen hat. Sie erwerben dort wenig nützliche Fähigkeiten. Und sie verlassen das Gefängnis mit einem schweren Makel in ihrem Lebenslauf, einer Vorstrafe. Diesen Menschen eröffnen sich kaum Chancen, wenn sie wieder rauskommen, also verfallen sie in die schlechten alten Gewohnheiten. Sie werden erneut straffällig und landen wieder hinter Gittern.

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