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Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust

Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust

Titel: Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ellis
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deswegen nicht so
besorgt zu sein, wie ich es war. Sie schien einfach weiterzumachen mit ihrem Leben, Hand in Hand mit Roger.

    Essie Ramirez wartete an der Bar auf mich, hielt ein Glas Wein in der Hand und beobachtete das Yuppie-Publikum beim Essen. Ich betrachtete sie einen Augenblick lang, bevor ich mich näherte. Sie fügte sich gut hier ein – mit streng nach hinten gebundenem Haar, blauem Kostüm, dezentem Schmuck —, dennoch war das ganz offensichtlich nicht Essies Welt. Sie hatte zwei Kinder großgezogen und vermutlich ein Jahrzehnt nicht mehr außer Haus gearbeitet. Das Ganze hier hätte leicht einschüchternd auf sie wirken können; allerdings hatte ich eher den Eindruck, dass sie es aufregend fand.
    Sie berichtete mir von ihrem neuen Job als Anwaltsgehilfin in meiner alten Firma, Paul Rileys Kanzlei. Sie erzählte mir von ihren Kindern. Und ich hatte das Gefühl, dass es ihr besser ging, jetzt, wo sie über ein regelmäßiges Monatseinkommen verfügte und angesichts der Zeit, die seit Ernestos Tod verstrichen war. Gleichzeitig redeten wir nur über völlig unverfängliche Dinge. Sie erwähnte nichts davon, ob und wie sehr sie ihren Ehemann vermisste. Ebenso wenig wie ich ihr anvertraute, was bei mir so passiert war.
    Sie ließ sich vom Kellner die Rechnung bringen, nachdem wir unseren Kaffee getrunken hatten.
    »Ihnen ist sicher aufgefallen«, sagte sie, »dass ich Sie gar nicht nach dem Stand Ihrer Wahrheitssuche gefragt habe.«
    »Es ist mir aufgefallen«, lächelte ich. »Und ich werde die Wahrheit herausfinden. Ich bin dicht davor.«
    Sie nickte und musterte mich mit glänzenden, dunklen Augen. »Ich möchte, dass Sie es herausfinden. Wirklich. Auch
wenn es neulich vielleicht anders geklungen hat. Ich will nur nicht, dass Ihnen dabei etwas zustößt. Das ist alles.«
    »Verstehe.«
    »Wenn ich das fragen darf«, sagte sie. »Was haben Sie vor, wenn Sie es herausgefunden haben?«
    Ich war aufrichtig zu ihr. »Ich weiß es nicht.«
    Sie akzeptierte meine Antwort und gab sich damit zufrieden, im Unklaren gelassen zu werden. Sie ging wohl zu Recht davon aus, dass ich – hätte ich die Absicht gehabt, ihr etwas anzuvertrauen –, es bereits von mir aus getan hätte.
    »Eine weitere Frage, wenn Sie erlauben«, sagte sie.
    »Nur zu.«
    »Warum haben Sie mir nie erzählt, dass Sie kürzlich Ihre Frau und Ihre Tochter verloren haben?«
    Richtig. Ich hatte es Essie gegenüber nie erwähnt. Und ich hatte ganz vergessen, dass sie inzwischen in meiner ehemaligen Kanzlei arbeitete, wo man ihr vermutlich bereits bei der ersten Erwähnung meines Namens diese Geschichte aufgetischt hatte.
    »Jedenfalls tut es mir sehr leid«, sagte sie. »Sie haben sicher schrecklich gelitten. Ich hatte ja keine Ahnung. Als Sie damals am ersten Weihnachtsfeiertag vor meiner Haustür standen …«
    »Kein Problem, Essie.«
    »Passierte das … etwa um die gleiche Zeit, als ich Ernesto verlor?«
    »Am gleichen Tag sogar«, erwiderte ich. »Ich habe meine Frau und meine Tochter nicht zum Haus meiner Schwiegereltern gefahren, weil ich auf einen Anruf von Ernesto gewartet habe. Nur deshalb fuhren sie ohne mich.«
    »Oh.« Ich verabscheute Mitgefühl, und Essie floss förmlich
über davon. »Für Sie stehen also diese beiden Ereignisse in Zusammenhang, richtig?«
    Ich schwieg.
    »Sie geben sich selbst die Schuld an …«
    »Warum wechseln wir nicht einfach das Thema, Essie«, sagte ich und ließ die Hände flach auf den Tisch fallen, um meinem Vorschlag Nachdruck zu verleihen.
    Sie legte sich eine Hand aufs Herz. »Ich bin berüchtigt für meine direkte Art.«
    Ich atmete tief aus. »Das ist okay. Das ist sogar etwas, das ich sehr an Ihnen mag.«
    »Oh, Jason. Sie dürfen sich das nicht antun.«
    Ich antwortete nicht. Ein Augenblick angespannten Schweigens verstrich. Essie zählte Geldscheine ab und legte sie auf die Rechnung. Sie konnte nicht viel Geld zu ihrer Verfügung haben, aber ich hätte sie beleidigt, wenn ich die Rechnung beglichen hätte. Sie wollte es so.
    »Danke für das Dinner«, sagte ich. »Aber Sie waren mir nichts schuldig.«
    Ihre Augen funkelten mich an. Eine Haarsträhne war aus ihrer Spange gerutscht und bildete eine Locke auf ihrer Wange. Offensichtlich kämpfte sie mit sich, ob sie etwas sagen sollte. Sie suchte in meinem Gesicht nach einer Reaktion, einem Zeichen. Ein mächtiges Gefühl stieg in mir auf, eine Verbindung zu Essie. Vielleicht war es einfach nur das Erlebnis einer ähnlichen Tragödie, so wie bei

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