Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust
lassen, dass wir belastende Äußerungen auf Band brauchten.
»Viel Glück«, sagte Tucker und warf mir einen weiteren F-Bird zu.
Ich warf ihn zurück. »Erst gehe ich zum Dinner«, erinnerte ich ihn. »Da dürfen Sie leider nicht Zeuge sein.«
Damit war Lees Abend gelaufen. Er würde bis nach dem Dinner hier warten müssen, um mir den FeeBee auszuhändigen.
Ich fuhr die wenigen Stockwerke mit dem Aufzug nach unten. Dabei dachte ich an die schwindende Zahl von Tagen, die mir noch blieben, um drei Morde aufzuklären. Scheitern war für mich nie eine Option gewesen. Ich war immer davon ausgegangen, dass ich nur auf den richtigen Moment zu lauern brauchte, um dann zuzuschlagen. Doch inzwischen fragte ich mich, ob mir die Zeit nicht davonlaufen würde.
Außerdem wurde mir während der kurzen Fahrt klar, dass ich mich darauf freute, heute Abend Essie Ramirez zum Dinner zu treffen.
Und als sich die Aufzugtür öffnete, wer trat da aus dem Nachbarlift — ausgerechnet Shauna Tasker. Sie war doppelt überrascht: Erstens, weil wir uns eine ganze Weile kaum gesehen hatten; und zweitens, weil sie ganz offensichtlich aus unserem Büro kam und ich nicht. Erst hob sie in gespielter Überraschung die Augenbrauen, und dann runzelte sie verwirrt die Stirn.
»Hey«, sagte ich. Und dann: »Hab mich gerade mit einem neuen Klienten getroffen.«
»Oh? Wer?«
Da fiel mir ein, dass ich irgendjemanden aus diesem Gebäude nennen musste – nicht unbedingt aus dem vierten Stock, wo ich gerade herkam, aber von irgendwo sonst. Leider hatte ich keinen Schimmer, wer sonst noch in diesem Gebäude arbeitete. Wenn es darauf ankommt, bin ich um keine Lüge verlegen, aber ich hatte keine Lust, so etwas mit Shauna abzuziehen.
Also schwieg ich nur, verzog das Gesicht und winkte ab, in der Hoffnung, sie würde nicht weiter nachhaken. Normalerweise durchschaut sie mich sofort und bohrt nach, doch diesmal tat sie es mit einem Achselzucken ab. »Wir haben dich gestern Abend im Fernsehen gesehen«, sagte sie. »Gouverneur Snow hat bei irgendeiner Spendengala gesprochen.«
»Ach ja. Richtig.«
»Machst du jetzt auch in Politik?«
»Nein, nicht wirklich. Fand es nur spannend, mir so was mal anzuschauen. Was treibst du heute Abend so?«
Dabei fiel mir ein, was ich heute Abend so trieb – Dinner mit Essie Ramirez –, aber aus irgendeinem Grund wollte ich ihr nichts davon erzählen.
»Ich gehe mit Roger zum Dinner«, sagte sie. » Willst du mitkommen? «
»Danke, heute nicht. Aber ich möchte ihn unbedingt demnächst mal kennenlernen.«
Meine Bemerkung irritierte sie sichtlich, vermutlich weil mein üblicher sarkastischer Seitenhieb gegen ihren neuen Verehrer fehlte. Unser Kontakt wurde immer formeller, und das fühlte sich ausgesprochen seltsam an.
»Hübscher Mantel«, bemerkte ich. Sie trug einen weißen Wintermantel, den ich noch nie an ihr gesehen hatte.
»Roger«, sagte sie.
»Ah, verstehe«, erwiderte ich neckend. »Und was war der Anlass für ein so extravagantes Geschenk?«
»Ach …« Sie zögerte mit der Antwort. Einen Moment lang dachte ich, sie würde mir gleich verkünden, dass sie sich verlobt hatte oder etwas dergleichen. Aber dann fiel es mir siedendheiß ein. »Oh, Shauna …«
»Kein Problem.«
Ihr Geburtstag. Vor zwei Tagen. Ich hatte Shaunas Geburtstag vergessen. Ich fühlte mich wie ein kompletter Trottel.
»Du warst beschäftigt«, sagte sie. »Und unterwegs. Wir mussten schon die Spinnweben in deinem Büro beseitigen.«
Ich legte ihr die Hand auf die Schulter. »Himmel, Shauna, ich bin so ein Arschloch.«
»Das will ich nicht bestreiten. Aber ich vergebe dir.«
»Ich mach das wieder gut.«
»Dafür werde ich schon sorgen.« Sie zwinkerte mir zu, und wir traten zusammen durch die Tür in die kühle Abendluft hinaus. Sie blieb stehen und musterte mich. »Geht’s dir gut?«, fragte sie.
»Ausgezeichnet.«
Ich spürte kurz ihren prüfenden, alles durchdringenden Blick auf mir ruhen. Doch sie ließ es nicht darauf ankommen. Rasch küsste sie mich auf die Wangen, und weg war sie.
Plötzlich fühlte ich mich leer und ausgebrannt. Zur Hölle, dachte ich; aber es war notwendig. Ich musste sie so weit von dieser Geschichte weghalten wie nur möglich. Und es ließ sich bestimmt wieder einrenken, zumindest theoretisch; ich würde es wiedergutmachen, sobald diese verdeckten Ermittlungen vorüber waren. Das Problem war nur, inzwischen besetzte dieser Roger die entstandene Lücke.
Das andere Problem war, Shauna schien
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