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Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust

Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust

Titel: Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ellis
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kann, oder die Arbeit kann mir gestohlen bleiben. Shauna ist außerdem aktiv in drei verschiedenen Anwaltsvereinigungen, wo sie »netzwerken«, also mit anderen Anwälten Kontakte knüpfen kann; etwas, das ich fast so sehr verabscheue wie grausame, nach der Weltherrschaft strebende Diktatoren oder die Dixie Chicks.
    Lange Rede kurzer Sinn: Ich mag keine Klienten. Ich mag
kein Vertragsrecht. Ich mag keine schäbigen, kleinen Kriminalprozesse. Und ich mag nicht mit anderen Anwälten reden. Mein Ziel ist es, jene raren Mandanten für mich zu gewinnen, die wegen Kapitalverbrechen belangt werden, aber keinerlei verbalen Austausch mit mir fordern.
    »Zweimal in einer Woche«, kommentierte Shauna mein Eintreffen. »Wow.«
    »Ich will eine persönliche Bestmarke aufstellen«, erklärte ich.
    »Das ist der richtige Geist. Aber übertreib es bloß nicht.«
    Warum mussten diese Frauen immer sticheln. Ich war schon halb auf dem Weg in mein Büro, als ich kehrtmachte und erneut den Kopf durch ihre Tür schob, um zu sehen, was heute anders war an Shauna. Es war die Brille mit dem schwarzen Horngestell, die sie anstelle ihrer üblichen Kontaktlinsen trug, außerdem war ihr blondes Haar streng nach hinten gebunden. »Ah, der scharfe Bibliothekarinnenlook«, konstatierte ich.
    Shauna strafte mich einen Moment lang mit Missachtung, dann funkelte sie mich über ihre Brille hinweg an. »Charmant. Und so erwachsen.« Shauna war hübsch anzusehen, wie man so sagt, aber mehr in der Summe als aufgrund besonderer Details – sie war gut gekleidet, fit, intelligent –, aber wie die meisten berufstätigen Frauen wollte sie von den primitiven Männern in diesem Geschäft nicht einfach als ein Stück Fleisch betrachtet werden. Sie hatte sogar ihre letzte Stelle in einer Anwaltskanzlei gekündigt, weil der Seniorpartner dort gewisse Vorstellungen von einem Arbeitsverhältnis hatte, die nicht unbedingt im Einklang mit den Paragraphen gegen die Diskriminierung von Frauen standen. Shauna und ich hatten damals am College ein Techtelmechtel gehabt, aber schnell
festgestellt, dass animalischer Sex und charakterliche Kompatibilität zwei grundverschiedene Dinge sind; trotzdem waren wir Freunde geblieben. Allerdings hatten wir auch gar keine andere Wahl gehabt, da ein ganzer Schwung von uns in einem Haus außerhalb des Campus wohnte, wir uns die Zimmer teilten und mir Shauna als Zimmergenossin zugelost worden war. Das war, nachdem ich aus dem Footballteam geflogen war, weil ich dem Kapitän eine verpasst hatte; und ich konnte noch von Glück sagen, dass ich nicht gleich ganz vom College geflogen war. Hätte der Teamkapitän Anzeige erstattet, hätte es übel für mich ausgesehen. Aber vermutlich war es ihm einfach peinlich, dass er als ausgewachsener Offensive Lineman von jemandem umgehauen worden war, der fünfundvierzig Kilo leichter und einen halben Kopf kleiner war.
    Einem untrainierten Auge musste mein Büro verwaist erscheinen. Ich besaß eine Couch, die mein Bruder in eine Ecke gequetscht hatte, ein Regal mit ein paar juristischen Fachbüchern und einen Schreibtisch mit nichts darauf als einem Computer. Ich kam nicht gerne hierher, denn es erinnerte mich daran, dass schon sehr bald die finanziellen Reserven aus meiner Zeit in der noblen Anwaltskanzlei aufgebraucht sein würden und ich meinen Arsch in Bewegung setzen und eine neue Karriere starten musste. Es war nur schwer vorstellbar, dass mir das in diesen Räumlichkeiten gelang, aber im Moment hatte ich keine bessere Idee. Noch Monate nachdem es mir den Boden unter den Füßen weggerissen hatte, bekam ich wöchentlich Anrufe von Paul Riley oder jemand anders aus der Firma, der mich fragte, wann ich für die Rückkehr bereit sei. Aber ich konnte nicht dorthin zurück. Und im Moment war ich auch nicht dazu in der Lage, irgendein anderes Angebot anzunehmen. So überraschend es angesichts meiner rundum
heiteren und sorglosen Stimmung vielleicht auch klingen mochte, aber ich hatte keine Lust, von irgendwem Anweisungen entgegenzunehmen und nett zu Leuten zu sein.
    Um es zusammenzufassen: Ich wollte für niemand anders arbeiten und auch nicht für mich selbst.
    Gegen zehn Uhr summte die Gegensprechanlage. »Hier ist jemand, der dich sprechen möchte«, sagte Marie.
    Ich hatte niemanden erwartet. »Magst du mir vielleicht einen Hinweis geben?«, bat ich. »Oder sollen wir lustiges Personenraten spielen.«
    »Nein, ich sag’s dir gerne auch gleich, sofern es dir gerade genehm ist.«
    Immer diese

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