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Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust

Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust

Titel: Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ellis
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denke, er meldet sich bald.«
    »Du denkst, er meldet sich bald.«
    »Vielleicht ist ›hoffen‹ das bessere Wort. Was, wenn …«
    »Jason.«
    »… wenn wir bis morgen Vormittag warten …«
    »Jason.«
    Ich hielt inne. In der Stimme meiner Frau lag eine eisige Ruhe.
    »Emily und ich fahren jetzt. Du denkst, du musst hier warten, aber ich habe keine Lust mehr dazu. Ich ruf dich an, sobald ich bei meiner Mutter bin.«
    Ich stieß einen langen besorgten Seufzer aus. »Talia, Baby, ich schwör dir, es wird nicht immer so sein. Ich verspreche es dir.«
    Es folgte ein langes Schweigen. Es hörte sich an, als würde sie weinen. Ich wollte die Stille mit mehr Versprechungen übertönen, war mir aber nicht sicher, ob es helfen würde. Ein niemals gegebenes Versprechen war besser als ein gebrochenes Versprechen; und ich hatte schon viele gebrochen seit Beginn dieses Prozesses.
    »Sag Em auf Wiedersehen.« Talias Stimme klang erstickt; sie brachte kaum die Worte heraus, die Gefühle schnürten ihr die Kehle zu. Ich hörte, wie sie sich vom Telefon abwandte. »Daddy will dir Tschüss sagen, Liebling.«
    »Tschüss, mein Schätzchen«, rief ich ins Telefon. »Hab viel Spaß mit Oma und Opa, Em. Ich liebe dich, meine Süße.«
    »Okay.« Talia war wieder dran. »Mach’s gut.«

    »Ich liebe dich«, sagte ich, aber die Leitung war bereits tot.
    Und das war das Letzte, was ich von meiner Frau hörte. Die nächsten vier Stunden rannte ich in meinem Büro auf und ab, verfluchte Ernesto Ramirez für die Verspätung, legte Talia und Emily Jane im Stillen Schwüre ab, suchte online mögliche Urlaubsziele für die Zeit nach dem Prozess aus. Nach diesem Fall würde alles besser werden. Ich würde es wiedergutmachen. Es würde nicht immer so sein. Dieser Prozess war die Ausnahme und nicht die Regel.
    Als vier Stunden nach unserem Gespräch das Telefon läutete, dachte ich, es wäre Talia, die sicher bei ihren Eltern angekommen war. Oder Ramirez, der sich schließlich doch noch zu einem Treffen mit mir entschlossen hatte. Während des kurzen Klingelns fiel mir weder auf, dass Talia normalerweise immer meine Durchwahl wählte oder auf dem Handy anrief und nicht auf dem allgemeinen Büroanschluss, der jetzt läutete, noch wurde mir klar, dass Ramirez höchstwahrscheinlich die Handynummer gewählt hätte, die ich ihm gegeben hatte.
    Mr. Kolarich, hier spricht Lieutenant Ryan von den State Troopers. Ich befürchte, ich habe schlechte Nachrichten, Sir.
    An die nächsten beiden Stunden kann ich mich kaum mehr erinnern. Ich weiß nur noch, dass ich dem State Trooper verwirrte, unlogische Argumente entgegenhielt – sie könne ja gar nicht tot sein, ich hätte doch noch vor ein paar Stunden mit ihr gesprochen; und ob er sich wirklich sicher wäre, dass es meine Frau und mein Kind wären, in dem Geländewagen mit unserem Kennzeichen und auf der Strecke zum Haus ihrer Eltern? Ich habe keinerlei Erinnerungen mehr an die Fahrt, weiß nur noch, wie ich irgendwann den Rückstau auf der Landstraße erreichte, den Wagen parkte und mehr als einen Kilometer zum Unfallort rannte, der mit Blinklichtern, Plastikband
und Streifenwagen abgeriegelt war. Es bedurfte keiner großen Erklärungen, um zu erkennen, was passiert war; ohne Zweifel hatten es auch die anderen Fahrer, die geduldig in der Schlange hinter uns ausharrten, bereits erraten. Die unübersichtliche Haarnadelkurve, der unaufhörliche Regen, der für eine gefährliche Kombination aus schlechter Sicht und glitschiger Straßenoberfläche sorgte: Ein Auto musste über die Böschung gestürzt sein.
    Wahrscheinlich sind sie beim Aufprall gestorben, erklärte mir ein weiterer State Trooper, während wir in der Kurve, in der Talia von der Straßen abgekommen war, standen, neben der Leitplanke, aus der ein großes Stück herausgerissen war, über der Schlucht, aus der sie Talias Geländewagen gefischt hatten. Ich erinnere mich, immer und immer wieder diese Worte wiederholt zu haben, sie sind beim Aufprall gestorben, ohne ihnen Glauben zu schenken und in dem Versuch, das Bild Emilys zu verdrängen, die in ihrem Kindersitz gefangen war, unter Wasser, nach Luft ringend. Nein, sie sind beim Aufprall gestorben. Schmerzlos. Ohne Schmerzen.
    Ich erinnere mich an den Regen, der mir erbarmungslos auf Schultern und Haare klatschte. Ich kann mich nicht daran erinnern, meinen Bruder Pete angerufen zu haben; aber ich weiß, dass er irgendwann da war, mich sanft beiseitezog, habe noch den feuchten, dumpfen Geruch

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